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Eisbär Knut ist tot

Eisbär Knut ist tot
(AP)

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Seine niedliche Verspieltheit machte ihn als Baby zum Welt-Star. Nun ist Knut ganz plötzlich am Samstag im Alter von nur vier Jahren im Berliner Zoo gestorben.

Das Tier wurde tot im Wasser treibend gefunden. Von seiner Mutter verstoßen, war der kleine Eisbär liebevoll von dem Tierpfleger Thomas Dörflein aufgezogen worden. Auch dieser starb unerwartet: Mit nur 44 Jahren erlag er 2008 einem Herzinfarkt.

810 Gramm wog der winzige Eisbär bei seiner Geburt am 5. Dezember 2006. Dörflein brachte ihn mit der Flasche durch. Dann der 23. März 2007: Die Weltpremiere des schneeweißen, knuddeligen Knuts, der als Symbol für eine bedrohte Art die Herzen der Menschen eroberte. Die Geschichten und Bilder vom Publikumsliebling, zu dem zu Lebzeiten fast elf Millionen Menschen in den Zoologischen Garten kamen, gingen rasend schnell um die Welt. «Knut tut gut», auf T-Shirts und Kaffeetassen gedruckt, als samtenes Plüschtier, in einer Hauptrolle im Kino-Film «Knut und seine Freunde», im Buch eines amerikanischen Bestsellerautoren.

Millionen-Bär

Dörflein, der ihn auf einer grünen Filzdecke hinter sich her zog, der einen zerknautschten Fußball zu Knut kickte, der mit dem Tier im tiefen Wasser Bauchplatscher und Tauchen übte. Knut, der Männchen machte fürs Publikum und Croissants im Flug auffing und verschlang, die Fans hatten viel zum Lachen. Sie kamen in Scharen wie zu keinem anderen Zoo-Tier in Berlin, Knut stellte sogar Gorilla Knorke, Panda Bao-Bao und Flusspferd Knautschke in den Schatten. Bis zu sieben Millionen Euro an zusätzlichen Einnahmen spülte der Hype um Knut in die Zoo-Kassen.

Die Knut-Story ging ans Gemüt und passte in die Zeit. «Knut steht gegen das Böse in den Nachrichten» sagte einmal sein Bären-Betreuer Heiner Klös im Zoo. Ein US-Kameramann, der Knuts erste tapsige Schritte zusammen mit 500 aus der ganzen Welt nach Berlin geeilten Journalisten beobachtete, weinte bei der Arbeit. Auf Fragen sagte er: «Gestern filmte ich noch im Krieg, und heute darf ich hier sein.»

Herztod

Nach 33 Jahren Pause war Knut der erste wieder in Berlin geborene Eisbär. Sein Zwilling starb vier Tage nach der Geburt, aber Pfleger Dörflein gab nie auf, an seinen Händen nuckelte Knut wie eine schnurrende Großkatze, trank zerstoßenes Katzenfutter mit Milch. Mit Elvis-Presley-Melodien sang Dörflein ihn Gitarre spielend zu Weihnachten in den Schlaf. Im September 2008 starb Dörflein einen plötzlichen Herztod. Sein Grab in Berlin-Spandau wurde von hunderten Knut-Fans besucht, die auch den Tierpfleger ins Herz geschlossen hatten.

Knuts Leben ging weiter. Nun belustigten die Erlebnisse mit seinen ersten Freundinnen die Menschen. Eisbärenmädchen Gianna aus München führte sich zwar etwas grob mit einer krachenden Ohrfeige in Knuts Wohnzimmer ein. Einige Wochen später aber turtelten beide hinter den Bäumen auf dem Bärenfelsen. Inzwischen war auch klar, dass Knut vorbehaltlos dem Zoo Berlin gehörte. In einem spektakulären Gerichtsverfahren waren für 430.000 Euro die Besitzrechte vom Tierpark Neumünster abgekauft worden.

Eisbärendamen

Die Fan-Gemeinde träumte schon von kleinen Knut-Babys. Doch es kam anders: Als Gianna nach München in ihren Heimatzoo Hellabrunn zurück musste, fand Zoo-Chef Bernhard Blaszkiewitz keine glückliche Lösung. Knut verbrachte die letzten Monate seines kurzen Lebens als gerade Vierjähriger und noch nicht geschlechtsreifer Bär in der Gesellschaft von drei alten Eisbärendamen.

Die drei Eisbärendamen – seine Mutter Tosca, Nancy und Katjuscha, alle über 20 – isolierten ihn, ließen ihm auf dem riesigen Bärenfelsen nur wenig Platz. «Mobbing» gegen Knut hieß es in Schlagzeilen. Katjuscha griff ihn einmal so heftig an, dass er rückwärts ins Wasser fiel. Im Netz wurden die Bilder massenhaft angeklickt. Die kanadische Eisbären-Expertin Else Poulsen übte scharfe Kritik. Sein Leben mit den drei Weibchen sei «monoton, nicht zeitgemäß und grausam». Die Tierrechtsorganisation Peta, die Berliner Grünen, der Deutsche Tierschutzbund forderten Verbesserungen in der Haltung. Doch es blieb, wie es war – bis zu Knuts überraschendem Tod, bei dem er auf dem Bärenfelsen und im Wasser ganz allein war.