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Asselborn: «Myanmar keine Demokratie»

Asselborn: «Myanmar keine Demokratie»

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Von Dhiraj Sabharwal

Im Westen galt sie als Ersatzheilige in einem freien Myanmar, ihr Schweigen zur ethnischen Säuberung an den Rohingya entsetzt aber viele: Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Jean Asselborn hat sie am Dienstag getroffen und übt Kritik.

Außenminister Jean Asselborn hat Aung San Suu Kyi bereits getroffen, als sie noch unter Hausarrest stand. Sie wurde damals zur Gallionsfigur der Freiheitsbewegung in ihrem Land. Mittlerweile ist die Regierungschefin jedoch in einer viel komplizierteren Situation.

Dies zeigen die Gespräche von Asselborn und der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini mit Aung San Suu Kyi, die am Dienstag am Rande des Asien-Europa-Außenministertreffens in Naypyidaw stattgefunden haben. Asselborn spart nicht mit Kritik an der ehemaligen Hoffnungsträgerin. Ein Interview.

Tageblatt: Wie ist Ihr aktueller Eindruck von Myanmar?

Jean Asselborn: Ich hatte ein bilaterales Treffen mit Aung San Suu Kyi. Myanmar ist keine Demokratie. Das gibt sie auch zu. Die Armee verfügt per Gesetz über 25 Prozent aller Sitze in beiden Parlamentskammern und besitzt eine Sperrminorität bei Verfassungsänderungen. Sie kann also ihr Veto bei Verfassungsänderungen einlegen. In der Praxis hat die Armee auch ein Veto bei normalen Gesetzen.

Myanmar ist eine Scheindemokratie.

Ja, die militärische Macht wird nicht von der zivilen Macht kontrolliert. Die Militärmacht kontrolliert sich selbst. Myanmar war rund 50 Jahre lang bis 2014 eine der schlimmsten Militärdiktaturen der Welt. Ich war der einzige Minister, der am Asien-Europa-Außenministertreffen in Naypyidaw teilgenommen hat, der Aung San Suu Kyi getroffen hat, als sie noch nicht frei war und in Rangun unter Hausarrest stand.

Welche Beziehungen pflegt Luxemburg zu Myanmar?

Luxemburg hat die diplomatischen Beziehungen mit Myanmar 2012 aufgebaut. Momentan haben wir zwei große Projekte am Laufen. Das eine dreht sich um die professionelle Ausbildung in der Hotellerie, also um Tourismus. Hier fließen 5,5 Millionen Euro aus Luxemburg nach Myanmar. Das zweite Projekt befasst sich mit der ländlichen Entwicklung in Shan, das im Osten des Landes liegt. Es wurde von Entwicklungsminister Romain Schneider angekündigt. Wir haben zudem bislang insgesamt 1,31 Millionen Euro für die humanitäre Hilfe in Bangladesch ausgegeben.

Bangladesch hat 620.000 Rohingya aus Myanmar aufgenommen.

Ja, man darf nicht vergessen, dass die Rohingya eine Minderheit in Myanmar sind. Rund 600.000 Rohingya sind mittlerweile aus Myanmar nach Bangladesch geflüchtet. Sie hatten Angst um ihr Leben. Ist das eine kulturelle Frage? Hat das mit dem Militär zu tun? Das ist sehr schwer, herauszufinden. Ich habe allerdings bereits bei meiner letzten Visite festgestellt, dass es den Namen Rohingya in Myanmar gar nicht gibt. Aung San Suu Kyi spricht auch von einer «Minderheit innerhalb der muslimischen Minderheit».

Hat sich politisch etwas beim ASEM-Treffen in bewegt?

Aung San Suu Kyi und der Außenminister Bangladeschs haben versprochen, dass in den kommenden Tagen eine Absichtserklärung aufgebaut wird, um die Rückführung der Rohingya zwischen Bangladesch und Myanmar zu gewährleisten. Es war wichtig, dass dies in Anwesenheit der Außenminister in Naypyidaw geschah.

Was fordert die EU von Myanmar?

Wir fordern als Europäische Union von Myanmar quasi das Gleiche wie die Vereinten Nationen. Die Gewalt muss im Bundesstaat Rakhine beendet werden. Der humanitäre Zugang für die UNO, das Rote Kreuz, Nichtregierungsorganisationen und den Bundesstaat Rakhine müssen ermöglicht werden.

Aung San Suu Kyi schockiert viele mit ihrem Schweigen zur ethnischen Säuberung an den Rohingya. Was hat Sie Ihnen gesagt?

Aung San Suu Kyi sagt, dass es keine Gewalt in Rakhine gebe, die gegen die Minderheit der Rohingya gerichtet sei. Das behauptet sie zumindest. Ich habe ihr gesagt, dass wir von der UNO Berichte erhalten haben, dass Kinder ins Feuer geworfen wurden.

Wie erklären Sie sich ihr Verhalten?

Es ist natürlich darauf zurückzuführen, dass das Militär nicht von der zivilen Macht kontrolliert wird. «Do läit d’Kromm an der Heck.» Aung San Suu Kyi kann die Gewalttaten, die verübt werden, nicht zugeben oder sie von anderen zugeben lassen.

