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Vor dem EU-Gipfel: Reparatur oder Neugründung Europas?

Vor dem EU-Gipfel: Reparatur oder Neugründung Europas?

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Es war ein kühler Abend Ende September in Tallinn, man saß zusammen bei estnischem Black Angus Rind an Auberginenkaviar und Wacholdersauce und staunte – über Emmanuel Macron. Der junge französische Präsident machte mit seinen forschen Reformvorschlägen für Europa mächtig Wirbel beim Abendessen der 28 EU-Staats- und Regierungschefs in der estnischen Hauptstadt – und sorgte bei manchem wohl auch mächtig für Unbehagen. Mehr Europa? So viel mehr Europa? Ausgerechnet jetzt?

So kam es, dass die übrigen Chefs sanft auf die Bremse traten. EU-Ratspräsident Donald Tusk erhielt den Auftrag, bis zum EU-Gipfel Ende dieser Woche einen Fahrplan für konsensfähige Reparaturen am europäischen Haus vorzulegen, frei nach der Devise: Macrons Energie in die Bahnen des Machbaren lenken. Am Freitag besprechen Bettel und seine EU-Kollegen Tusks Plan in Brüssel beim Frühstück.

Viele Steine auf dem Weg der EU

Dass für das Riesenthema beim zweitägigen Gipfel im Reigen zwischen den Türkei-Beziehungen, der Cybersicherheit, Nordkorea und dem Brexit nur eineinhalb Stunden eingeplant sind, zeigt wohl auch: In den gut zwei Wochen seit jenem Abendessen in Tallinn haben sich die Gewichte in der EU weiter in Richtung der Bremser verschoben.

Nicht nur, dass in Deutschland für Kanzlerin Merkel erst noch eine Koalitionsbildung ansteht. Nicht nur, dass Spanien wegen Katalonien und Irland wegen des Brexits mit sich selbst beschäftigt sind. Am Sonntag folgte dann auch noch der Rechtsruck bei der Wahl in Österreich. Der wahrscheinliche künftige Kanzler Sebastian Kurz bekennt sich klar zu Europa, wirbt aber für eine abgespeckte EU und eine Menge Kompetenzen für die Nationalstaaten. Damit rückt er näher an seine Nachbarn in Ungarn, Polen, Tschechien und der Slowakei.

Gemeinsam oder getrennt voran?

Gerade diese jüngeren EU-Staaten im Osten sind ziemlich verschreckt durch die Pläne, die Macron kurz nach der Bundestagswahl in seinem europapolitischen Rundumschlag in der Pariser Sorbonne vorlegte. Mehr gemeinsame Verteidigung, mehr gemeinsamer Zivilschutz, eine Europäische Asylbehörde, eine Finanztransaktionssteuer, mehr Klimaschutz, eine Agrarreform, und nicht zuletzt: eine vertiefte Wirtschafts- und Währungsunion.

Das ist alles kaum vereinbar mit dem Willen, Macht aus Brüssel zurückzuverlagern in die europäischen Hauptstädte. Und Macrons Augenmerk auf eine schlagkräftige Währungsunion beunruhigt jene, die den Euro nicht haben, darunter Polen und Ungarn. Sie fürchten das Abseits in Macrons Europa – nicht zu unrecht, denn der französische Präsident hat eine ganz klare Ansage gemacht: «Die Vorstellung, dass derjenige, der am wenigsten möchte, die Anderen blockieren kann, ist ein Irrglaube.» Soll heißen: Dann gehen die Willigen eben alleine geschwind voran.

Der Richtungsstreit in der EU

Ratspräsident Tusk, selbst ehemaliger polnischer Regierungschef, steuert dagegen. Er sieht es ausdrücklich als Auftrag, alle 28 EU-Länder mitzunehmen und auf einen Reform-Nenner zu bringen – eine ungleich kleinteiligere Aufgabe. Deshalb konzentriert sich Tusk auf politische Projekte, die für alle EU-Staaten halbwegs akzeptabel sind und obendrein als bürgernah gelten: mehr Sicherheit, weniger Zuwanderung, und etwas mehr Stabilität und Krisensicherheit für den Euro, etwa durch die «Vollendung der Bankenunion» und einen Europäischen Währungsfonds.

Das passt den Skeptikern, die in Zeiten von AfD und Co Europa eher deckeln wollen. Und es passt den Realpolitikern wie Kanzlerin Merkel, die selbst fest zu Europa steht und auch gegen verschiedene Geschwindigkeiten nichts hat – aber bei Reformen weit weniger Ambitionen zeigt als Macron.

Nur der französische Präsident wird dem Kleinklein wohl wenig abgewinnen. «Das Europa, wie wir es kennen, ist zu schwach, zu langsam, zu ineffizient», sagte er in der Sorbonne. Nötig sei die «Neubegründung». Ob es am Ende mit einer europäischen Einlagensicherung getan ist, ob eine «Digitalagenda» reicht, die Bürger nach Europa zurückzuholen? Der Richtungsstreit ist gerade erst eröffnet.

pierre dirkes
17. Oktober 2017 - 21.58

Was soll dieser Macron Hype, nur eine Alibi Vorstellung und bald hat das Normale Frankreich en marche eingenommen! Man ist eben begeistert dass Marine nicht Präsidentin wurde wie Ich auch doch Antworten brauchen die 35, Stunden Gallier;