Entsprechende weitere Schritte sollen beim G-20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs Ende dieser Woche in Cannes gegangen werden. Die ehrgeizigen Pariser Pläne für das Welt-Währungs- und Finanzsystem sowie für die Rohstoff- und Nahrungsmittelsicherheit sind wegen der Turbulenzen in der Euro-Zone zuletzt in den Hintergrund getreten:
Großbanken: Internationale und stark vernetzte Banken und Versicherer – sogenannte systemrelevante Finanzinstitute (englisch: «Sifis») müssen sich auf strengere Vorgaben für das Eigenkapital einstellen. Sie müssen von 2016 an sukzessive noch mehr Kernkapital vorhalten – je nach Risikogehalt. Auch soll es – wie schon in Deutschland – ein spezielles Verfahren für Bank-Pleiten geben. Großbanken in einer Schieflage können dann geordnet abgewickelt werden, ohne dass dies auf die Märkte durchschlägt und die Steuerzahler einspringen müssen.
Schattenbanken: Da Banken und Versicherer zunehmend unter die Lupe genommen werden, weichen Finanzjongleure verstärkt in unregulierte Bereiche aus. In diese «Schattenbanken» werden Risiken ausgelagert. Bankenaufseher warnen bereits vor einem neuen Crash. Inzwischen sollen Schattenbanken mehr Kapital verwalten als herkömmliche Geldhäuser. Dies soll eingedämmt werden. Konkrete Schritte haben die G-20 aber noch nicht vereinbart. Unter anderem könnten alle Finanzinstitute, die wie eine Bank arbeiten, unter Aufsicht gestellt werden. Das gilt vor allem für Hedgefonds und Risikokapitalgeber.
Weltwährungssystem: Ein neues internationales Währungssystem wollen die G-20 zwar nicht schaffen. Aber die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat Schwächen offen gelegt: hohe und andauernde Ungleichgewichte, die starke Dominanz des US-Dollars als Reservewährung sowie starke Schwankungen bei Wechselkursen und Kapitalströmen. Es geht also eher um eine geringere Abhängigkeit von der Leitwährung US-Dollar und unerwünschte Kapitalflüsse, die wichtigen Schwellenländern wie Brasilien stark zu schaffen machen.
Wechselkurse: Hier geht es nicht nur um China, das seine Währung künstlich niedrig hält und so seine Exporte ankurbelt. Auch die USA stehen wegen des niedrigen Dollar-Wechselkurses und der Liquiditätsflut in der Kritik. Unter dem schwachen Dollar leiden andere Exportnationen. Brasilien und Japan etwa versuchen, eine Aufwertung ihrer Währung zu verhindern. Oft spiegeln Wechselkurse nicht langfristige Fundamentaldaten einer Volkswirtschaft wider.
Währungsreserven: Das Bestreben einiger Schwellenländer, ihre Währungen zu den wichtigsten Handelswährungen US-Dollar und Euro stabil zu halten, ließ die weltweiten Reserven enorm anwachsen. Die Währungsreserven lagen Ende des ersten Quartals 2011 weltweit bei 9640 Milliarden US-Dollar. Allein China häufte bis zum Ende des zweiten Quartals 3200 Milliarden US-Dollar an.
Kapitalströme: Problematisch sind auch wieder wachsende Kapitalflüsse in die Schwellenländer. Dort legen viele Investoren ihr Geld an, was zu einer Aufwertung der Währung eines Schwellenlandes führt mit negativen Folgen für dessen Exporte. Sie sind so auch anfälliger für einen abrupten Kapitalabzug im Zuge spekluativer Attacken. Viele Schwellenländer steuern daher mit Kontrollen für den Devisenverkehr gegen, um große Schwankungen zu vermeiden und Kapitalzuflüsse zu bremsen. Aus Sicht der G-20 sollen jedoch Eingriffe, die den freien Kapitalverkehr einschränken, nur als letztes Mittel zum Zuge kommen.
Lokale Anleihemärkte: Verwundbar ist das Währungssystem auch durch eine steigende Verschuldung von Schwellenländern in ausländischer Währung. So ist Indien zu 80 Prozent in ausländischer Währung verschuldet, die Türkei zu mehr als 90 Prozent. Die G-20 vereinbarten daher einen Aktionsplan zur Entwicklung lokaler Anleihemärkte in Schwellenländern. Die sollen so gegen äußere Schocks – etwa durch Wechselkursausschläge – besser abgeschirmt werden.
IWF-Währungskorb: Der Aufstieg des chinesischen Yuan zu einer Weltwährung bleibt offen. Die G-20 loten weiter aus, inwieweit der Yuan eine stärkere Rolle in einem künftigen Weltwährungssystem spielen kann. Dabei geht es um eine mögliche Ausweitung des Währungskorbs des Internationalen Währungsfonds (IWF) um Währungen der Schwellenländer wie den Yuan. Bisher sind neben dem US-Dollar und dem Euro das britische Pfund und der japanische Yen in dem Korb. Daraus setzen sich die sogenannten Sonderziehungsrechte (SZR) zusammen, eine künstliche, vom IWF geschaffene Währungseinheit. Eine Voraussetzung zur Integration in den IWF-Währungskorb ist es aber, dass das Land seine Währung «internationalisiert».
Die G-20
Die G20-Gruppe der 19 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer und der Europäischen Union repräsentiert zwei Drittel der Weltbevölkerung, knapp neun Zehntel der globalen Wirtschaftskraft und vier Fünftel des weltweiten Handels. In diesem Zusammenschluss sind Industriemächte, Schwellenstaaten und Entwicklungsländer vertreten. Dazu gehören neben den G8 Argentinien, Australien, Brasilien, China, Indien, Indonesien, Mexiko, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea und die Türkei. Auch Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) sitzen mit am Tisch. Die jährlich wechselnde Präsidentchaft der G-20 liegt 2011 bei Frankreich.
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