Die SPD bleibt nach dem Sondierungs-Aus bei ihrem «Nein» zur Neuauflage einer großen Koalition. Und auch die Linke begrüßte Neuwahlen. Beide Parteien sind darauf allerdings schlecht vorbereitet.
Von Stefan Vetter, Berlin
Eigentlich war man bei der SPD darauf eingestellt, dass eine Jamaika-Koalition schon irgendwie zustande kommt. Am Tag nach ihrem Scheitern zeigte sich SPD-Parteichef Martin Schulz nun davon überzeugt, dass an Neuwahlen kein Weg vorbeiführt. Jetzt müssten die Wähler «neu bewerten, was Sache ist», sagte Schulz am Montag nach den Gremiensitzungen seiner Partei.
Dabei kämen Neuwahlen für die Genossen zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Schließlich befindet man sich gerade in einer Phase der Selbstbespiegelung über die eigenen Nöte und Fehler der Vergangenheit. Rasche Neuwahlen würden diese für die meisten Genossen als notwendig erachtete Trümmerarbeit abwürgen. Vorbereitet auf einen raschen Urnengang ist die Partei ohnehin nicht.
Die Frage der Kanzlerkandidatur
Das beginnt schon damit, dass Hubertus Heil ein Generalsekretär auf Abruf ist. Auf einem Parteitag Anfang Dezember soll der weithin unbekannte Niedersachse Lars Klingbeil zum Nachfolger des Parteimanagers gewählt werden. Auch Schulz stellt sich dort zur Wiederwahl. Doch mit einem Vorsitzenden in den Wahlkampf zu ziehen, der seiner Partei im September das schlechteste Bundestagswahlergebnis in der deutschen Nachkriegsgeschichte beschert hatte, halten längst nicht alle Genossen für eine gute Idee. Noch brisanter ist die Frage der Kanzlerkandidatur.
Auffällig war, dass Schulz sich am Montag nicht klar dazu äußerte. Als Vorsitzender habe er dafür das Vorschlagsrecht. Er werde «zum gegebenen Zeitpunkt» auch Gebrauch davon machen, sagte der SPD-Chef lediglich. In der Partei halten es viele für unvorstellbar, dass Schulz erneut antritt. Als heiße Anwärter gelten stattdessen Hamburgs Regierungschef Olaf Scholz und vor allem die Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles.
Hoffnungsfroh in die Zukunft
Bei der Linken indes blickt man offiziell hoffnungsfroh in die Zukunft. «Die Partei ist für Neuwahlen gerüstet und wird als geschlossene Formation in diese Auseinandersetzung gehen», sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch dem Tageblatt. Doch in Wahrheit ist das eher Pfeifen im dunklen Wald.
Schließlich wird die Linke immer noch von einem handfesten Führungsstreit zwischen den Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger auf der einen und den beiden Fraktionsspitzen Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch auf der anderen Seite erschüttert.
Ein Konflikt, der erst vor eineinhalb Wochen zum Rücktritt des Bundesgeschäftsführers Dietmar Höhn geführt hatte. Spitzenkandidaten bei der letzten Wahl waren Wagenknecht und Bartsch. Gerade Wagenknecht hatte jedoch mit ihrer Kritik an der Flüchtlingspolitik der eigenen Partei («offene Grenzen für alle») unmittelbar nach der Wahl große Kontroversen ausgelöst, die ebenfalls bis heute anhalten. Schwer vorstellbar also, dass die Basis dieses Spitzenduo ein weiteres Mal ohne Murren akzeptieren würde.
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