Headlines

„Der Motorsport steht am Wendepunkt“

„Der Motorsport steht am Wendepunkt“

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

MOTORSPORT - Anlässlich der jährlichen Motorsportgala ließ es sich der frisch gebackene FIA-Präsident Jean Todt nicht nehmen, trotz der widrigen Wetterbedingungen der Einladung des ACL Folge zu leisten und ins (motorsportlich) kleine Luxemburg zu kommen. Vor der Gala stand Todt der Presse Rede und Antwort. NoNic

Jean Todt ist seit weniger als drei Monaten in seinem neuen Amt und er befindet sich momentan noch voll auf seiner „Besichtigungstour der Automobilclubs der verschiedensten Länder“. So ließ er wissen, dass er u.a. bereits in China, Hongkong, Macao, Bulgarien, Weißrussland war und dass er nun erfreut sei, in Luxemburg zu sein.
Er belobte sich um all das, was er hier in Luxemburg von der Arbeit und der Organisation des ACL gesehen habe. International gehe es jetzt darum, mit allen Ländern die verschiedenen Aspekte des Autos und des Automobilsports anzusprechen und die gesamte Organisation und die Struktur weiter zu verbessern. Er liebe nun mal das Auto und den Automobilsport, und bei weitem nicht nur die Formel 1, sondern alle Motorsport-Kategorien. Genau deshalb habe er auch für das Amt de FIA-Präsidenten kandidiert, so Todt. Das Ganze sei sehr spannend und herausfordernd. Allerdings sind momentan schwere Zeiten für den Motorsport angebrochen. Große Hersteller ziehen sich zurück (wie z.B. Honda, Toyota und BMW aus der F1) oder schrauben das Budget herunter (wie z.B. Renault in der F1, Audi und Peugeot bei den Prototypen oder BMW und Seat in der WTCC)

„Ich bin natürlich kein Zauberer, aber ich habe das Thema bereits unter anderem beim Motorsportforum vor kurzem in Monaco angesprochen. Es gibt sicherlich, zum Beispiel im Bereich der Langstreckenrennen, ein großes Potenzial. Ich möchte hier auf die neu gegründete FIA-GT1-Weltmeisterschaft hinweisen“, erklärte Jean Todt auf Nachfrage des Tageblatt, um dann ins Detail zu gehen: „Allgemein ist das Problem, dass es momentan zu viele Motorsport-Disziplinen gibt, sowohl im Rallyesport wie auch auf der Rundstrecke. Es geht jetzt darum, das Ganze zu optimieren, denn ich bevorzuge klar die Qualität gegenüber der Quantität. Die jetzige Finanz- und Wirtschaftskrise, die immerhin die größte und längste ist, die wir in den letzten Jahrzehnten erlebt haben, hat ohne Zweifel Auswirkungen auf den Automobilsektor und auf den Automobilsport“, so Todt, der in der schwierigen Situation aber auch durchaus eine Chance sieht: „Man soll die Wirtschaftskrise jetzt als eine gute Gelegenheit nutzen, um einmal eine große Inventur der verschiedenen Motorsportserien anzugehen. Wir stehen an einem Wendepunkt und man muss jetzt Synergien finden, die Kosten senken und neue Technologien mit einfließen lassen. An all diesen Punkten habe ich, zusammen mit meiner Mannschaft, bereits gearbeitet und sie stehen auch weiterhin ganz hoch auf unserer Prioritätenliste.“

Schumi-Comeback

Zum F1-Comeback seines Freundes und langjährigen Fahrers Michael Schumacher äußerte sich Jean Todt eher zurückhaltend. „Das war ganz alleine die Entscheidung von Michael. Er ist noch sehr jung, sein „Motorradspielchen“ hat wohl nicht mehr gelangt. Seine Rückkehr in die höchste Klasse des Motorsports, zusammen mit einem großen Hersteller, ist für seine Fans und für die Formel 1 sicherlich eine gute Sache“, sagte Todt, der nicht befürchtet, dass die Formel 1 jetzt zu einer alleinigen „Schumacher-Mania“ werde: „Klar, dass sich jetzt in der Winterpause alle Medien auf sein Comeback stürzen. Aber wenn das Renngeschehen bis angefangen hat, wird die Presse wohl nicht mehr nur von Schumacher sprechen.“

Bemerkenswerter sei da schon der Wechsel von Kimi Räikkönen von der Formel 1 in die Rallye-WM. Todt: „Es ist schon ein großes Wagnis, sich als Formel-1-Weltmeister an Rallye-Assen wie Sébastien Loeb, Mikko Hirvonen und Co. zu messen. Kimis Teilnahme an der WRC ist für die Rallye-Weltmeisterschaft natürlich ein großes Highlight. Man darf zu Anfang jedoch nicht zu viel von ihm verlangen, denn schließlich hat er ein ein Jahr älteres Auto als Citroën-Teamkollegen Loeb und Sordo.“ Selbstverständlich blieb es auch nicht aus, dass der Einstieg der Luxemburger Investmentgesellschaft Genii Capital (von Gérard Lopez, Eric Lux und Romain Bontemps) ins Renault-F1-Team und eventuell auch beim Autobauer Saab angesprochen wurde. Die Tatsache, dass solch neue Investoren in die Formel 1 einsteigen, betrachtet Jean Todt als eine sehr begrüßenswerte Sache.
Der Umweltschutz und somit die neuen Energien und die Verbrauchsminimierung liegen Jean Todt besonders am Herzen. In dieser Hinsicht habe man jetzt die Möglichkeit, diese neuen Iden in die verschiedenen Championate mit einfließen zu lassen. So wies Todt darauf hin, dass z.B. bei den 24 Stunden von Le Mans bereits Anstöße zum Hybrid- und Elektroantrieb laufen. Man lebe momentan in einer sehr spannenden Zeit, was die Entwicklung im Automobilbereich betrifft und somit könne der Motorsport sicherlich seiner Vorreiterrolle gerecht werden.
Auch die Formel 1 müsse sich mit den neuen Energien beschäftigen und sich der Schonung der Umwelt bewusst werden. Das Energie-Rückgewinnungssystem KERS sei letztes Jahr der erste Ansatz gewesen. Sicherlich sei das System kostspielig gewesen und deshalb hätten alle Teams entschieden, es 2010 nicht mehr einzusetzen, doch in der Zukunft müsse man ganz klar neue Wege in Sachen Energierückgewinnung gehen. Die Formel 1 als Königsklasse des Automobilsports müsse hier unbedingt eine Vorreiterrolle übernehmen.