Im Tsunamiwarnzentrum in Jakarta sitzen rund um die Uhr indonesische Techniker und Spezialisten vor den Bildschirmen. Jedes noch so kleine Beben in der Region wird registriert und in Sekunden auf riesigen Leuchttafeln an der Wand abgebildet, mit Stärke, Tiefe und möglichen Tsunamiwellen. «Alle zentralen Komponenten arbeiten nach Plan», sagt der Chef, Suhardjono, der wie viele Indonesier nur einen Namen trägt. «Wir können nach einem starken Beben innerhalb von fünf Minuten eine Tsunamiwarnung herausgeben, falls nötig.» Das klappt auch ohne die viel diskutierten Tsunamibojen aus Deutschland, die kaputt und aufgegeben worden sind.
Vor sieben Jahren gab es kein Tsunamiwarnzentrum in Jakarta. Als am 26. Dezember 2004 nach einem Seebeben der Stärke 9,1 meterhohe Tsunamiwellen auf die Westküste von Sumatra zurasten, war niemand gewarnt oder vorbereitet. 170.000 Menschen kamen um, um den ganzen Indischen Ozean lag die Opferzahl bei 230.000.
Seit 2008 in Betrieb
Seit 2008 ist das maßgeblich vom Deutschen GeoForschungsZentrum in Potsdam entwickelten Tsunamifrühwarnsystem (GITEWS) in Betrieb. Seit März 2011 führen die Indonesier es alleinverantwortlich. Zu dem System gehörten GPS-Empfänger, Küstenpegel, Technologie zur Echtzeit-Satellitenübertragung und zehn Bojen, die Wasserdaten messen sollten. Weitere Bojen wurden von anderen Partnern gespendet.
Doch seien die meisten der 16 Bojen kaputt und nicht mehr reparabel, sagte Ridwan Djamaluddin im Amt für Technologieeinsatz, das für die Wartung zuständig war. «Wahrscheinlich sind Fischer daran Schuld, aber wir haben noch keinen festgenommen», sagt er. Nach seinen Angaben will Indonesien jetzt lieber Tiefsee-Sensoren installieren, die über Kabel Daten an Land übertragen. «Wir testen schon Prototypen, und hoffen, dass das ganze 2013 einsatzbereit ist.»
Bojen aufgegeben
Auch die Entwickler in Potsdam haben die Bojen aufgegeben. Zu späte Datenübermittlung, zu teure Wartung, sind sie jetzt überzeugt. Die Messstationen an Land seien ausreichend. «Eine Kosten/ Nutzenrechnung … hat zu der Entscheidung geführt, die Bojensysteme für die Frühwarnung in Indonesien nicht mehr zu berücksichtigen», heißt es auf der GITEWS-Webseite. Die Lage Indonesiens direkt an der erdbebenaktiven Subduktionszone des Sundagrabens machen ein Tsunamiwarnsystem kompliziert. Tsunamiwellen können die Westküste Sumatras innerhalb von 20 Minuten erreichen.
Das passierte auch im Oktober 2010. Ein 7,7-Beben erschütterte die Westküste Sumatras. Das Zentrum löste zwar Tsunamialarm aus, doch kamen die Wellen so schnell, das kaum Zeit zum Fliehen blieb. Mindestens 431 Menschen kamen uns Leben, teils durch einstürzende Häuser, teils durch Tsunamiwellen. Größte Herausforderung bleibt «die letzte Meile» – wie können Menschen schnellstens alarmiert werden, so dass sie auf der Stelle fliehen können? «Wenn jetzt ein neuer großer Tsunami käme, gäbe es bestimmt wieder viele Opfer», sagt Geologe Danny Hilman Natawidjaja am Institut der Wissenschaften in Jakarta.
Die Bojen-Technologie, die entwickelt wurde, war nicht umsonst, sagen die Experten. «Die vom GITEWS entwickelten Bojensysteme wurden zu einem eigenständigen, innovativen Messsystem mit GPS-Sensoren zum Nachweis eines Tsunami im freien Ozean weiterentwickelt», heißt es auf der Webseite. Sie könnten anderswo eingesetzt werden – wenn jemand die Wartung organisiere und bezahle.
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