Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri spricht von mindestens zwei Flügen von Gaddafis Privatjet von Tripolis zu einem weißrussischen Flugplatz in den letzten sieben Tagen. Das weißrussische Außenministerium wies die Angaben zurück. Der weißrussische Staatschef Alexander Lukaschenko gilt als letzter Diktator Europas.
Sipri-Experte Hugh Griffiths sagte am Dienstag im schwedischen Rundfunksender SR, ein Überwachungssystem für Waffentransporte habe die Flüge nach Weißrussland zweifelsfrei identifiziert. Erwiesen sei auch, dass das Land in den letzten Wochen 40 Tonnen Waffen an Libyen geliefert habe. Als Zahlungsmittel habe Gaddafi mit seinem Privatjet wahrscheinlich Diamanten in das hoch verschuldete Weißrussland schaffen lassen. Der libysche Staatschef hat allerdings seit Ausbruch der Unruhen eine Flucht ins Ausland stets ausgeschlossen.
«Informationskrieg»
Das weißrussische Außenministerium sprach von «Lüge» und «Informationskrieg» gegen die Führung in Minsk. «Zuerst hat man sich weißrussische Söldner in Libyen ausgedacht und dann die Landung eines Flugzeugs mit Gold und Brillanten aus Libyen erfunden. Und jetzt geht es um die geheimnisvolle Verletzung von Sanktionen des Weltsicherheitsrates», sagte Außenamtssprecher Andrej Sawinych in Minsk. «All dies entspricht nicht der Wirklichkeit», meinte Sawinych nach Angaben von Medien.
Weißrussland warf dem Westen vor, die Ex-Sowjetrepublik gezielt mit Verleumdung international weiter in Verruf bringen zu wollen. Das von Lukaschenko mit harter Hand regierte Land hatte im vergangenen Jahr dem gestürzten autoritären kirgisischen Präsidenten Kurmanbek Bakijew Asyl gewährt. Lukaschenko hatte Proteste gegen seine Wiederwahl im Dezember gewaltsam niederschlagen lassen. Der aus der Haft entlassene Ex-Präsidentenkandidat Ales Michalewitsch warf den Behörden Folter vor und verglich das Gefängnis des Geheimdienstes KGB mit einem «Konzentrationslager».
Militärische Mittel
Inzwischen hat der britische Premierminister David Cameron den Ton gegenüber Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi erneut verschärft. «Wir schließen die Nutzung militärischer Mittel in keiner Weise aus», sagte Cameron in der Nacht zum Dienstag, nachdem der libysche Diktator in einem Interview mit dem britischen Sender BBC erneut bestritten hatte, dass es in der Hauptstadt Tripolis Proteste gebe. «Wir dürfen es nicht tolerieren, dass das Regime Militärkräfte gegen das eigene Volk einsetzt», appellierte Cameron an die internationale Staatengemeinschaft.
Der britische Premier beauftragte Regierungsmitarbeiter, Pläne für eine Flugverbotszone über Libyen zu erstellen. Es könne außerdem darüber nachgedacht werden, die Gaddafi-Gegner mit Waffen zu versorgen, sagte Cameron. «Natürlich müssen wir die internationalen Gesetze einhalten, aber mein Argument ist, dass wir jetzt die Vorbereitung und Planung umsetzen müssen, weil niemand sicher sein kann, was Oberst Gaddafi mit seinem Volk macht.»
Am Montagabend hatte Cameron mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy telefoniert. Sie hätten sich über mögliche Optionen für einen erhöhten Druck auf das Regime abgesprochen, sagte Cameron. Er warnte auch vor den Problemen eines militärischen Eingriffs: «Libyen ist ein riesiges Land.» Es brauche einen beträchtlichen militärischen Aufwand, um das enorme Gebiet zu kontrollieren.
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