Ein einflussreicher Lobbyverband wirbt für einen Kanal mitten durch Thailand. Mit China gibt es einen mächtigen Verbündeten – und einen möglichen Geldgeber. Der 100 Kilometer lange Kanal könnte schon in zehn Jahren fertig sein.
Von unserem Korrespondenten Frederic Spohr, Bangkok
Die Dimensionen des Projektes können es mit Megabauten wie dem Suez- oder Panamakanal aufnehmen. Ein möglicher Kanal durch Thailand soll mehr als 100 Kilometer lang, 25 Meter tief und 400 Meter breit sein. Kosten: schätzungsweise rund 30 Milliarden US-Dollar (25,5 Milliarden Euro).
Noch ist es nur eine Träumerei. Doch eine Gruppe einflussreicher Geschäftsmänner und Ex-Militärs in Thailand treibt das Projekt nun immer intensiver voran, darunter auch der ehemalige Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Saiyud Kerdphol. Sie glauben, dass der Kanal schon in zehn Jahren fertig gebaut werden könnte und warben in den vergangenen Wochen verstärkt für das Projekt. Dank intensiver Unterstützung aus China sieht die Gruppe die Zeit für ein Projekt gekommen, über das schon seit mehr als zwei Jahrhunderten diskutiert wird.
Der Thai-Kanal wäre eine neue Verbindung zwischen dem Indischen und Pazifischen Ozean. Die Abkürzung mitten durch Thailand würde den kürzesten Seeweg zwischen Europa und Ostasien um 1.200 Kilometer verringern. Frachtschiffe könnten so bis zu drei Tage Reisezeit einsparen.
Hoffnung auf den großen Nachbarn
Vor allem wegen Chinas Seidenstraße-Initiative sind die Befürworter des Kanals optimistisch. Die Volksrepublik hat üppige Fördertöpfe bereitgestellt, um die Verkehrswege zwischen Asien und Europa auszubauen. Für China hätte der Kanal erhebliche strategische Vorteile. Die zusätzliche Route zwischen Ostasien und Europa würde die Volksrepublik deutlich unabhängiger von der Straße von Malakka machen, durch die derzeit mehr als 80 Prozent der Öl- und Gasimporte des Landes transportiert werden. Die Meerenge zwischen Malaysia und der indonesischen Insel Sumatra ist nicht nur eine Achillesferse für die Energieversorgung des Landes, sondern auch zunehmend verstopft.
Möglicherweise bleiben die tollkühnen Vorhaben aber nur eine bloße Fantasie. Denn Thailands Politik ist kompliziert: Im Süden des Landes kämpfen islamistische Separatisten seit mehr als einem Jahrzehnt für ein Kalifat. Kritiker befürchten, dass die physische Trennung durch den Kanal das Land noch weiter spalten könnte. Gleichzeitig dürfte man im Nordosten Thailands kaum verstehen, warum ausgerechnet im reicheren Süden des Landes nun weitere Milliarden investiert werden sollen.
Projekt des Königs?
Auch außenpolitisch birgt das Projekt Sprengstoff. Mit dem Kanal würde Thailand in Rivalität zu Singapur geraten, das von seiner Lage am Eingang zur Malakka-Straße profitiert. Die Befürworter des Kanals rechnen damit, dass rund ein Drittel des Verkehrs der Malakka-Straße künftig die Abkürzung des Kanals nehmen könnte. Der Hafen Singapurs dürfte so erhebliche Einbußen erleiden.
Wohl auch deswegen hält sich die thailändische Militärregierung mit Aussagen zu dem Projekt noch zurück. Zuletzt sagte der thailändische Botschafter in Malaysia gegenüber singapurischen Medien, er halte den Kanal für nicht realisierbar. Allerdings setzen die Befürworter des Kanals ohnehin weniger auf die Regierung. Sie hoffen darauf, dass der neue König, Maha Vajiralongkorn, sich dem Projekt annimmt – und sich damit gleich zu Beginn der Regentschaft ein Denkmal setzt.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können