Das Leid der Rohingya-Flüchtlinge ist groß. Wie müsste ihre Rückkehr ablaufen?

Die Rückkehr der Flüchtlinge nach Myanmar muss freiwillig, sicher, würdevoll und dauerhaft sein. Das soll auch in die Absichtserklärung einfließen. Die Rohingya leben zudem in Bangladesch unter sehr schwierigen Bedingungen.

 


Der Konflikt im Überblick

Myanmar betrachtet die Rohingya als illegale Einwanderer. Es verweigert der Mehrheit die Staatsbürgerschaft. Dies obwohl die Familien vieler Rohingyas schon seit dem 19. Jahrhundert in Myanmar leben. Die Behörden bezeichnen sie als «Bengalis». Die Militäraktionen werden in dem südostasiatischen Land als legitime Operationen gegen Terroristen gesehen. Nach Angriffen auf Polizei- und Militärposten im August 2017 durch eine Rohingya-Miliz hatte Myanmars Armee im Bundesstaat Rakhine eigenen Angaben zufolge «Räumungsoperationen» durchgeführt. Schätzungen gehen von mehreren Hunderten Toten aus, genaue Zahlen liegen jedoch nicht vor. Hunderttausende Rohingya sind seitdem vor Gewalt und Verfolgung im buddhistisch geprägten Myanmar nach Bangladesch geflohen. Alleine in den vergangenen drei Monaten waren es Schätzungen zufolge 620.000.

Suu Kyis Regierung verhandelt mit Bangladesch über Bedingungen für die Rückkehr der Rohingya. Die meisten der Flüchtlinge wollen jedoch nicht zurückkehren, wenn sie keine Staatsbürgerschaft von Myanmar erhalten. Kritiker vermuten, die Vereinten Nationen hätten die Rohingya im Stich gelassen, um in Myanmar den Übergang von der jahrzehntelangen Militärdiktatur zur Demokratie nicht zu gefährden. Die Junta-Generäle hatten den Rohingya im Jahr 1982 die Staatsbürgerschaft aberkannt. Aber auch die neue Regierung unter Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die seit 2015 im Amt ist, bemüht sich nicht, die Diskriminierung der Rohingya zu beenden.

Marc Schein
22. November 2017 - 11.57

Wann der den Herr Leider kennt, dann wesst der wahrscheinlich och waat dem sein Spetznumm am Dikrescher Kolleich wor.

Nomi
22. November 2017 - 10.57

Bei eis (EU) brengen mer naischt faedeg, an dann deenen Aaneren wellen Lektio'unen gin !!!!!!

pierre dirkes
22. November 2017 - 9.39

Eng kleng Denkpaus; Wann Een wéi Ech d'Buddisten, am Sri-Lanka, Indien, Thailand, Nepal an deels a Bourma kennt da muss En sech fro'hen; Woufir sollten d'Bourmesen es obemol genuch mat den Rohingyas gehat hun! D'Äntwert léit net wéit weg, a mir sollen eis mat der beschränkter Kennschaft vu Religiounen an deser Regioun zereck halen. D'Madamm Aung San Suu Kyi kennt bestëmmt all déi Emstënn vill besser wéi mir, mä Sie als disziplinéiert Frau hällt sech zereck mat primitiven Äusserongen. Europa kritt sei Kontinent net mol selwer an eng Demokratie emgesaat an da gin eis Vertrieder hin a belästegen aner Staatsleit mat eiser vun den Amerikaner geléierter Fréiheetsmeenong! Wou sin eis Léisongen am Osten vun Europa, bis an't Ost-Ukraine?

Pompier Sam
22. November 2017 - 8.56

Schued dass et net esou einfach as. Jo een Deel vun den "Rohingyas" liwen seit Generatiounen do, mais et get och eng mei rezent Anwanderung aus dem Bangladesh an der Rahkine Staat.

Dei heiteg Rohingyas beissen vir hieren Virfahren hier Entschedung vun 1947, winn se gefrot hatten dass den Rahkine Staat sollt en Deel vun (Ost-)Pakistan, dat heiteg Bangladesh, ginn. Seit dem gellen se als Verreider an dem Aen vun der burmanescher Majoriteit.

Mensch
22. November 2017 - 8.26

Rohingyas sind die Nachfahren von Muslimen die seit dem 8.-9. Jahrhundert im Nordwesten des heutigen Myanmar leben. Anfangs waren es mulimische Einwanderer und später Einheimische die den Islam annahmen. Einige neuzeitliche Geschichtsneuschreiber, wie z.B. Jacques P. Leider, haben sich leider einspannen lassen um diese Tatsache zu verdrehen und zu "beweisen" dass die Rohingyas erst seit kurzem im Myanmar leben. Vielleicht geht es, wie so oft, nur darum das Territorium der Rohingyas zu säubern um Bodenschätze zu bergen. Anders ist die skandalöse Untätigkeit der Demokratieapostel in der westlichen Welt wohl nicht zu erklären, es sei denn sie sehen Muslime tatsächlich als Untermenschen an und finden es völlig normal dass die verfolgt, gefoltert und ermordet werden.