Auch Techno-Fans haben die Qual der Wahl. Mehr als 300 DJs auf über 20 Bühnen konkurrieren an diesem Wochenende um die Aufmerksamkeit der zu erwartenden 55 000 Raver, darunter auch viele Luxemburger. Beim Mega-Festival «Nature One» stehen seit Freitagabend die ganz großen Namen wie Sven Väth und Paul van Dyk im Programm und auf den vier Hauptbühnen. Parallel dazu haben bis SonntagmorGen Clubs aus ganz Europa ihre «Zweigstellen» auf der einstigen Raketenbasis aufgebaut.
Zu den Zeiten, als noch Cruise Missiles-Raketen auf der Pydna lagerten, wurde manches Geheimnis um das Gelände gemacht. Was allerdings bei «Nature One» alljährlich unweit des Städtchens Kastellauns geschieht, ist weder zu übersehen noch zu überhören. Schon von weit her erleuchten endlos scheinende grüne Laserstrahlen den Nachthimmel. Je näher man dem Gelände kommt, desto kräftiger wird das Wummern der Beats. Auch in der Nahaufnahme bestimmen Sounds und Licht das Geschehen. Die überwiegend jugendlichen Besucher zappeln schon an der Einlasskontrolle nervös, sie kommen langsam in den Rhythmus, der früher oder später für alle in dem Festivalmotto münden soll: «Go Wild – Freak Out».
Ausflippen erwünscht
Ausflippen ist also ausdrücklich erwünscht bei dem Spektakel auf dem endlos weitläufigen Gelände, das ein wenig wie ein gigantischer Jahrmarkt ohne Autoscooter wirkt. Dafür können die Festivalgänger problemlos eine Achterbahnfahrt durch die elektronische Musik erleben. Während um 01.00 Uhr morgens der weibliche DJ-Star Monika Kruse im riesigen Zirkuszelt Tausende in Ekstase versetzt, lockt die «Hardtechno Family» nur eine Handvoll Eingefleischte an. Die überwiegend schwarz Gekleideten bewegen sich dafür umso intensiver zu den härtesten aller Technobeats. Derweil geht es beim «Vogue Club», der Anlaufstelle für Schwule und Lesben, unter glitzernder Deko fast schon poppig zu.
«Das Nature One hat Kultstatus, da ist man schon kribbelig», sagt DJ Tom Novy, der in diesem Jahr auch die Hymne für das Festival liefert. Er schwärmt von der positiven Energie, mit der er das manchmal harte Pensum an den Plattentellern durchstehe: «Ich bin nicht DJ geworden, um Weiber abzuschleppen oder Geld zu verdienen, sondern weil ich die Musik so liebe.»
Tanzen, zappeln, zucken
Ganz nach Belieben wird unter freiem Himmel, in Zelten oder in langen und besonders verschwitzten Betonschläuchen getanzt, gezappelt und gezuckt. Bei Künstlern und Publikum spielt dabei auch das Outfit eine große Rolle. Während aber DJs stylisch, lässig und innovativ daherkommen, hat sich in der Technomode offenbar seit Jahrzehnten nichts geändert: Farbige Military-Klamotten, Schlaghosen in Knallfarben und Utensilien wie Leuchtstäbe oder überdimensionale Plastikbrillen prägen das Bild.
Bei aller guten Laune bleibt auch das Love Parade-Unglück ein Thema. «Der Respekt den Opfern gegenüber verlangt, dass erst eine Lösung für das Drama gefunden wird und die Verantwortlichen gefunden sind, bevor man mit der Love Parade weitermacht», sagt DJ Tom Novy. Es gebe immer mehr Festivals für elektronische Musik. Aber: «Die Szene ist sehr engstirnig geworden. Die vielen Veranstaltungen haben fast die gleichen Line-Ups.»
Die ersten Stunden auf den Dancefloors verlaufen friedlich, nennenswerte Vorkommnisse gibt es nicht, teilt die Befehlsstelle am Samstagvormittag mit. Die Drogensünder, die sich alljährlich mit meist kleineren Mengen Kokain, Marihuana und Ecstasy für den Tanz-Marathon fit machen, erwähnt der Sprecher dabei nicht. Mit einem Großaufgebot nehmen seine Kollegen von Polizei und Zoll auch in diesem Jahr die Anreise der Raver unter die Lupe. Sie durchsuchen die Autos, lassen Spürhunde an den Kofferräumen schnüffeln, scannen und filzen die Taschen. Weniger finden als im vergangenen Jahr werden sie wohl nicht: «Es lässt sich schon absehen, dass es im selben Maß bleibt», sagte ein Polizeisprecher.
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