Ein Brief von Henri Hosch, Ehrenbürgermeister der Gemeinde Mamer, an Bürgermeister Gilles Roth
Am 24. Juni dieses Jahres hatte der Mamer Schöffenrat die Capellener Einwohner eingeladen, um ihnen die Gelegenheit zu geben, vor Ort etwaige Beanstandungen vorzubringen. Etwa 15 Bürger waren im Capellener Teil der Domaine d’Olm erschienen. Ich war auch dabei. Beim Thema geplante Mammutsiedlung Sigelsriech am Kräizwee in Olm haben sich ausnahmslos alle Anwesenden gegen dieses Projekt ausgesprochen, und das wegen der schier unlösbaren Verkehrsproblematik. Alle waren der Ansicht, dass ein Mehr an Verkehr auf der Koericher Straße (R109) nicht zu verkraften sei. Schöffe Luc Feller bemerkte in diesem Zusammenhang: «Um ehrlich zu sein, das diesbezügliche Verkehrsgutachten wurde während der Ferien gemacht.»
Daraufhin habe ich Sie, Herr Bürgermeister, und die beiden Schöffen darauf aufmerksam gemacht, dass Sie gewählt wurden, um die Interessen der Bürger zu verteidigen, und nicht die der Erbauer sogenannter billiger Wohnungen, sonst sei die Zeit reif für eine neue Bürgerinitiative. Anschließend haben Sie, Herr Roth, den Anschein vermittelt, Sie hätten sich vom Befürworter zum Gegner dieses Projektes gewandelt.
Ja, Sie haben mich sogar beauftragt, einen Brief im Namen aller Anwesenden an Sie zu richten, dann hätten Sie mehr Gewicht bei den öffentlichen Instanzen. Eine halbe Stunde später teilten Sie mir telefonisch mit, der Brief erübrige sich, weil der Schöffenrat gegen das Projekt sei und eine dementsprechende Resolution verabschieden werde.
Nur sechs Tage später wurde diese Resolution vom Gemeinderat gestimmt. Darin wird u.a. die Gemeinde Kehlen aufgefordert, ihr Projekt etappenweise zu verwirklichen, was selbstverständlich sowieso vorgesehen war. Die SNHBM hat übrigens umgehend den Inhalt der Resolution als Zeichen ihrer Zustimmung auf ihre Internetseite gesetzt. Ich bezweifle ganz stark, dass Sie den Gemeinderäten dieselbe Geschichte erzählt haben wie am 24. Juni den versammelten Einwohnern vor Ort und mir anschließend per Telefon.
Enttäuschte Wähler
In Wirklichkeit sind Sie für das Projekt und lassen Ihre enttäuschten Wähler mit ihren Sorgen allein. Dies ist ein Paradebeispiel dafür, wie bei bestimmten Personen ganze Welten zwischen Worten und unmittelbaren Taten liegen können. Ihre Neigung zu häufigem Meinungswechsel haben Sie inzwischen schon wieder unter Beweis gestellt in Ihrem Stimmenfangpamphlet (mit Ihrem omnipräsenten Konterfei), das den Bürgern wenig später ins Haus flatterte. Das Hauptthema lautet gänzlich ungeniert «Der Kontakt mit dem Bürger hat Priorität». Wäre es ironisch gemeint, könnte man wenigstens darüber lachen!
Übrigens: die Bürger der an den Versammlungsort des 24. Juni angrenzenden Rue de la Forêt, die sich im Rahmen der Erneuerung des Allgemeinen Bebauungsplans zur Wehr setzten (mit Erfolg!), wurden ihrerseits mit sehr zweifelhaften «Wahrheiten» abgefertigt.
Auch unweit des Versammlungsortes gab es zwischen uns beiden ein Gentlemen’s agreement, was die Regelung der Zufahrt zum «Parc d’activités de Capellen» betrifft. 15 Jahre lang haben Sie mich hingehalten und taten schließlich das Gegenteil von dem, was unter uns abgemacht war. Nicht einmal ein Telefonanruf war Ihnen dieser Vertrauensbruch gegenüber Ihrem Vorgänger wert. Später haben Sie die Straßenbauverwaltung dafür verantwortlich gemacht, obwohl sie diese Befugnis überhaupt nicht hat. Ich habe daraufhin den Transportminister über die hierdurch entstandenen unzumutbaren chaotischen Zustände vor meiner Haustür ins Bild gesetzt. Die Situation verschlimmerte sich indessen fortwährend.
