Der Vermisstenfall Tanja Gräff lässt die Trierer Polizei nicht los. Drei Ermittler haben sich erneut die Aktenordner vorgenommen, um doch noch einen Hinweis auf das Schicksal der 21-jährigen Studentin aus Korlingen bei Trier zu finden. Seit Monaten durchforstet das Trio akribisch alle 800 «Spuren», die seit dem Verschwinden Tanjas vor fast vier Jahren angelegt wurden. Aber: Nichts. Vor kurzem erst suchten Spezialisten das felsige Gelände an der Fachhochschule Trier – wo Tanja zuletzt gesehen worden war – mit einem unbemannten Minifluggerät samt Kamera ab. Und: Keine Spur. Am Mittwoch wird der Fall Tanja Gräff Thema einer Spezialsendung von «Aktenzeichen XY … ungelöst» sein.
«Mit den Informationen, die wir jetzt haben, ist die Chance relativ gering, den Fall noch zu klären», sagt der Leiter des Kommissariats für Kapitaldelikte der Kriminaldirektion Trier, Christian Soulier. Rückblick: Tanja war bei einem Sommerfest an der Fachhochschule spurlos verschwunden. Ihr letztes Lebenszeichen war ein Handy-Telefonat um 4.13 Uhr morgens mit ihren Freunden. «Dann reißt die Informationskette ab». Die Polizei geht davon aus, dass die Frau Opfer eines Gewaltverbrechens geworden ist. Warum das so schwer aufzuklären ist? «Es gibt keinen Tatort, kein Fundstück.» Heißt, die klassischen Ermittlungsmethoden kommen gar nicht erst zum Tragen. Eine Spur führte auch nach Luxemburg, verlief allerdings im Sand.
Hoffnung geben
Im September 2007 war Tanjas mysteriöses Verschwinden schon einmal bei «Aktenzeichen XY … ungelöst» behandelt worden. Da setzten die Ermittler vor allem auf neue Hinweise zur Aufklärung der Tat. Bei dem XY-Spezial am Mittwoch aber widmet sich die Sendung – erstmals in ihrer 44-jährigen Geschichte – nur einem Thema: Vermissten Kindern. Darin stehe vor allem im Fokus, wie Eltern mit dem plötzlichen Verschwinden ihres Kindes fertig werden, sagt die Redaktionsleiterin der Sendung, Ina-Maria Reize, in München.
Neben Tanjas Fall werden drei weitere Vermisstenfälle nachgestellt – und Angehörige zu Wort kommen. Auch Tanjas Eltern sind dabei. Ebenso ins Studio kommen soll die Mutter von Natascha Kampusch, Brigitta Sirny-Kampusch. «Sie will den Angehörigen Hoffnung geben», hieß es. Ihre Tochter Natascha war als zehnjähriges Mädchen in Wien entführt und acht Jahre lang gefangen gehalten worden.
Mit Herzblut
Trotz wenig Hoffnung – die Trierer Ermittler geben nicht auf. «Da hängt man schon mit Herzblut dran», sagt Soulier. Was der Durchbruch sein könnte? «Es müsste ein Zeuge kommen, der was ganz Neues hat. Oder man findet einen Tatort, ich denke an den berühmten Pilzsammler.» Nach wie vor gebe es auch neue Hinweise, etwa ein bis zwei die Woche. Aber in letzter Zeit seien diese sehr weit hergeholt. Alle bisherigen «Spuren» führten zu einem Punkt, «wo wir nicht weiter kommen», sagt Soulier.
Probleme bereiten der Polizei die «Internet-Ermittler»: «Sie kombinieren Fakten, Theorien, Spekulationen, Vermutungen und machen daraus komplett neue Geschichten», sagt der Kommissariats-Leiter. Diese «massive Spinnerei» mache den Beamten zu schaffen. Auch Hinweise von Leuten, die Tanja angeblich gesehen haben wollen, kosteten Zeit. Ob in Bangkok, Frankreich oder sonst wo.
Drei Spurenleser
Die drei «Spurenleser» haben inzwischen knapp die Hälfte der Akten durchforstet. Im Oktober wollen sie mit allem durch sein. «Es ist die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, wobei wir den Heuhaufen noch nicht gefunden haben», sagt Ermittler Dieter Borresch. Und danach? Dann werden die drei großen Schränke mit Aktenordnern erstmal wieder geschlossen – bis dann eine neue Spur auftaucht. Vielleicht dann eine heiße.
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