Samstag20. Dezember 2025

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«Es sieht nicht so gut aus»

«Es sieht nicht so gut aus»
(dapd)

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Mit einem lange umkämpften Schuldenschnitt soll das schuldengeplagte Griechenland nun endlich nachhaltig entlastet werden. Nicht alle teilen diese Überzeugung.

Wird der Schuldenschnitt von 50 Prozent reichen, damit Griechenland wieder auf die Beine kommt?

Das bleibt völlig offen. Die Troika hat eine Finanzierungslücke von bis zu 250 Milliarden Euro ermittelt, um dem Land bis 2020 die Rückkehr zum Kapitalmarkt zu ermöglichen. Der Deal mit dem Privatsektor sieht nun vor, dass Banken und Fonds 100 Milliarden Euro zuschießen und die Europartner ebenfalls 100 Milliarden Euro für Griechenland. Damit bliebe eine Lücke von 50 Milliarden Euro. «Das sieht nicht so gut aus, geht aber in die richtige Richtung», sagt Schuldenexperte Guntram Wolff vom Brüsseler Thinktank Bruegel.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) müsse den Rest beisteuern, «sonst gehen die Zahlen nicht auf». Die Genesung der Hellenen hängt zudem entscheidend davon ab, ob die Strukturreformen und die Privatisierung endlich vorankommen. Dazu sollen die Troika-Experten der Regierung in Athen künftig dauerhaft auf die Finger klopfen, und nicht alle drei Monate wie bisher.

Der EFSF soll als Versicherung rund eine Billion Euro «hebeln» können – und wird um Auslandsfonds erweitert. Reicht das zur Eindämmung der Ansteckungsgefahr?

Wie hoch die Feuerkraft wirklich werde, sei überhaupt nicht abzusehen, sagte Sony Kapoor von der Londoner Denkfabrik Re-Define. «Anstelle von Billionen werden es eher einige hundert Milliarden.» Denn ob sich die Investoren auf das Modell einlassen, Anleihen mit einer Fonds-Absicherung von lediglich 20 Prozent zu akzeptieren, weiß noch niemand. Dafür muss EFSF-Chef Klaus Regling erst nach Asien reisen und mit Anlegern verhandeln.

Auch ist nicht klar, ob Länder wie China, Indien oder die Golfstaaten nennenswert und zu akzeptablen Konditionen in die Euro-Rettung einsteigen. Das wäre aber notwendig, um Wackelkandidaten wie Spanien und Italien ausreichend schützen zu können. «Die Unterstützung durch die Europäische Zentralbank bleibt unverzichtbar», sagt Kapoor. Mit Erleichterung werden deswegen Signale des künftigen EZB-Chefs Mario Draghi aufgenommen, das Aufkaufprogramm für Staatsanleihen fortzusetzen. Obwohl Berlin genau das durch den neuen EFSF überflüssig machen wollte.

Die Banken in Europa werden mit insgesamt 106 Milliarden Euro rekapitalisiert. Reicht das aus, um das Vertrauen an den Finanzmärkten wirklich zurückzugewinnen?

«Nein, es wird keine Ruhe einkehren», prophezeit Bruegel-Fachmann Wolff. Der Bedarf war auf 100 bis 300 Milliarden Euro berechnet worden. «Nun bekommen wir gut hundert, und die werden nach dem Gießkannenprinzip verteilt.» Riskant sei vor allem, dass für die Ermittlung der notwendigen Finanzpuffer nur das Risiko aus Staatsanleihen einbezogen wurde.

Dabei hätten viele Probleme der Banken gar nichts mit Anleihen zu tun. Das gilt ganz besonders für das Sorgenkind Spanien, wo die Institute noch immer Milliarden-Kredite für wertlos gewordene Immobilien in den Büchern haben. «Das hat ein Volumen von 20 bis 30 Prozent des spanischen BIP», sagt Wolff. Re-Define-Vordenker Kapoor meint, das Problem könne nur bewältigt werden, wenn dafür der EFSF direkt angezapft werden könnte.

Italien und Spanien haben in Brüssel weitere Konsolidierungsmaßnahmen zugesagt. Ist das überzeugend?

Beide Länder haben unter dem massiven Druck vor allem aus Berlin und Paris eine Beschleunigung ihrer Reform- und Sparanstrengungen versprochen. Roms Regierungschef Silvio Berlusconi will den Gesamtschuldenstand bis 2014 auf 113 Prozent des BIP senken. Das sind wichtige Signale, denn die stärkere Wettbewerbsfähigkeit der Sorgenstaaten ist entscheidend für die Überwindung der Schuldenmisere. Aber auch dabei ist fraglich, wie erfolgreich die vollmundigen Ankündigungen in die Tat umgesetzt werden: In Spanien sind im Herbst Wahlen, und Berlusconi muss regelmäßig Misstrauensanträge überstehen.

Seine mangelnde Glaubwürdigkeit hatte er beim Gipfel einmal wieder zur Schau gestellt: Aus Brüssel schaltete er sich in eine italienische Fernsehsendung ein und behauptete, Merkel habe sich für ihr süffisantes Lächeln vom Sonntag bei ihm entschuldigt. Das stimmte aber gar nicht.

Wächst die Währungsunion endlich auch politisch zusammen, damit die Haushaltsregeln eingehalten werden?

Der Euro-Gipfel hat EU-Ratschef Herman Van Rompuy den Auftrag erteilt, bis zum Dezember einen Fahrplan für «begrenzte» Vertragsänderungen vorzulegen. Dadurch soll ein Durchgriffsrecht Brüssels in die nationalen Haushalte notorischer Schuldensünder möglich werden. Für Euro-Experte Wolff greift das noch zu kurz. Für ihn müssen weitere Kompetenzen an die EU übergeben werden, insbesondere sei eine echte europäische Bankenaufsicht notwendig.