Mal ehrlich, diese laut Ihren Aussagen mir schon seit langen Jahren feindlich gesinnte und Ihnen gegenüber gebieterisch auftretende Verwaltung hat Sie doch gewähren lassen, als Sie eine ganze Straße, die rue du Kiem, wo rein zufällig Ihr Elternhaus steht, für den Transitverkehr gesperrt haben. Und das mit einer fadenscheinigen Begründung und zum großen Leidwesen der zahlreichen Apothekenbesucher und der Einwohner der rue de la Gare, denen sie den ganzen Verkehr vor die Haustür umgeleitet haben.
Sie erinnern sich: Im Dezember 1998, als die Gemeinde Mamer den Prozess um die geplante Haebicht-Deponie gegen den Staat gewonnen hatte, haben Sie im Verbund mit Ihrem Mentor und späteren Schöffen, der übrigens nicht lange im Amt war, eindringlich auf mich eingeredet, um mir klarzumachen, dass meine Mission zu Ende sei.
Sie beide hatten nämlich Angst, ich würde auf meinem Bürgermeistersessel kleben bleiben, wie Sie es wohl ohne Zweifel an meiner Stelle getan hätten. Ich hatte Ihnen damals – es war bei der Gelegenheit einer Feier im Capellener Kulturzentrum – zu verstehen gegeben, dass das Gesetz, das den Bau der Deponie als obligatorisch erklärt, noch immer Bestand habe. Daraufhin haben Sie beide alle Register Ihrer Überzeugungskunst gezogen, um mir weiszumachen, dass man ein Gesetz nicht abschaffen könne. Wirklich ein starkes Stück von einem jungen studierten Juristen.
Rücktritt mit Team
Bei den Wahlen im darauffolgenden Jahr bin ich mit meiner gesamten Mannschaft zurückgetreten, so wie ich es den Wählern von Anfang an versprochen hatte. Am 14. Juni 2001 wurde das ominöse Haebicht-Gesetz vom Parlament außer Kraft gesetzt. Dazu kein weiterer Kommentar, außer vielleicht der Feststellung, dass wir beide definitiv nicht aus dem gleichen Holz geschnitzt sind …
Sie wollten mich unverzüglich nach meinem Rücktritt zum Ehrenbürgermeister machen, um sicherzustellen, dass ich Ihnen nie mehr in die Quere kommen würde. Ich habe dieses Angebot (zunächst) abgelehnt wegen Ihres damaligen Schöffen … Für die Feierlichkeit, die im Mai 2011 nachgeholt wurde, hatten Sie mich gebeten, den Teil Ihrer Rede zu verfassen, der meinen Lebenslauf und meine Hobbys betrifft.
Sie haben sich strikt an meine Vorlage gehalten, außer in dem Punkt, in dem es um mein Verhältnis zu den Religionen und deren Einfluss auf Mensch, Gesellschaft und Politik ging, ein Thema, für das ich mich seit jeher stark begeisterte. Meine Schlussfolgerung haben Sie total verfälscht wiedergegeben, was mir bis heute noch tief in den Knochen steckt.
Abschließend möchte ich Ihnen einen vielleicht zu späten, aber gut gemeinten Rat mit auf Ihren angestrebten Weg nach oben geben: Es ist wesentlich überzeugender, sich durch eigene Taten hervorzutun, als die Verdienste anderer klein- oder sogar wegzureden. Das jedenfalls haben Sie seit drei Legislaturperioden bei jeder sich bietenden Gelegenheit gegenüber der Bürgerinitiative, der ich als Bürgermeister vorstand, immer wieder getan und tun es noch immer.
Was habe ich Ihnen eigentlich angetan, um so von Ihnen behandelt zu werden?
Es wird Sie sicher freuen dass Herr Hosch in seinen Briefen öfters echten Klartext redet, so wie in diesem Brief an die neue Regierungskoalition:
http://www.gouvernement.lu/3414347/Dr_-Henri-Hosch.pdf
Bravo Herr Hosch,
allein die Tatsache,dass man den Bürgermeister und die Schöffen darauf aufmerksam machen muss,dass sie gewählt wurden um die Interessen der Bevölkerung zu vertreten, ist Beweis genug wie schnell diese Leute korrumpierbar werden. Ich selbst habe 20 Jahre an der größten Tankstelle des Landes gewohnt und erlebt wie wenig die Lebensqualität der Bürger den Gemeindevätern wert war.Der Tanktourismus aus Deutschland war die Kuh die es jetzt zu melken galt. Was ihren guten aber späten Rat an Herrn Roth angeht- ich bin mir sicher,dass dieser Herr es bis ganz obenhin schaffen wird. Er ist nämlich bei der CSV und das sind immer die Guten.