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Angst vor steigender Strahlenbelastung

Angst vor steigender Strahlenbelastung
(dpa)

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Eineinhalb Wochen nach dem verheerenden Tsunami in Japan wächst die Sorge vor einer radioaktiven Verseuchung des Meerwassers rund um das Atomkraftwerk Fukushima I.

Die Behörden begannen am Dienstag, die Belastung zu messen. Viele Tonnen Wasser aus dem Pazifik werden eingesetzt, um die überhitzten Reaktoren in dem Atomkomplex direkt an der Küste zu kühlen. Experten warnen deswegen, dass auf diesem Wege radioaktive Substanzen in den Pazifik gelangen könnten. Japanische Behörden gehen nach eigenem Bekunden davon aus, dass für andere Staaten keine Gefahr besteht. Zumindest nachweisbar ist die Katastrophe aber in anderen Teilen der Welt: So wurden im mehr als 8000 Kilometer entfernten Island Isotope gemessen, die wahrscheinlich aus Fukushima stammen.

Steigende Reaktortemperaturen
Ein Temperaturanstieg im japanischen Katastrophen-Kraftwerk Fukushima hat die Angst vor einem atomaren Super-GAU erneut angefacht. Zudem zerstreuten Rauch und Dampf über mehreren Reaktorblöcken am Dienstag die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Atomkrise in der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt.

Dennoch nahm die Betreibergesellschaft Tepco die Arbeiten wieder auf, um das nach Erdbeben und Tsunami schwerbeschädigte Kernkraftwerk unter Kontrolle zu bringen.
Reuters

Experten machen sich vor allem wegen drei radioaktiven Stoffen Sorgen: Iod-131, Caesium-134 und Caesium-137. So kann Caesium-137 jahrhundertelang in der Umwelt bleiben und Schaden anrichten. Wenn Menschen damit in Berührung kämen, könne es zu Krämpfen, ungewollten Muskelkontraktionen und sogar zum Verlust der Gehfähigkeit kommen, sagt der Hongkonger Wissenschaftler Lee Tin-lap. Langfristig kann Krebs entstehen. Die Strahlung verteilt sich über winzige Tröpfchen in der Luft, kann eingeatmet werden und mit Hilfe von Regen ins Meer oder in den Boden gespült werden. Das größte Risiko besteht für Kinder und Föten, weil sich deren Zellen besonders oft teilen und die eventuell von Strahlung geschädigten Erbinformationen möglicherweise nicht schnell genug vom Körper repariert werden können.

Unendliche Strahlung

Der AKW-Betreiber Tepco registrierte nach einem Bericht der Agentur Kyodo am Montag einen Caesium-137-Wert, der den Grenzwert um das 16,5-fache überstieg. Bei Iod-131 war es demnach sogar das 126,7-fache. Japanische Behörden sagten jedoch, dass sich die Strahlung im Wasser verteile und keine Gefahr für Menschen darstelle.

Auch manche Experten rechnen vor, dass kein Grund zur Panik bestehe. So wurde in japanischem Spinat am Wochenende eine Caesium-137-Belastung von 350 Becquerel je Kilogramm gemessen. In der Europäischen Union liegt der Grenzwert bei 1000 Becquerel für Milchprodukte und 1250 Becquerel für andere Nahrungsmittel. Anders sieht die Belastung mit Iod-131 aus. Diese Isotope übertrafen in Japan die in der EU gültigen Grenzwerte. Was aber den Schrecken von Iod-131 etwas nimmt: Innerhalb von 80 Tagen ist es faktisch nicht mehr radioaktiv.

Verseuchte Fische

Die Katastrophe spüren unterdessen auch die Fischhändler auf dem berühmten Tsukiji-Markt in Tokio. Kunden fragten besorgt, ob die Produkte aus dem vom Tsunami getroffen Nordosten Japans stammten, berichtet ein Händler. Das weist der Verband der Fischereigenossenschaften zurück. «Aus den betroffenen Gegenden kommt kein Fisch. Also kann der Fisch auch nicht verseucht sein», sagt Rika Tatsuki. Wegen geplanter Stromabschaltungen und ausgefallenen Zügen bleiben ohnehin viele Kunden aus. Auch Restaurantbesitzer haben weniger Kundschaft. «Die Leute kaufen einfach nicht», sagt Großhändler Haruo Shinozaki.