Eine Woche nach dem Erdbeben in Japan läuft im Kampf gegen die atomare Katastrophe die Zeit davon: Techniker und Soldaten arbeiten mit Hochdruck an der langen Reihe der Reaktoren 1 bis 4 gegen die tödlichen Bedrohungen aus dem Reaktorkern und den Abklingbecken für abgebrannte Kernbrennstäbe. Die radioaktive Strahlung in der Evakuierungszone um das teilweise zerstörte Kraftwerk stieg am Donnerstag deutlich an, in Tokio blieb sie dank des aufs Meer gerichteten Westwinds unter den gesundheitsschädlichen Werten, wie die Internationale Atomenergieorganisation (IAEA) in Wien mitteilte.
US-Präsident Barack Obama hat angesichts der Nuklearkatastrophe in Japan eine Sicherheitsüberprüfung für die amerikanischen Reaktoren angeordnet. Die US-Atomkraftwerke seien in der Vergangenheit immer wieder «intensiv geprüft» und für sicher befunden worden, sagte Obama am Donnerstag in Washington. Die US-Regierung habe jedoch eine Verpflichtung, aus den Vorgängen in Japan zu lernen.
Obama sagte, die beschädigten Reaktoren in Fukushima stellten für Menschen in der Umgebung ein «bedeutendes Risiko» dar. Es sei indessen nicht zu erwarten, dass schädliche radioaktive Strahlung die US-Territorien im Pazifik oder das amerikanische Festland selbst erreichen werde. (dpa)
Die offizielle Zahl der Erdbeben-Opfer wird mittlerweile mit mehr als 5.300 angegeben, Schätzungen gehen aber mindestens von doppelt so vielen Toten aus. Mehr als 450.000 Menschen haben in Notunterkünften Zuflucht gefunden.
Während es bei der Versorgung mit Lebensmitteln offenbar keine massiven Probleme gibt, fehlt es vor allem an Kraftstoffen und bei der medizinischen Versorgung.
So starben in der Nähe von Fukushima 14 ältere Patienten nach der Evakuierung aus einem Krankenhaus. «Wir hatten einfach nicht die Möglichkeiten, gute Pflege zu gewährleisten», sagte ein Beamter in Fukushima.
Mehrere Länder evakuieren ihre Staatsbürger aus Japan – darunter Frankreich, Tschechien und die USA. (dapd)
Mit Hubschraubern aus der Luft und Wasserwerfern am Boden versuchten die Soldaten, vor allem den havarierten Reaktor 3 zu kühlen. Der Betreiber Tepco wertete den Einsatz als Erfolg, weil Wasserdampf aus dem überhitzten Meiler aufgestiegen sei. Die Behörden gaben dennoch keine Entwarnung.
Mission «Kühlbecken füllen»
Die Hubschrauber können nach einem Bericht des Fernsehsenders NHK 7,5 Tonnen Wasser fassen. Doch das zielgenaue Treffen ist schwierig. «Am wichtigsten ist jetzt, große Wassermengen auf die Reaktorblöcke 3 und 4 zu schütten, vor allem um die Kühlbecken zu füllen», sagte Atombehörden-Sprecher Hidehiko Nishiyama der Agentur Kyodo.
Auch am Freitag soll Block 3 wieder mit Wasser von außen bespritzt werden, wie Regierungssprecher Yukio Edanosagte. Über Block 2 in Fukushima stieg am Abend erneut Rauch auf. Dies zeigten Satellitenfotos, wie Kyodo berichtete.
Entscheidung am Samstag
Ob das große Atom-Desaster noch verhindert werden kann, entscheidet sich nach Einschätzung der Strahlenschutz-Gesellschaft in Hannover vermutlich bis Samstag: Wenn die Kühlversuche an Block 4 des havarierten Atomkraftwerks scheitern sollten, komme es zur Katastrophe. Hier liegen die Kernbrennstäbe außerhalb der Schutzhülle offen in einem Abklingbecken. Andere Fachleute betonten, dass jeder Tag ohne volle Kernschmelze ein gewonnener Tag sei.
Die letzten verbliebenen Arbeiter im Unglücks-Atomkraftwerk sind nach Einschätzung des Präsidenten der Gesellschaft für Strahlenschutz «Todeskandidaten». Die gewaltige radioaktive Strahlung sei für sie eine «Katastrophe», die sie wohl früher sterben lasse, sagte Sebastian Pflugbeil der dpa. Trotzdem meldeten sich japanische Bürger freiwillig, um die Arbeiter im havarierten AKW unterstützen, wie die BBC berichtete.
Erfolg: Stromkabel verlegt
Arbeiter am Atomkraftwerk Fukushima haben nach IAEA-Informationen erfolgreich ein Stromkabel zum Reaktor 2 gelegt. Die Versorgung des Reaktors mit Elektrizität solle aber erst beginnen, wenn die Maßnahmen zur Wasserkühlung des Reaktors 3 von außen abgeschlossen seien, teilten die japanischen Behörden der IAEA mit.
Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Kyodo könnte der Strom am Freitag oder Samstag im Reaktor Zwei angeschaltet werden. Nach Angaben der IAEA ist es aber unklar, ob das Kühlsystem des Reaktors noch so intakt ist, dass es mit Strom wieder in Gang gesetzt werden kann.
Das US-Verteidigungsministerium schickte ein Spezialistenteam für den Kampf gegen die Atomkatastrophe nach Japan. Dem japanischen Militär würden neun Experten für biologische und nukleare Gefahren zur Seite gestellt, sagte Pentagon-Sprecher Dave Lapan am Donnerstag in Washington.
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