Auslöser damals war der Anschlag auf die von US-Soldaten frequentierte West-Berliner Diskothek La Belle am 5. April 1986. In jenem Frühjahr stehen die USA und Libyen an der Schwelle eines Krieges. Washington sieht den Wüstenstaat als Zentrum des Terrorismus, Tripolis macht Amerika für den Verlust von Kriegsschiffen verantwortlich. Da geht in der libyschen Botschaft in Ostberlin im März ein ominöses Telex aus Tripolis ein: die «Erlaubnis» für einen Anschlag auf Amerikaner in Deutschland. In der Nacht zum 5. April reißt in der Diskothek La Belle eine Bombe in der Nähe der Tanzfläche drei Gäste in den Tod und verletzt 230 Menschen, viele von ihnen schwer.
So schildert 15 Jahre später am Ende eines langwierigen und mühseligen Prozesses vor dem Berliner Landgericht der Vorsitzende Richter Peter Marhofer die Vorgeschichte eines der «heimtückischsten und gemeingefährlichsten Verbrechen der deutschen Geschichte», wie er es nennt. Er verurteilt drei Männer und eine Frau für die Vorbereitung und Durchführung des Anschlags zu langjährigen Haftstrafen und nennt zugleich den libyschen Geheimdienst als Auftraggeber beim Namen. Die Angeklagten seien auf skrupellose Weise für eine politische Machtdemonstration missbraucht worden.
Verrückter Hund
Während sich die deutsche Justiz mit der Beweislage schwer tat und erst nach der Wende an einschlägige Stasi-Akten herankam, stand für US-Präsident Ronald Reagan gleich fest, dass «der verrückte Hund des Nahen Ostens» dahintersteckte. Die Saat für den US-Angriff am 15. April 1986 wurde bereits im Dezember 1985 gelegt, als Libyen für Bombenanschläge auf den Flughäfen Wien und Rom verantwortlich gemacht wurde. Reagan schickte Flugzeugträger vor die libysche Küste. Bei Scharmützeln in der Großen Syrte büßte Libyen mehrere Schiffe ein – möglicherweise der Auslöser für den La-Belle-Anschlag.
Der auf das Blutbad in Berlin folgenden «Operation El Dorado Canyon» der USA fielen auch Zivilpersonen zum Opfer, darunter eine Adoptivtochter Gaddafis. Bei ihrem Vergeltungsschlag vor einem Vierteljahrhundert standen die USA alleine da; Frankreich, Spanien und Italien verweigerten ihren Kampfflugzeugen die Überflugrechte. Dieses Mal war Frankreich ganz vorn an der Seite des Aufstands gegen Gaddafi in Libyen, Italien stellt Stützpunkte zur Verfügung. Die Stadt Bengasi, deren Kasernen 1986 ein wichtiges Angriffsziel der Amerikaner waren, ist heute die Hochburg der Rebellen.
PanAm-Anschalg
Die «Operation El Dorado Canyon» sollte noch nicht das Ende des Blutvergießens sein. Keine zwei Jahre später folgte der Bombenanschlag auf eine PanAm-Maschine über dem schottischen Lockerbie, zu dem sich Libyen erst später bekannte. Nach Jahrzehnten der Wirtschaftssanktionen und Reiseverbote schwor Gaddafi schließlich dem Terrorismus ab, Verhandlungen mündeten in die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen und in gewissem Maß zur Zusammenarbeit gegen Terrornetzwerke.
Als Gaddafi aber im Februar die in Libyen wie anderswo in Nordafrika aufkeimende Protestbewegung brutal niederschlagen ließ, war es nur eine Frage von Wochen, bis US-Kampfflugzeuge wieder zum Angriff starteten.
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