Mehr als jeder fünfte ThyssenKrupp-Mitarbeiter soll den Konzern verlassen: Mit einem massiven Umbauprogramm will der neue Konzernchef Heinrich Hiesinger Deutschlands größten Stahlriesen auf Kurs bringen. Gut drei Monate nach seinem Amtsantritt hat der ehemalige Siemens-Manager seine neue Strategie vorgelegt. Der hoch verschuldete Dax-Konzern soll sich danach von fast einem Viertel seines Umsatzes von rund 42 Milliarden Euro und rund 35 000 seiner weltweit rund 177 000 Mitarbeiter trennen.
" class="infobox_img" />Der neue Chef Heinrich Hiesinger will den Konzern sanieren. Der Essener Stahlgigant ThyssenKrupp steht vor massiven Einschnitten.
Das traditionsreiche Geschäft mit Edelstahl wird ebenso zur Disposition gestellt wie weite Teile des Autozulieferer-Geschäfts, wie das Unternehmen in der Nacht zu Freitag mitteilte. Der Aufsichtsrat muss den Plänen am Freitag kommender Woche noch zustimmen. Einzelheiten zu seinem Konzept will Hiesinger im Anschluss an die Sitzung vorstellen. An der Börse sorgten die Veröffentlichung der Pläne für einen deutlichen Kursanstieg der Thyssen-Krupp-Aktie um mehr als 8,5 Prozent bis zum späten Nachmittag.
Ziel: Schuldenberg mindern
Der Umbau soll dazu beitragen, den auf dem Unternehmen lastenden Schuldenberg von rund 5,8 Milliarden Euro zu mindern. Bei seinem Amtsantritt hatte Hiesinger dem Schuldenabbau oberste Priorität eingeräumt. Hohe Anlaufverluste durch den Neubau von Stahlwerken in Brasilien und den USA hatten den Schuldenstand in den vergangenen Monaten immer weiter in die Höhe getrieben.
Gleichzeitig will der ehemalige Siemens-Manager die Technologie-Sparte des Stahl-Konzerns weiter stärken und globale Trends vor allem in den Schwellenländern nutzen. Damit dürfte die traditionsreiche Stahlsparte des Konzerns, die im vergangenen Geschäftsjahr mehr als ein Drittel zum Konzernumsatz beisteuerte, deutlich an Gewicht verlieren.
Sozialverträgliche Lösungen
Von den rund 35 000 von den Umstrukturierungen betroffenen Mitarbeitern sind etwa 40 Prozent oder 14 000 im Inland beschäftigt. Aus Kreisen der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat hieß es am Freitag, dass man nun die Gespräche über sozialverträgliche Lösungen und die Sicherung von Standorten beginnen müsse. Die Gewerkschaft IG Metall kündigte an, sich für die Sicherung der Arbeitsplätze einsetzen zu wollen. Bei der geplanten Abgabe eines Umsatzes von rund 10 Milliarden Euro entfallen rund 30 Prozent auf das Inland und rund 70 Prozent auf das Ausland.
Größter Brocken bei dem geplanten Konzernumbau ist die Trennung von dem seit Jahren schwächelnden Bereich Edelstahl (Stainless), der im vergangenen Geschäftsjahr 2009/2010 (30.9.) einen Umsatz von rund 5,9 Milliarden Euro erzielt hat. Von den rund 11 000 betroffenen Mitarbeitern arbeitet etwa jeder zweite im Inland. Denkbar sind dabei sowohl ein Börsengang wie auch eine strategische Partnerschaft. Bereits Ex-Konzernchef Ekkehard Schulz hatte versucht, für die lange defizitäre Sparte einen Partner zu finden.
Im Bereich Automobilzulieferung sollen bei mehreren ThyssenKrupp-Unternehmen unter anderem auch in den USA und Brasilien Verkäufe oder strategische Partnerschaften angepeilt werden.
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