Headlines

Win-Win-Situation für Staat und Beamte

Win-Win-Situation für Staat und Beamte

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Beamte dürfen Überstunden für ein Sabbatjahr ansparen – eine gute Idee.

Gespräche über neue Organisationsformen der Arbeit zwischen Patronat und Salariat gab es bereits und wird es wohl demnächst wieder geben. Ein Abkommen, das vergangene Woche im Staatswesen von Innenminister Dan Kersch präsentiert und vom Verhandlungspartner CGFP schon fast freudig begrüßt wurde, könnte der Diskussion neue Dynamik verleihen.

Die oft verlangte Flexibilisierung der Arbeitszeiten, unter der sich allerdings Arbeitgeber und Arbeitnehmer naturgemäß etwas anderes vorstellen, wird nun für die Beamten eine gelebte Realität werden, und das mit Vorteilen für beide Seiten.

Sabbatjahr nach 1800 Stunden

Ein Zeitsparkonto wird es ab kommendem Jahr den Staatsdienern („fonctionnaires“, „employés“ und Angestellten der assimilierten Sektoren) erlauben, Überstunden und Urlaubstage anzusammeln (das arbeitsrechtliche Minimum von 25 Tagen müssen die Mitarbeiter, quasi zum Schutz vor übertriebenem Spareifer, jährlich nutzen und mehr als zehn Stunden täglich dürfen sie aus dem gleichen Grund auch nicht arbeiten).

Wenn sie dies dann möchten, können sie ab 1800 angesparten Stunden ein Sabbatjahr nehmen.

Wer also auf einige Tage Urlaub im Jahr verzichtet, kann locker nach zehn bis zwölf Jahren eine ausgedehnte Weltreise machen oder sonst wie in aller Ruhe nach außerberuflicher Erfüllung streben. Zwei- bis dreimal während einer Laufbahn ist ein solches freies Jahr demnach potenziell möglich. Abgesehen von der persönlichen Erfüllung, die Beamte so ernten und die sie wohl zu ausgeglicheneren und zufriedeneren Menschen (und Beamten) macht, kann das Konto aber auch im Sinne einer besseren Vereinbarung von Familien- und Berufsleben genutzt werden.

Win-Win-Situation

Besonders in der Zeit der großen Ferien stehen berufstätige Eltern oft vor der Frage, wie sie die Versorgung der Kinder gestalten sollen, die ja – bei in dieser Zeit oft geschlossenen Versorgungseinrichtungen – weitaus mehr freie Tage haben als ihre Mütter und Väter. Da in den Sommermonaten die anfallende Arbeit in den staatlichen Büros tendenziell abnimmt, kommen freie Tage der Beamten, die während arbeitsintensiverer Monate durch Mehrarbeit angespart werden können, sowohl dem Arbeitgeber Staat als auch den Mitarbeitern zugute: eine klassische Win-win-Situation.

Ähnliches müsste auch im privaten Sektor möglich sein, wo die letzte große Veränderung der Arbeitsorganisation die Einführung der 40-Stunden-Woche war. Dies liegt lange Jahrzehnte zurück, wobei die Vorteile einer flexibilisierten Arbeitsorganisation, besonders in einem verkehrstechnisch überlasteten Land wie Luxemburg, auf der Hand liegen.

Die beiden großen Stellschrauben bei der Arbeit heißen Lohn und Arbeitszeit. Erstere muss, allein schon aus Gründen der Konsum- und damit der Wirtschaftsförderung, aber und besonders auch aus Gründen der gerechten Verteilung des geschaffenen Reichtums (die Produktivität im Land ist extrem hoch) in Richtung mehr Beteiligung der arbeitenden Menschen gedreht werden. Die zweite Stellschraube sollte in Zeiten von zunehmender Überlastung des Einzelnen das Gleichgewicht zwischen Job und Freizeit bzw. zwischen Beruf und Familie in Richtung richtig verstandener Flexibilisierung justiert werden.

Haber
26. Juli 2017 - 22.09

Der Gewinn ist eine zusätzliche befristete Arbeitsstelle für ein Jahr, anstatt ein voller Beamter der die Urlauber Tage- oder wochenlang ersetzt und den Rest des Jahres Däumchen dreht.

Werner B.
26. Juli 2017 - 14.46

Eine typische Win-Win Situation zwischen der Regierung und der CGFP sieht wie folgt aus: unterstützt du mich bei den nächsten Wahlen, gebe ich dir was für dein Klientel. Was aber ist der Gewinn für den Staat und seine Bürger, wenn sich in Zukunft seine Diener für ein Jahr in den bezahlten Urlaub verabschieden dürfen...?. Also nur eine weitere "Win-Win"- Rechnung die mir jeden Monat vom Lohn abgezogen wird.

