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Richtig strafen

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Die Europäische Kommission hat vergangene Woche ein Reflexionspapier zu den EU-Finanzen vorgelegt und somit den Themenkreis der Debatte über die Zukunft der Europäischen Union nach dem Brexit um ein zentrales Element erweitert. Dabei machte die Kommission darauf aufmerksam, dass der Austritt Großbritanniens zu einem erheblichen Loch in der EU-Kasse führen wird, das, sollten keine neuen Einnahmequellen für die EU erschlossen werden, von den Mitgliedstaaten gestopft werden müsse. Damit dürfte denn auch der Kern dieser Debatte ausreichend umrissen sein.

Die 27 sollten die Gelegenheit nutzen und den Haushalt der Union unabhängiger von den Zuwendungen aus den Mitgliedstaaten machen, indem sie diesem weitere Eigenressourcen zugestehen würden. Damit würden zumindest die von so manchen EU-Staaten immer wieder gemachten Kosten-Nutzen-Rechnungen verwässert, wenn Diskussionen zum Budget anstehen.

Ausgeklammert wird allerdings bis auf Weiteres die Frage, ob finanzielle Hilfen aus Brüssel an die Mitgliedstaaten ausgesetzt oder gekürzt werden sollten, wenn sich diese nicht an rechtsstaatliche Prinzipien halten oder beschlossene Gesetze nicht umsetzen. Die Diskussion war nicht zuletzt im Rahmen des Beschlusses über die verbindliche Umverteilung von Flüchtlingen aufgekommen. Bekanntermaßen weigern sich Ungarn, Polen und Tschechien, in Italien und Griechenland gestrandete Asylsuchende aufzunehmen, weshalb sie mittlerweile ein Vertragsverletzungsverfahren am Hals haben.

Falscher Weg

Mitgliedstaaten finanzielle Mittel vorzuenthalten, wenn sie sich nicht an getroffene Entscheidungen halten, wäre jedoch der falsche Weg. Struktur- oder Kohäsionsfonds erfüllen einen anderen Zweck. Sie dienen dazu, die Menschen in den verschiedensten Regionen der EU in die Lage zu versetzen, sich hauptsächlich wirtschaftlich, aber auch kulturell, gesellschaftlich oder politisch weiterzuentwickeln, um den Anschluss an bereits fortgeschrittenere Regionen zu schaffen. Wer Mitgliedstaaten abstrafen will, da sie sich nicht an die gemeinsamen Regeln halten oder rechtsstaatliche Prinzipien verletzen, dem steht das erwähnte Vertragsverletzungsverfahren zur Verfügung. Es mag sein, dass dieses, wie im Fall der Umverteilung von Flüchtlingen, nicht schnell genug angewandt, geschweige denn zum Abschluss gebracht werden kann.

Die Wirkkraft eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes gegen ein EU-Land ist allerdings eine ganz andere als das bloße Zurückhalten von Geldern aus einem Strukturfonds. Neben einer möglicherweise ohnehin finanziellen Einbuße wird mit einem EuGH-Urteil auch moralischer Druck auf den betroffenen EU-Staat ausgeübt. Dieser steht damit quasi am Pranger und muss sich gegenüber den anderen in der Gemeinschaft verantworten.
Im Übrigen sollten sich nicht nur EU-Parlamentarier in einer Resolution Luft machen, wenn einer wie der ungarische Regierungschef Viktor Orban sein Land tendenziell und mit Absicht vom europäischen Wertekanon entfernt. Da wäre es durchaus auch angebracht, wenn die eine oder andere möglichst öffentliche Debatte im Rat der EU-Staaten zum Thema geführt würde.

Een den keng Tomaten op den Aen huet!
4. Juli 2017 - 19.20

Ich möchte nur ein Kommentar eines thechischen Politikers erwähnen: Er sagte dass sein Land bei der Abstimmung der verteilung der Flüchtlinge gegen diese Direktive gestimmt hat. Dass die grosse Mehrheit ihrer Bürger dagegen sind und wenn sie die EU Direcktive befolgten, does gegen den Wilen des Bürgers ihres Landes geschehe. Zu guter letzt sagte er noch etwas ganz wichtiges: " Die Mehrzahl der Flüchtlinge die übers Meer kommen sind in Libyen gestartet. Bevor dieses Land von aussen mit seinen Infrastrukturen und Regierung zerstört wurde war dies nicht der Fall." Dann sagte er noch dass"Die Länder die Libyen mutwillig und ohne UN Mandat zerstört haben, jetzt auch gefälligst die Flüchtlinge aufnehmen!" Ich werde dazu meine Meinung nicht äussern, das soll jeder Leser dieser Zeilen selbst tun!

Ceqfmal
4. Juli 2017 - 1.04

Der Europäische Staatenverbund strotzt nur so vor Prinzipienlosigkeit. In Polen, Tschechien und Ungarn ist man sich dieser Tatsache voll bewußt. Deswegen fürchtet man dort auch nicht das von der EU angestrengte Vertragsverletzungsverfahren. Dieses wird sich ewig hinziehen und wohl kaum zu einem Abschluß gelangen, da hiergegen vonseiten der davon tangierten Staaten mit Sicherheit juristisch vorgegangen wird.

Schaak
3. Juli 2017 - 21.09

Moralischer Druck? In welchem Jahr leben die denn?

Polen und Ungarn scheissen auf die Moral, wir leben im Trump-Limbo Zeitalter, die Stange wird jeden Tag noch tiefer gelegt, bald sind die in einem tiefen Loch angekommen.