Das Tageblatt nutzte diese Gelegenheit, um ihm vor dem Rennen in Valencia exklusiv einige Fragen zu seinen vergangenen, aktuellen und zukünftigen Rennaktivitäten zu stellen.
Tageblatt: Herr Schumacher, ist dies Ihr erster Besuch in Luxemburg in Sachen Automobilsport?
Ralf Schumacher (grinst und gesteht): «Nicht nur in Sachen Automobilsport ist dies mein erster Abstecher nach Luxemburg. Ich bin überhaupt jetzt erst zum ersten Mal in Ihrem Land. Ich glaube, ich bin einmal durchgefahren, war aber noch nie zu einem Aufenthalt hier.»
Sie sind professioneller Rennfahrer. Dieser Beruf bedeutet jedoch nicht nur Training und Rennen bestreiten, sondern ist auch mit einer ganzen Reihe von Presse- und Marketingevents verbunden. Welchen Prozentsatz nimmt Letzteres in Ihrem Rennfahrerleben ein?
«Ich muss sagen, was meine Person betrifft, so setzt Mercedes mich etwa 20 Tage im Jahr für Marketingevents ein. Daneben gibt es dann noch den einen oder anderen Fernsehauftritt oder Präsenzen bei Ausstellungen, wie kürzlich bei der IAA. Die meisten Presse- und Marketingevents finden aber an den Rennwochenenden selbst statt. Hier gibt es dann sowohl Interviews mit der Presse als auch Veranstaltungen, wo Gäste geladen sind. Diese Events nehmen dann schon viel Zeit in Anspruch. Aber das ist ja ganz normal und gehört dazu.»
Kommen wir zur DTM. Dies ist nun Ihre vierte Saison und Sie waren beim Auftaktrennen Dritter, danach Zweiter in Spielberg. Wann kommt denn jetzt der längst fällige erste DTM-Sieg?
(grinst erneut) «Nun ja, ich bin schon froh, dass es jetzt so gut gelaufen ist. Die ersten drei Jahre waren ja schon sehr schwierig. Ob es jetzt noch zu einem Sieg kommt oder nicht, ist schwer zu sagen. Die Konkurrenz ist sehr stark und bei den letzten Rennen haben wir uns Fehler geleistet: Beim Regen in Brands Hatch hatten wir die falsche Abstimmung und in Oschersleben habe ich einen Fahrfehler gemacht. Es kommen jetzt noch zwei Rennen auf Strecken (Valencia und Hockenheim), die unserer Mercedes-C-Klasse gut liegen dürften – mal sehen …»
In der DTM gibt es dieses Jahr mit Hankook einen neuen Ausrüster. Diese neuen Reifen scheinen Ihrem Fahrstil entgegenzukommen?
«Ich weiß nicht. Der Reifen vermittelt mehr Grip als die letztjährigen Dunlop und hat auch ein breiteres Arbeitsfenster, was meinem Fahrstil in der Tat vielleicht etwas entgegenkommt. Dazu kommt aber sicherlich auch, dass ich nun vier Jahre DTM-Erfahrung mitbringe, was natürlich auch hilfreich ist.»
Ihre Teamkollegen Jamie Green und Gary Paffett schienen da etwas mehr Probleme gehabt zu haben?
«Gary und Jamie hatten es dieses Jahr oftmals schwer. Der Speed war zwar immer da, vielleicht aber nicht immer, als es darauf ankam.»
Sie sind nach erfolgreichen Jahren in der Formel 1, bei Jordan, Williams, BMW und Toyota zur DTM bei Mercedes gekommen, genau wie vor Ihnen Jean Alesi und Mika Häkkinen. Was sind die großen Unterschiede zwischen F1 und DTM?
«Dadurch, dass ein DTM-Auto sehr viel weniger Abtrieb erzeugt und weniger Leistung, aber mehr Gewicht als ein Formel-1-Wagen hat, sind die Limits anders. Beim Formel-1-Auto kommt es sehr darauf an, wie viel Mut man aufbringt, um durch die Kurve zu fahren und wie spät man bremst. In der DTM ist es so, dass das Auto gewisse Limits hat und man in der Lage sein muss, so sauber und so nah wie möglich an diese Limits zu fahren. Für jemanden, der den Formel-1-Fahrstil gewöhnt ist, ist das Fahren in der DTM schwieriger, als ich es anfangs gedacht hatte. Ich glaube aber, mich inzwischen daran gewöhnt zu haben. Damit man ein DTM-Auto schnell über eine Runde bekommt, darf man keinen einzigen Patzer begehen, denn die DTM-Autos verzeihen wesentlich weniger Fehler. Wenn man einen solchen begeht, bestraft man sich gleich doppelt: zum einen verliert man an Geschwindigkeit und zum andern hat man weniger Pferdestärken und braucht somit mehr Zeit- um wieder zu beschleunigen.»
Und dann sind ja auch die Zeitabstände vom Schnellsten zum Langsamsten in der DTM sehr eng!
