Japanische Wissenschaftler haben erstmals die Fähigkeit von Schimpansen zur Arbeit in Gruppen mit verteilten Aufgaben nachgewiesen. Die Forscher wollen daraus Rückschlüsse ziehen, wie der Mensch Gruppenarbeit gelernt hat.
Von unserer Korrespondentin Susanne Steffen
Eine japanische Studie zeigt erstmals, dass die engsten Verwandten des Menschen in der Lage sind, auch sehr komplexe Aufgaben gemeinsam zu lösen und zu diesem Zweck Rollen zu verteilen. Die Wissenschaftler um Tetsuro Matsuzawa von der Universität Kyoto haben insgesamt drei Mutter-Kind-Schimpansenpaaren beigebracht, die Zahlen von eins bis acht in aufsteigender Reihenfolge auf einem Touchscreen zu berühren.
Im nächsten Schritt teilten sie den Bildschirm, so dass jedes Tier nur an die Hälfte des Bildschirms und somit auch nur an die Hälfte der nach dem Zufallsprinzip verteilten Zahlen herankam. Die Tiere konnten aber sehen, welche Zahlen auf der jeweils anderen Seite lagen. Nun mussten sich die Tiere abwechseln, um die Zahlen in der richtigen Reihenfolge zu berühren.
Die war das erste Mal, dass Tiere unter Beweis gestellt haben, dass sie auch komplexe Aufgaben in Zusammenarbeit lösen können, ohne dass man ihnen vorgibt, wie die Kooperation auszusehen hat. Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass die Primaten in der Lage sind, zusammenzuarbeiten, wenn das Kooperationsmuster genau vorgegeben war, dass zum Beispiel einer die Zahl Eins berührt und der andere dann die «Zwei», dann wieder der erste die «Drei» und so weiter.
In 72 Prozent der Fälle lagen die Tiere richtig
Da die Zahlen bei diesem Versuch jedes Mal anders verteilt waren, mussten die Tiere jedes Mal wieder neu herausfinden, wie sie kooperieren müssen, um ans Ziel zu gelangen. Alle drei Tierpaare lösten die Aufgaben erstaunlich gut. 2.000-mal ließen die Forscher die Affen spielen. In knapp 72 Prozent alle Fälle kamen die Tiere zum richtigen Ergebnis.
«Diese Ergebnisse zeigen, dass Schimpansen sehr gut darin sind, das Verhalten anderer Tiere zu beobachten und ihre Zusammenarbeit zu koordinieren», erklärte Teamleiter Matsuzawa bei der Vorstellung seiner Forschung gegenüber japanischen Reportern. Matsuzawa sagte weiter, er gehe davon aus, dass die Tiere ähnlich gut kooperieren könnten, auch wenn sie nicht in einem Eltern-Kind-Verhältnis zueinander stünden.
Die Forscher hoffen, dass ihre Erkenntnisse dazu beitragen werden, herauszufinden, wie die Vorfahren des Menschen sich im Zuge der Evolution kooperatives Verhalten antrainiert haben.
Zur Autorin
Susanne Steffen hat Ostasienwissenschaften an der Universität Duisburg studiert. Anschließend volontierte sie bei der Deutschen Welle, wo sie unter anderem Radiobeiträge und Moderationen auf Japanisch gemacht hat. Direkt nach ihrer Ausbildung erhielt sie das Angebot des japanischen öffentlich-rechtlichen Senders NHK, für vier Jahre als Austauschredakteurin nach Tokio zu kommen. Seit dem Jahr 2000 lebt sie in Tokio. Im Jahr 2004 hat sie den Medienservice JapanUpdate gegründet, mit dem sie europäische Medien bei der Japan-Berichterstattung sowie japanische Medien bei der Europa-Berichterstattung unterstützt. Darüber hinaus arbeitet sie als Japan-Korrespondentin des Focus-Magazins und seit 2009 berichtet sie für Café Europe.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können