Von unserem Korrespondenten Eric Bonse
Die EU hat ihre lang angekündigte schwarze Liste veröffentlicht. Doch sie fällt kürzer aus als erwartet. Luxemburg und andere Mitgliedsländer werden nicht an den Pranger gestellt, Sanktionen gibt es vorerst auch keine.
Ende November waren es noch 29, jetzt sind nur 17 übrig geblieben: Die Schwarze Liste der Steueroasen, an der die Europäische Union seit Monaten arbeitet, ist auf den letzten Metern noch einmal deutlich geschrumpft. EU-Länder mit Niedrigsteuersätzen wie Malta, Irland oder Luxemburg fehlen ebenso wie die britischen Kanalinseln.
„Wir sind, was Steuertransparenz und die neuen Regeln der OECD anbelangt, ganz im Boot der EU“, freute sich Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna. Auch der estnische EU-Ratsvorsitz sprach von einem Erfolg.
Schließlich habe man es geschafft, von zunächst 92 „schwarzen Schafen“ 75 zur Zusammenarbeit mit den Steuerbehörden in der EU zu bewegen. Auf der neuen, geschrumpften Liste stehen unter anderem Südkorea, Tunesien, Panama und die chinesische Sonderwirtschaftszone Macau.
Bislang keine Sanktionen geplant
Weitere 47 Länder sind nach Angaben des französischen Finanzministers Bruno Le Maire in einer „grauen Liste“ enthalten. Sie umfasst all jene Staaten und Steuerverwaltungen, die zwar Besserung gelobt, Reformen aber noch nicht umgesetzt haben. Weder für die graue noch für die schwarze Liste sind derzeit Sanktionen geplant.
„Das ist der Beginn eines Weges und wenn sich herausstellen sollte, dass Sanktionen nötig sind, dann werden wir ergebnisoffen auch darüber sprechen“, sagte der geschäftsführende Bundesfinanzminister Peter Altmaier (CDU). Der EU-Kommission geht dies aber nicht weit genug. „Ich appelliere an die EU-Staaten, sich nun zügig auf abschreckende Sanktionen zu einigen“, meinte Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici.
Auf die Tagesordnung dürften Sanktionen aber frühestens in einem Jahr rücken – dann läuft die Schonfrist für die nun gelisteten Länder aus. Entwicklungsländer haben sogar noch zwei Jahre Zeit. Die Mühlen der EU mahlen langsam – dabei hatten die Finanzminister nach den brisanten Enthüllungen der „Panama Papers“ und der „Paradise Files“ gelobt, schnell und gründlich aufzuräumen.
Doch das ist ihnen nach Meinung vieler Kritiker nicht gelungen. Da die Schwarze Liste EU-Steueroasen außen vor lässt, sei sie nicht glaubwürdig, sagte der CSU-Finanzexperte Markus Ferber. „Was im Vereinigten Königreich und den zugehörigen Überseegebieten vor sich geht, fällt für mich definitiv in die Kategorie Steueroase.“
Kritik an der Glaubwürdigkeit
Scharfe Kritik kommt auch vom früheren Europaabgeordneten Fabio de Masi, der für die Linke im Deutschen Bundestag sitzt. „Besser keine schwarze Liste der Steueroasen als diese. Das ist ein diplomatisches Desaster und entzieht der EU weitere Glaubwürdigkeit“, kommentierte der Finanzexperte. Die Kriterien seien so „geschliffen“ worden, dass sowohl die USA, die den weltweiten Informationsaustausch blockieren, als auch die britischen Überseegebiete nichts mehr zu befürchten hatten.
Die Kritiker verweisen auf Oxfam. Der internationale Verbund von Hilfs- und Entwicklungsorganisationen hat eine Studie vorgelegt, derzufolge die EU mindestens 35 Länder auf die Schwarze Liste setzen müsste, darunter vier europäische Mitgliedstaaten. Die Auswahl der „schwarzen Schafe“ sei nicht nachvollziehbar, da sie hinter verschlossenen Türen erfolgt sei, klagt Oxfam.
Zurückgerudert sind die EU-Finanzminister auch bei der Besteuerung von Internet-Konzernen wie Apple & Co. Im Herbst hatten sie auf deutsch-französische Initiative hin noch über Sondersteuern beraten, die die EU zur Not im Alleingang einführen könnte. Nun ist nur noch von einem abgestimmten Vorgehen auf internationaler Ebene die Rede.
Gegen einen Alleingang hatten sich Niedrigsteuer-Länder wie Luxemburg oder Irland ausgesprochen. Ihnen ist es nun offenbar gelungen, die Internet-Steuer auf die lange Bank zu schieben – und die Konzerne zu schonen.
Zum Autor
Eric Bonse berichtet seit 2004 als EU-Korrespondent aus Brüssel. Zuvor war er als Reporter und Redakteur für den Tagesspiegel und das Handelsblatt in Paris.
Die schwarze Liste
- Amerikanisch-Samoa
- Bahrain, Barbados
- Grenada
- Guam
- Südkorea
- Macao
- Marshall-Inseln
- Mongolei
- Namibia
- Palau
- Panama
- Saint Lucia
- Samoa
- Trinidad und Tobago
- Tunesien
- Vereinigte Arabische Emirate
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