«Nun ja, das ist der Nachteil, …. oder auch vielleicht der Vorteil, je nachdem, wie man es sieht. Was in der jetzigen DTM gut ist, ist die Tatsache, dass gleich mehrere Piloten in ein und dem gleichen Fabrikat sitzen und man somit seine Zeit gleich an all diesen Fahrern messen kann. Wenn man zu langsam ist, hat man keine Ausrede, außer dass man sich selbst in den Hintern treten muss. In der Formel 1 muss man einfach zum richtigen Zeitpunkt im richtigen (Spitzen-)Team sitzen, um überhaupt eine Chance zu haben.»
Dieses Jahr liefert ja den Beweis, dass man in einem „Gebrauchtwagen“ siegen kann (Red: und wie der Ausgang in Valencia zeigte, ja auch DTM-Champion werden kann) …
«Das stimmt für dieses Jahr zweifelsohne, da man zu Saisonanfang das Gewicht der ‹Gebrauchtwagen› noch um fünf kg gesenkt hat, doch auch Jamie Green hat ja bereits in den letzten Jahren bewiesen, dass man mit einem 1 oder 2 Jahre alten Auto siegen kann. Vielleicht haben auch die neuen Reifen noch etwas dazu beigetragen, dass die älteren Fabrikate jetzt etwas näher rangekommen sind, aber viel hat sich gegenüber den letzten Jahren nicht wirklich geändert.»
Was war eigentlich für Sie der Challenge, das DTM-Abenteuer einzugehen?
«Eigentlich wollte ich gar nichts mehr machen, als ich mit der Formel 1 aufgehört habe. Dann hat mich Norbert Haug angerufen und gefragt, ob ich denn nicht mal einen seiner DTM-Mercedes testen wolle. Dies tat ich dann und mir leuchtete eigentlich nicht ein, warum der Umstieg so schwierig sein sollte. Ich sah dies als eine Herausforderung an und sagte somit zu Norbert, dass ich diese gerne annehmen möchte. Zumal es sich bei der DTM immer noch um Rennen auf höchstem Niveau handelt, die mit sehr sicheren Autos gefahren werden. Des Weiteren finden alle Rennen entweder in oder um Deutschland herum statt, was natürlich die Reisezeit vehement verkürzt. Dies weiß so ein älterer Rennfahrer, wie ich es nun halt mal bin (er schmunzelt), natürlich sehr zu schätzen.»
In der Formel 1 sind Sie für Jordan, Williams, BMW und Toyota gefahren. Sagen Sie uns bitte noch etwas zu Ihrer aktiven Grand-Prix-Zeit!
«Die Formel 1 war eine wunderschöne Zeit in sich. Es war aber auch eine sehr anstrengende Zeit, besonders zum Schluss, als ich dann den Entschluss traf, nicht mehr dort weiterzumachen, weil zum einen der Erfolg (mit Toyota) nicht da war und weil zum andern es auch keine Aussicht auf ein anderes gutes Team gab. Aber wie schon gesagt, es war eine sehr schöne und prägende Zeit. Jedes Jahr und jedes Rennen hatte etwas für sich. Ich vermag jetzt nicht eine besondere Anekdote hervorzustreichen. Meine Formel-1-Zeit hätte sicherlich besser laufen können (Red: immerhin 6 Grand-Prix-Siege), …. es hätte aber auch schlechter sein können.»
Schauen wir auf die DTM 2012. Wann werden Sie denn zum ersten Mal im neuen C-Klasse-Coupé sitzen?
«Das wird noch im Laufe des Monats Oktober am Lausitzring der Fall sein. Die neue DTM sieht sehr vielversprechend aus. Es ist ein etwas anderes Konzept, die Autos sehen sehr gut und bullig aus, da sie flacher und breiter sind, und es sind im Gegensatz zu den jetzigen Fabrikaten zweitürige Coupés. Aerodynamischen Grip haben wir verloren, aber an mechanischem Grip haben wir gewonnen. Durch die richtige Monocoque-Struktur sind die Autos auch noch etwas sicherer geworden. Und dann wird ja noch BMW ab 2012 dabei sein, was das Ganze für uns und vor allem für die Zuschauer noch viel spannender machen wird. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass auch noch Opel dabei sein würde. Dies hätte noch eine zusätzliche Publikumssparte an die Rennstrecken gebracht. Ich habe noch sehr gute Erinnerungen an meine Formel-3-Zeit mit Opel.»
Die Tatsache, dass Sie jetzt das neue Auto testen werden, ist ja wohl der beste Hinweis, dass Sie auch 2012 mit dabei sein werden – richtig?
«An sich sind beide Seiten miteinander zufrieden und die Resultate dieses Jahres sind ja auch so, dass es Sinn machen würde, die Zusammenarbeit fortzusetzen. Es ist aber noch nichts definitiv entschieden. Wenn jetzt einmal die Formel-1-Saison rum ist, dann werden wir sehen.»
Ralf Schumacher, vielen Dank für dieses sympathische und offene Gespräch.
Unser Dank gilt auch Mercedes Luxemburg, ohne dessen spontane Mithilfe dieses Exklusiv-Interview nicht zustande gekommen wäre.
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