Sonntag21. Dezember 2025

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Rücktritt auf Raten

Rücktritt auf Raten
(Reuters)

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Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat die Konsequenz aus dem Verlust der Parlamentsmehrheit gezogen und seinen Rücktritt angekündigt.

Der in zahlreiche Sex- und Korruptionsskandale verwickelte 75-Jährige bestätigte am Dienstag Angaben des Staatspräsidenten, er werde sein Amt abgeben, sobald von den europäischen Partnern verlangte Reformen vom Parlament verabschiedet seien. Die Abstimmungen über ein neues Haushaltsgesetz in beiden Kammern dürften noch im November abgehalten werden und die 17-jährige Dominanz der italienischen Politik durch den konservativen Politiker und Medien-Milliardär beenden.

Das hochverschuldete Land kann sich an den Finanzmärkten nur noch zu Rekordzinsen finanzieren und steht zusammen mit Griechenland im Zentrum der Euro-Schuldenkrise. Die Finanzmärkte reagierten mit Kursgewinnen auf die Rücktrittsankündigung. Berlusconis Scheitern, dringend benötige Reformen angesichts des immensen Schuldenbergs umzusetzen, hatte eine Parteirevolte befeuert. Der Regierungschef gewann zwar eine Haushaltsabstimmung im Abgeordnetenhaus, hatte aber keine absolute Mehrheit hinter sich.

Vorgezogene Neuwahlen

Berlusconi sagte seinem eigenen TV-Sender Canale 5, die einzige Möglichkeit seien vorgezogene Neuwahlen. Staatspräsident Giorgio Napolitano kündigte Beratungen über die Bildung einer neuen Regierung an. Wie die Finanzmärkte soll auch der Staatschef einen Technokraten an der Spitze oder eine nationale Einheitsregierung favorisieren.

Die Debatte über Berlusconis Nachfolger läuft auf Hochtouren. Ersetzt werden könnte er durch den Generalsekretär der Regierungspartei PDL, Angelino Alfano. Im Gespräch sind aber auch andere Kandidaten, darunter der ehemalige EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti als Chef einer Übergangsregierung aus Technokraten. Berlusconi könnte auch sein enger Vertrauter, Kabinettsminister Gianni Letta als Regierungschefs beerben. Zum Stolperstein wurde eine Abstimmung über den Rechenschaftsbericht zum Haushalt 2010, die eigentlich als reine Formsache galt. Fünf PDL-Abgeordnete und die großen Oppositionsparteien hatten ihre Enthaltung angekündigt. Lediglich 308 der 630 Abgeordneten stimmten für die Vorlage, die absolute Mehrheit hätte bei 316 Stimmen gelegen. Berlusconi hatte bislang alle Rücktrittsforderungen zurückgewiesen und seit 2008 über 50 Vertrauensabstimmungen überstanden.

«Negative Marktdynamiken»

Aus Sicht der Barclays Bank ist es für einen Kurswechsel in Italien womöglich schon zu spät. «Die historische Erfahrung lehrt, dass sich selbst verstärkende negative Marktdynamiken nur sehr schwer brechen lassen. Für Italien gibt es möglicherweise keine Umkehr mehr», schrieben die Analysten. Die Euro-Finanzminister wollen verhindern, dass die Schuldenkrise in Italien eskaliert und das Land zum Fall für den Rettungsfonds EFSF wird. «Italien weiß selbst, dass im Hinblick auf die Größe des Landes man nicht auf Hilfe von außen hoffen kann», sagte Österreichs Finanzministerin Maria Fekter.

Finnlands Regierungschef Jyrki Katainen sagte, Italien sei zu groß, um von seinen europäischen Partnern gerettet zu werden. Die Regierung in Rom hatte auf Druck der Euro-Partner Strukturreformen zugesagt, um das Wachstum auf Trab zu bringen, darunter eine Deregulierung am Dienstleistungsmarkt, eine Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur und die Lockerung des Kündigungsschutzes. Das Land wird dabei wie die Sanierungsfälle Griechenland, Irland und Portugal von einer Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds überwacht. EU und EZB werden in den kommenden Tagen Experten nach Rom schicken, um die Reformpläne zu prüfen.