Alles begann im legendären «Studio 54». «Der Club war ein Mekka für Sex, Freiheit und Fantasie – aber auch für Arbeit», erzählte Calvin Klein jüngst der italienischen «Vogue». «Genau da hat mich eines Tages ein Industrieller um drei Uhr morgens gefragt, ob ich daran interessiert sei, Jeans zu entwerfen. Natürlich habe ich ja gesagt.» Kurz darauf provoziert Klein mit seinen Werbeplakaten die Welt. «Weißt du, was zwischen mich und meine Calvins kommt?», fragt darauf eine nur mit hautengen Jeans bekleidete und erst 15 Jahre alte Brooke Shields lasziv räkelnd. Antwort: «Nichts!»
Die Kampagne verkauft Hunderttausende Paar Jeans und macht Klein mit einem Schlag weltberühmt. Die hautengen Jeans und sein typischer Stil – schlichte, gerade Schnitte, minimalistisch wenig Farbe – prägen das Lebensgefühl der 1990er Jahre. Klein baut seine Modemarke zum Imperium aus, unter anderem mit Unterwäsche, Uhren, Sonnenbrillen, Bademode, Parfüm, Haushaltstextilien und Schmuck.
Modepapst in Rente
Anfang der 2000er Jahre verkauft er alles für rund eine halbe Milliarde Dollar an den Hemdenhersteller Phillips-Van Heusen. Seitdem gilt Klein, der am kommenden Sonntag (19. November) 75 Jahre alt wird, als unnahbar-eisiger Modepapst in Rente.
Geboren wurde der Nachfahre ungarisch-jüdischer Einwanderer 1942 als Calvin Richard Klein im New Yorker Stadtteil Bronx – nicht weit von dem Ort, an dem nur drei Jahre zuvor sein Kollege Ralph Lauren geboren worden war. Beide zählen heute zu den bedeutendsten US-Designern. Schon als Kind entwirft Klein Kleider für die Puppen seiner Schwester. Den Uni-Abschluss macht er am renommierten Fashion Institute of Technology in Manhattan.
Leben zwischen den Geschlechtern
Stil habe ihm aber vor allem seine Mutter beigebracht, erzählte er später einmal in einem seiner seltenen Interviews: «Sie mochte auf unauffällige Art extravagante Kleidung. Anspruchsvoll. Nicht irgendetwas, das von der anderen Seite der Straße hinüberschreit.» Die knabenhaft gebaute Kate Moss macht Klein zum Supermodel. Schauspieler Mark Wahlberg lässt er mit Waschbrettbauch und weißem Höschen posieren und macht Feinripp wieder tragbar.
Kleins Design verwischt die Grenzen zwischen den Geschlechtern. Er entwirft Unisex-Parfüm, und auch sein privates Leben spielt sich zwischen Männern und Frauen ab. Zwei Frauen heiratet Klein, von beiden lässt er sich nach wenigen Jahren wieder scheiden. 1967 wird seine einzige Tochter Marci geboren, heute eine erfolgreiche TV-Produzentin.
Kampf mit den Drogen
Aber das Familienleben macht Klein nicht sesshaft, im Gegenteil. Er beginnt ein wildes Partyleben, mischt das «Studio 54» auf, trinkt, nimmt Drogen und Valium. Auch zahlreiche Beziehungen zu Männern werden ihm nachgesagt. Nachdem seine Tochter kurzzeitig entführt wird, zieht sich Klein 1978 abrupt aus der Öffentlichkeit zurück. Bis heute kämpft er nach eigener Aussage mit Drogen und Alkohol, hat mehrere Entziehungskuren hinter sich.
Gut dotierte Beraterverträge sichern dem Kunstsammler und eingefleischten New Yorker weiter jährliche Millioneneinnahmen, gerade hat er ein Fotobuch veröffentlicht. Nur bei der Marke Calvin Klein mitentscheiden darf er nicht mehr, dafür ist seit dem vergangenen Jahr der Belgier Raf Simons zuständig. Den Verkauf seines Unternehmens habe er aber nie bereut, sagt Klein. «Überhaupt nicht. Ich mache andere Sachen, reise, spreche an Universitäten. Ich habe ein wundervolles Leben, ein reiches Sozialleben zwischen New York und Los Angeles.»
Noch heute prangt Kleins Name auf Unterhosen überall auf der Welt – zum Leidwesen seiner Tochter, wie sie einmal in einem Interview verriet. «Jedes Mal wenn ich mit einem Mann ins Bett gehe, sehe ich den Namen meines Vaters auf der Unterwäsche.»
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