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Die Lage in Fukushima ist unberechenbar

Die Lage in Fukushima ist unberechenbar
(Reuters)

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Japans Atomaufsicht hat mit neuen Erkenntnissen zum Zustand des havarierten Kernkraftwerks Fukushima geschockt: Brennstäbe in drei der sechs Reaktoren seien beschädigt.

Und es sei sehr wahrscheinlich, dass die Schutzhüllen nicht mehr völlig dicht hielten, teilte die Behörde am Dienstag mit. Betroffen seien die Blöcke 1, 2 und 3 – und mit letzterem also auch jener Reaktor, in dem Plutonium Teil des verwendeten Brennstoffmixes ist. Zuvor hatten Funde des extrem giftigen und krebserregenden Schwermetalls im Bereich der Kraftwerksruine Ängste über das wahre Ausmaß der bereits jetzt schlimmsten Atomkatastrophe seit Tschernobyl vor einem Vierteljahrhundert geschürt.

Experten äußerten die Vermutung, dass das gefundene Plutonium entweder aus einem Abklingbecken oder direkt aus dem Reaktor 3 stammt. «Plutonium ist eine Substanz, die bei hohen Temperaturen emittiert wird. Es ist außerdem schwer und entweicht daher nicht so leicht», erläuterte der stellvertretende Chef der Atomaufsicht, Hidehiko Nishiyama. «Wenn also Plutonium aus dem Reaktor entwichen ist, sagt uns das etwas über die Schäden am Brennstoff aus. Und wenn es die ursprüngliche Schutzhülle durchbrochen hat, unterstreicht das die Schwere und das Ausmaß dieses Unfalls.»

Evakuierungszone ausweiten

Plutonium hat eine Halbwertzeit von 24.000 Jahren. Der Stoff wird auch zum Bau von Atomwaffen benötigt. In der Natur kommt er nicht vor. Die auf dem AKW-Gelände gefundene Menge sei allerdings nicht gesundheitsgefährdend, erklärte die Atomaufsicht. In der Opposition wurde dennoch am Dienstag die Forderung an die Regierung von Ministerpräsident Naoto Kan laut, die Evakuierungszone rund um Fukushima auszuweiten. Damit müssten zusätzlich zu den bereits in Sicherheit gebrachten 70.000 Bewohnern weitere 130.000 Menschen ihre Wohnorte verlassen.

Fehlende Informationen und widersprüchliche Daten machen Experten zufolge die Einschätzung der Geschehnisse in Fukushima schwer. Die Regierung hatte am Montag eingeräumt, dass es in dem Reaktorkomplex vermutlich zu einer Kernschmelze gekommen sei. Der umstrittene Kraftwerksbetreiber Tepco bemühte sich, die Bedeutung der Plutonium-Funde herunterzuspielen. Die Spuren des Stoffes seien nicht größer als jene, die in der Vergangenheit nach Atomwaffentests in der Atmosphäre gemessen worden seien. «Ich entschuldige mich dafür, Menschen in Sorgen gestürzt zu haben», sagte Tepco-Vizepräsident Sakae Muto. Kritiker werfen dem Stromriesen lasche Sicherheitsvorkehrungen und eine zu langsame Reaktion auf die Katastrophe vor. Konzernchef Masataka Shimizu hat sich kaum in der Öffentlichkeit blicken lassen.

Hohe Verluste

Der für die Nationale Strategie zuständige Minister Koichira Gemba sagte, als Konsequenz aus den Vorgängen könnte die Regierung Kan die Verstaatlichung von Tepco diskutieren. Eine entsprechende Entscheidung ist zwar noch nicht gefallen, Anleger trennten sich dennoch in Scharen von Tepco-Aktien. Die Papiere wurden schließlich vom Handel ausgesetzt, nachdem sie 19 Prozent ins Minus gerutscht waren. Insgesamt haben die Aktien seit dem Erdbeben und Tsunami am 11. März 70 Prozent ihres Wertes verloren.

Japan bemüht sich indes um Unterstützung und Rat aus Frankreich, wo 75 Prozent des Stroms in 58 Atomreaktoren produziert wird. Kein anderes Land ist so abhängig von der Kernenergie wie Frankreich. Experten des französischen Energieriesen Areva sowie der französischen Atomenergiebehörde werden in Japan erwartet, ebenso wie Präsident Nicolas Sarkozy, der am Donnerstag in seiner Funktion als derzeitiger Vorsitzender der G-20 und G8 in das Land reist. Vorgesehen ist ein Treffen mit Kan.