Bei der Höhe der Mindestlöhne zeigen sich in der Europäischen Union erhebliche Unterschiede. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der deutschen Hans Böckler Stiftung teilt die Mindestlöhne in drei Gruppen ein. In der ersten befinden sich sechs Staaten aus Westeuropa. Der höchste Mindestlohn mit 10,16 Euro pro Stunde findet sich in Luxemburg. Hier wurde die zehn Euro Schwelle nach Untersuchungen des Institutes am 1.Januar 2011 überschritten.
Frankreich folgt in dieser Gruppe auf dem zweiten Platz mit neun Euro pro Stunde, gefolgt von den Niederlanden (8,74 Euro) und Belgien (8,54 Euro). In Irland ist der Mindestlohn um einen Euro gekürzt worden. Er liegt jetzt bei 7,65 Euro pro Stunde. Schwieriger zu berechnen ist der Mindestlohn in Großbritannien. Die Insel ist nicht Bestandteil der Eurozone, die Umrechnung in Euro hängt daher von Währungskurs ab. Auf der Basis des Kurses von 2007 liegt der Mindestlohn bei 8,67 Euro.
Problem Inflation
Tatsächlich hat das Pfund gegenüber dem Euro aber stark an Wert verloren, so dass eine Umrechnung zum 01. Januar 2011 nur noch einen Wert 6,91 Euro pro Stunde ergibt. Das WSI berechnet Mindestlöhne daher auch nach Kaufkraftstandards, die aussagekräftiger sind. Danach liegt der britische Mindestlohn derzeit bei sieben Euro.
Luxemburg hat unter dem Gesichtspunkt des Kaufkraftstandards nur noch einen Mindestlohn von 8,39 Euro, liegt damit aber immer noch an der Spitze in Europa. Immerhin zeigt dieser rechnerische Verlust von fast zwei Euro, in welchem Maße in Luxemburg durch hohe Preise und Inflation ein Verlust für den Arbeitnehmer entsteht.
Kein Schutz
Aus Gründen der Vergleichbarkeit betrachtet das Institut die Mindestlöhne jährlich zum 1. Januar.
Die zweite Gruppe von Staaten liegt in Südeuropa. Hier beträgt der Mindestlohn zwischen zwei und sechs Euro pro Stunde. Spitzenreiter ist hier Slowenien mit einem Mindestlohn von 4,32 Euro pro Stunde. Die stark gescholtenen Griechen müssen sich mit einem Mindestlohn von 4,32 Euro pro Stunde zufrieden geben. Das niedrigste Niveau in dieser Gruppe findet sich in Portugal mit 2,92 Euro pro Stunde.
Dass Mindestlöhne nicht vor «Hungerlöhnen» schützen, zeigt sich in Mittel- und Südosteuropa. Hier bewegt sich das Niveau des Mindestlohnes zwischen 1,40 und einem Euro.
Starke Australier
Die gewerkschaftsnahe Hans Böckler Stiftung verzeichnet in ihrer Mindestlohn-Datenbank aber auch Länder rund um den Erdball. Hier verzeichnet Australien eine Entlohnung pro Stunde von 10,40 Euro. In Australien gibt es damit den höchsten Mindestlohn weltweit. Die anderen Länder: Neuseeland (6,94 Euro); Japan (6,28 ); Kanada (5,99); USA (5,47); Korea (2,44); Türkei (1,89); Brasilien (1,03).
Ein Mindestlohn, das geht aus einer Untersuchung der Stiftung ebenfalls hervor, deckt in der Europäischen Union das durchschnittliche Einkommen in Frankreich zu 60,1 Prozent ab, in Tschechien nur zu 36 Prozent. Portugal, Irland und Belgien liegen mit 53 Prozent bis 50,8 Prozent noch über dem Durchschnitt. Für Luxemburg lagen dem Institut keine Zahlen vor.
Eine ausführliche Dokumentation der Mindestlöhne in Europa und eine weitergehende Würdigung veröffentlicht das Tageblatt in seiner Mittwoch-Ausgabe.
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