Im Hermès-Atelier im westfranzösischen Saint-Junien sind zahlreiche geschickte Hände am Werk. In millimetergenauer Präzisionsarbeit wird hier Leder gestanzt, zugeschnitten und zu schicken Handschuhen oder Geldbörsen vernäht. Erst im Juni hat das traditionsreiche Modeunternehmen die Werkstatt nahe der Stadt Limoges eröffnet und hier dutzende Jobs geschaffen. Das Atelier steht damit sinnbildlich für den französischen Luxussektor: Wegen der weltweiten Nachfrage – und weil die Kunden Handarbeit «Made in France» schätzen – blüht die Branche und schafft neue Arbeitsplätze.
«Es wäre für uns undenkbar, ein solches Atelier in einem anderen Land zu eröffnen», sagt Hermès-Manager Guillaume de Seynes. «Es ist eine Frage der Qualität und des Ansehens. Das ‹Made in France› symbolisiert in den Augen unserer Kunden französisches Knowhow.» Binnen fünf Jahren hat Hermès in seinem Heimatland 2400 neue Jobs geschaffen, vor allem Dank seiner Exporte: 85 Prozent der Produktion des besonders für seine Schals und Handtaschen bekannten Traditionshauses werden in Frankreich hergestellt – aber 86 Prozent werden im Ausland verkauft.
«Es ist eindeutig: Für den Luxussektor ist der wachsende Wohlstand in neuen Ländern, ist die Globalisierung eine historische Chance für die Schaffung von Arbeitsplätzen», sagt de Seynes. Während Frankreich unter einer hohen Arbeitslosigkeit leidet und immer wieder Werksschließungen für Schlagzeilen sorgen, geht es dem Luxussektor blendend. Nicht nur Hermès, auch andere französische Labels wie Chanel, Louis Vuitton oder Yves Saint Laurent erfreuen sich einer großen Nachfrage.
Die 40-Milliarden-Euro-Marke
Insbesondere der stark wachsende chinesische Markt giert nach dem luxe à la française. Und so werden in Frankreich neue Produktionsstandorte eröffnet und neue Mitarbeiter eingestellt. Kering, mit Marken wie Gucci, Bottega Veneta und Yves Saint Laurent der zweitgrößte Luxusgüterkonzern der Welt, kaufte beispielsweise vor einigen Jahren in der nordfranzösischen Normandie eine auf Krokodilleder spezialisierte Gerberei. Die Zahl der Mitarbeiter soll dort bis 2020 von 45 auf 160 anwachsen. Insgesamt ist die Zahl der Beschäftigten in der Luxussparte von Kering in Frankreich in den vergangenen drei Jahren um 13 Prozent gestiegen.
Der Weltmarktführer LVMH, zu dem unter anderem Louis Vuitton, Christian Dior, Guerlain und Givenchy, aber auch Wein-, Champagner- und Spirituosenmarken gehören, steigert jährlich seine Verkäufe und nähert sich inzwischen der 40-Milliarden-Euro-Marke. Im vergangenen Jahr wurden wegen der großen Nachfrage tausend neue Arbeitsplätze geschaffen. Dieses Jahr könnten es sogar etwas mehr werden, wie Personalchefin Chantal Gaemperle sagt.
Die wirtschaftliche Macht der Luxusbranche wird auch an der Pariser Börse deutlich: Im französischen Aktienindex CAC 40 ist LVMH inzwischen der Konzern mit dem höchsten Börsenwert – vor dem Erdölriesen Total und dem Pharmakonzern Sanofi. «Das ist ein starkes Symbol: Der Luxus hat in der französischen Wirtschaft ein großes Gewicht», sagt Oliver Abtan von der Boston Consulting Group. Französische Marken hätten mehr Erfolg als die ausländische Konkurrenz: «Sie haben eine Exklusivität beibehalten können, nicht ihr Image verwässert, eine kreative Dimension bewahrt.»
Weil die Luxusprodukte von Hand hergestellt würden, seien die geschaffenen Arbeitsplätze auch stabil: «Es gibt eine sehr starke handwerkliche Dimension», sagt Abtan. «Das hebt sich ab von all dem, was man über Roboter hört, die den Menschen ablösen werden.»
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