MartaM
25. Juli 2017 - 17.56

@Georges: Eine Verwaltung wird in ein Öffentlich-rechtliches Unternehmen umgewandelt, das Personal behält sein Statut.Durch den akuten Personalmangel werden seit Jahren Überstunden geschoben, allerdings nicht auf freiwilliger Basis.

Jek Hyde
25. Juli 2017 - 16.22

Georges---Absolut richtig, genau so sehe ich es auch. Win-win hört sich gut an gibt es aber leider nur theoretisch.
Praktisch ist immer einer (dritter?) der Benachteiligte.

Georges
25. Juli 2017 - 15.40

@ MartaM zu 1. "assimilierten Sektor" sind das die Arbeiten, die in den Privatsektor ausgelagert wurden? zu 2. warum nicht? und zu 3. habe ich nicht verstanden.

MartaM
25. Juli 2017 - 14.53

@Oswald: 1) Im assimilierten Sektor wird Personal schon seit Jahren zu Überstunden gezwungen. 2) Kontrolle unmöglich. 3) Die verbleibenden Mitarbeiter und sollte dies so klappen,können dann Stellen gestrichen werden, die neue Organisationsform wiederum abgeschafft werden.

Jean Bodry
25. Juli 2017 - 13.34

Banneminister Dan Kersch, LSAP Partei Kollege! Du hues dach bestëmmt net do een Steen, wou mer een Häerz hunn!

Lassner
25. Juli 2017 - 12.30

All 5 Joer e ganzt Joer fräi, dat heescht jo 8 Mol am Liewen eng Vakanz vun engem Joer iergendwou, wou d'Liewe präiswäert ass, do kann een dann esouguer nach masseg Geld spueren.

Domat kann d'CSV d'Stëmme vun de Staatsbeamte vergiessen, deenen hir Cadoe waren ëmmer nëmme lächerlech.

Mick
25. Juli 2017 - 10.26

Sorry, sollte heissen: Denkt etwas weiter als nur mit der Parteikarte

Mick
25. Juli 2017 - 9.58

Liebes Tageblatt, nicht alles was ein LSAP Minister mit Gewerkschaften aushandelt ist gut! Denkt etwas als mit der Parteikarte

Claude Oswald
25. Juli 2017 - 8.46

Wenn man die Welt nicht nur durch die rosafarbene Brille schaut, fallen einem ein paar Fragen ein :

1) Wer garantiert, dass Mitarbeiter in Verwaltungen und Ministerien nicht zu Überstunden gezwungen werden ?
2) Wer garantiert andererseits, dass clevere Mitarbeiter die Überstunden sammeln, ohne tatsächlich zu arbeiten ?
3) Wer verrichtet während des Sabbatjahrs die Arbeit des abwesenden Mitarbeiters ? Müssen die Kollegen seine Arbeit zusätzlich zu ihrem normalen Arbeitspensum verrichten ? Ist das eine Win-win-Situation, oder gibt es nicht auch Verlierer ?

Georges
25. Juli 2017 - 8.22

@ Schneider Das Kernproblem haben Sie leider ausgespart. Die allermeisten Arbeitnehmer arbeiten auf Basis eines gesetzlichen Mindesturlaubs von 25 Tagen / Jahr. Die meisten müssen auch noch den angesparten Urlaub aus dem Vorjahr bis März des Folgejahrs nehmen, was bedeutet, dass unter solchen Voraussetzungen gar kein Einsparpotential vorhanden ist! Ausserdem, die "klassische Win-win-Situation" gibt es nicht, es gibt immer einen dritten der dafür zahlt, im Fall der Staatsdiener sind es die Bürger bzw. Steuerzahler. Im Privatsektor würde eine "klassische Win-win-Situation" auch zu höheren Kosten führen, die dem Kunden weitergereicht werden müssten. Wenn dem nicht so wäre, dann hätten wir schon längst einen flächendeckenden Mindesturlaub von 35 Tagen. Aber darunter würde die Produktivität der Landes leiden und die Wirtschaft und unser Wohlstand würden den Bach runter gehen. Das Tageblatt kann für die Arbeitnehmer ja mal eine Initiative mit dem Motto: eine "klassische Win-win-Situation" starten. Ich bezweifle, dass sich der OGBL mit den Arbeitgebern so schnell einigt wie die CGFP mit dem Staat;)