«Das Kind wird in seinem späteren Leben anfälliger für Stress und psychische Erkrankungen», erklärt Prof. Thomas Elbert. Die Kinder seien ängstlicher und weniger neugierig.
Dass es einen Zusammenhang zwischen der Stressbelastung bei Schwangeren und den veränderten Verhaltensweisen bei deren Kindern gibt, wurde bisher von den Wissenschaftlern schon vermutet. Eine Forschergruppe von Psychologen und Biologen der Universität Konstanz konnte jetzt jedoch auf genetischer Basis diesen Zusammenhang beim Menschen nachweisen.
Änderung der Genaktivität
Die Arbeitsgruppen des Psychologen Prof. Thomas Elbert und des Evolutionsbiologen Prof. Axel Meyer, zeigten auf, dass eine andauernde Bedrohungssituation bei einer Schwangeren eine epigenetische Veränderung bewirkt, heißt es in einer Mitteilung der Universität Konstanz. Dabei wird nicht die Bausteinfolge im Gen selbst verändert, sondern seine Aktivität. Als andauernde Bedrohungssituation gilt zum Beispiel häusliche Gewalt oder massive Existenzangst.
Die Forscher haben die epigenetische Veränderung am Glucocorticoid Rezeptor-Gen nachgewiesen. Diese Erbanlage werde mit Verhaltensauffälligkeiten und der Anfälligkeit für seelische Erkrankungen in Zusammenhang gebracht. «Der Körper der Mutter signalisiert diesen Kindern, dass sie in einer bedrohlichen Umgebung aufwachsen werden», erklärt Prof. Elbert. «Deshalb gehen diese Kinder bei Stresssituationen schneller in ihren Flucht- oder Kampfmodus, wo andere Kinder noch cool bleiben und sich die Dinge erst einmal anschauen wollen». Prof. Axel Meyer ergänzt: «Wir hatten nicht erwartet, dass sich diese Bedrohungseinflüsse so deutlich im menschlichen Genom nachweisen lassen».
Einschlägige Veränderungen bei 10- bis 19-Jährigen
Die Konstanzer Forscher haben einschlägige Veränderungen im Gen bei 10- bis 19-jährigen Kindern gefunden, deren Mütter während der Schwangerschaft häuslicher Gewalt ausgesetzt waren. Die Wissenschaftler hatten Daten von 25 Müttern und deren Kindern in die Studie aufgenommen. Ab welchem Stadium der Schwangerschaft die Gene der Kinder beeinflusst werden und welches Level von emotionalem Stress die Veränderungen auslöst, ist noch nicht klar. Ob Stress im Beruf oder im Alltag schon ausreiche, um die Veränderungen hervorzurufen, können die Forscher noch nicht sagen.
Außerdem weisen sie selbst ausdrücklich darauf hin, dass ihre Studie zwar deutliche Befunde zeige, dass dies aber noch kein letztgültiger Beweis eines kausalen Zusammenhangs zwischen mütterlicher Gewalterfahrung und den Erbgut-Veränderungen bei ihren Nachkommen ist. Die Wissenschafter haben weiter Forschungen zu diesem Thema angekündigt.
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