Finken bauen offenbar gezielt Zigarettenstummel in ihre Nester ein, um sich vor Parasiten zu schützen. Mexikanische Forscher haben in einem Versuch gezeigt, dass Fasern von Zigarettenfiltern nicht zufällig als Nistmaterial dienen. Vielmehr reagieren die Vögel damit offenbar auf Zeckenbefall in Nestern. Eine deutsche Expertin berichtet von ähnlichen Verhaltensweisen heimischer Stare – sie nutzen teilweise Heilkräuter.
Monserrat Suárez-Rodríguez und Constantino Macías García von der Universidad Nacional Autónoma de México untersuchten Nester von Hausgimpeln (Carpodacus mexicanus), die zur Familie der Finken zählen. Dabei tauschten sie auf dem Unicampus Teile von 32 Nestern aus. In zehn Nester setzten die Forscher lebende Zecken, in zehn legten sie tote Zecken, die zwölf übrigen blieben unbehandelt. Tatsächlich sammelten insbesondere jene Finken Zigarettenfilter, deren Nester von lebenden Zecken befallen waren, wie die Forscher im «Journal of Avian Biology» schreiben.
Bislang war nicht klar, ob die Tiere die Fasern auch deshalb einsammeln, weil sie zum Beispiel besonders gut isolieren. Einen solchen Wärmeeffekt stellten die Forscher allerdings nicht fest. Vielmehr konnten die Gimpel vermutlich eine Verbindung zwischen den Fasern und Zeckenfreiheit herstellen. Einige Weibchen, die Fasern in präparierte Nester brachten, hatten dies auch zuvor schon bei ihren ursprünglichen Nestern gemacht. Möglicherweise, so die Forscher, hätten die Vögel dies aus früherem Zeckenbefall gelernt.
Kräuter als Nestmaterial
Helga Gwinner vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen kennt vergleichbare Verhaltensweisen von heimischen Vogelarten. Eine Starenkolonie in Bayern habe sich auf Schafgarbe und andere ätherische Ölpflanzen als Nestmaterial spezialisiert. Die Kräuter reduzieren das Bakterienwachstum in den Nestern. «Die Stare suchen auf den Wiesen genau diese Pflanzen. Sie zeigen die Blumen und Kräuter sogar beim Balzverhalten den Weibchen, bevor sie die Pflanzen in das Nest einweben.»
Die Kräuter hätten zudem einen positiven Effekt auf die Tiere selbst, sagt Gwinner: Vogeljunge, die in solchen Nestern aufwuchsen, waren schwerer, hatten bessere Blutwerte und bessere Chancen, wieder aus ihren Winterquartieren in Afrika zurückzukehren.
Für die Gimpel dagegen könnte die Verwendung von Zigarettenstummeln den mexikanischen Forschern zufolge möglicherweise auch negative Folgen haben. Allerdings beobachtet das Team Finkennester in Mexiko-Stadt seit Jahren, ohne bisher langfristige Schäden für die Vögel zu registrieren. Dies müsse, so die Forscher, allerdings noch genauer untersucht werden. Bis dahin könne der Einbau der Fasern in die Nester als eine Form von Selbstmedikation betrachtet werden.
Grundsätzlich sind weggeworfene Zigarettenstummel Studien zufolge nicht nur ein ästhetisches Ärgernis, sondern auch ein Problem für die Umwelt. Die Filter aus Zelluloseacetat-Fasern zersetzen sich erst nach Jahren. Benutzte Filter enthalten Giftstoffe wie Teer und Nikotin, die in Böden und Gewässer gelangen.
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