Eine Strahlenbiologin spricht Klartext. Derweil bringen sich mehr und mehr Menschen in Lebensgefahr.
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Das von einer Kernschmelze bedrohte japanische Atomkraftwerk in Fukushima ist nach Einschätzung des Strahlenbiologen Edmund Lengfelder nicht mehr zu retten. Lengfelder sagte am Montag im Deutschlandfunk, die Darstellung der japanischen Regierung, wonach es in Reaktor 2 des beschädigten Atomkraftwerks Fukushima-Daiichi lediglich eine partielle und vorübergehende Kernschmelze gebe, sei «verharmlosend» und eine «Fehlinformation für die Öffentlichkeit». Die Kernschmelze sei nicht mehr zu verhindern.
Nach Ansicht des Leiters des Münchener Otto Hug Strahleninstituts ist die befürchtete Kernschmelze schon seit Längerem eingetreten. Bei einer Kernschmelze erhitzen sich die Brennstäbe sehr stark, schmelzen schließlich und tropfen auf den Boden, wobei stark radioaktives Material frei wird. «Das kann man aus der Freisetzung der entsprechenden Radionuklide ableiten. Und nachdem eine Kühlung nicht mehr möglich ist und die Brennstäbe und möglicherweise auch das Inventar im Druckgefäß vor sich hin reagiert, ist einfach die Kernschmelze zwangsläufig da, und sie wird auch noch lange Zeit andauern.»
Keine konkrete Beweise
Eindeutige Beweise für eine vollständige Kernschmelze gebe es bislang aber nicht, sagt hingegen Horst May, Sprecher der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) in Köln. «Es gibt bis jetzt keinen eindeutigen Hinweis, aber eine teilweise Kernschmelze würde uns nicht überraschen», sagte er am Montag in einem dpa-Gespräch.
Das Bemühen der japanischen Regierung, die defekten Reaktoren mit Wasser zu kühlen, sei laut Edmund Lengfelder ein «hilfloses Unterfangen» und der Versuch, «zu bremsen, wo es nach meiner Meinung nicht zu bremsen geht». Lengfelder hält es für notwendig, die Schutzzone um die Reaktoren herum auf einen Umkreis von mindestens 50 Kilometer auszudehnen. Es komme jetzt darauf an, eine weitere Strahlenbelastung für die Bevölkerung durch Evakuierungen zu vermeiden.
Sarkophag
Die Kernschmelze wird nach Einschätzung Lengfelders «irgendwann selbst zum Erliegen kommen, dann, wenn das geschmolzene Metall der Brennstäbe und der Hüllen, wenn das dann durch Verteilung auf eine größere Fläche mit dem Sand, mit dem Erdmaterial des Untergrundes, mit dem Beton des Reaktorgebäudes verschmolzen ist zu einer riesigen Masse und dann ganz langsam im Lauf – langsam bedeutet aber im Laufe von zig Jahren – abkühlt». Derweil müssten die Reaktoren oben abgedeckt werden durch einen Sarkophag oder durch Sand, damit die gasförmige Freisetzung von Radioaktivität gestoppt werde, sagte der Professor, der sich viele Jahre intensiv mit den Folgen der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl befasst hat.
Lengfelder bescheinigte der Sowjetunion im Katastrophenfall von Tschernobyl 1986 ein vergleichsweise konsequenteres Krisenmanagement. So sei damals viel schneller weiträumig evakuiert worden, in einem allerdings auch viel schwächer bewohnten Gebiet. Das japanische Krisenmanagement wertete der Strahlenexperte als «wirklich nicht für gut und nicht vertrauenswürdig».
Japaner kehren in Gefahrenzone zurück
Trotz der weiter kritischen Lage am havarierten Atommeiler Fukushima kehren zahlreiche Anwohner in die Gefahrenzone zurück. Vor allem älteren Menschen sorgten sich um ihre Häuser und wollen nicht länger in Notfallunterkünften bleiben, berichtete der japanische Nachrichtensender NHK am Montag.
Die Behörden in Japan hatten die Bewohner im Umkreis von 20 Kilometern um das Kraftwerk Fukushima Eins aufgefordert, das Gebiet zu verlassen. Den Menschen in einer Zone von 20 bis 30 Kilometern wurde zudem empfohlen, in ihren Häusern zu bleiben, um radioaktive Verstrahlung zu vermeiden. Letzte Woche riet die Regierung dann den Bewohnern der äußeren Zone, das Gebiet freiwillig zu räumen. Als Grund gaben die Behörden an, dass die Versorgung der Menschen immer schwieriger werde.
Gesundheitsrisiko zu groß
Die Regierung warnte nun am Montag die Menschen aus der 20-Kilometer-Zone um das AKW-Warck, sie sollten vorerst nicht nach Hause zurückkehren. Das Gesundheitsrisiko sei viel zu groß.
Doch viele der Flüchtlinge, vor allem aus dem Gebiet etwa 20 bis 30 Kilometer vom Kraftwerk entfernt, kehren trotz der Warnungen zurück, berichtete NHK. Die Menschen seien erschöpft vom Leben in den Notlagern. Sie wollten wieder nach Hause, sagte die Provinzregierung von Fukushima. Man werde die Zentralregierung in Tokio bitten, die Lieferung von Hilfsgütern in die Evakuierungszone aus diesem Grund zu verstärken.
Laut Medienangaben lebten ursprünglich etwa 140 000 Menschen im Umkreis von 20 bis 30 Kilometern um Fukushima Eins. Es blieb unklar, wie viele davon noch in dieser Zone ausharren.
Der AKW-Betreiber Tepco und die Behörden bekommen die Strahlung im AKW Fukushima nicht in den Griff. Jeden Tag werden neue, stark erhöhte Werte gemessen
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