Volle Mailboxen, verärgerte Abgeordnete und eine verzweifelte Bundestagsverwaltung: Am Mittwoch hat eine einzige E-Mail, im Parlamentsbetrieb versehentlich an alle geschickt, für Wirbel gesorgt. Es sei zu Verzögerungen im Mail-Verkehr gekommen, sagte ein Mitarbeiter der Verwaltung. Die IT-Technik habe schließlich «aus gegebenem Anlass» gemahnt, dass der E-Mail-Verteiler des Bundestags ausschließlich für dienstliche Zwecke genutzt werden dürfe.
Babette Schulz, eine Mitarbeiterin der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (Grüne), bat am Morgen eine Kollegin, ihr ein Exemplar des neu erschienenen Bundestagshandbuch, des «Kürschners», mitzubringen. Aus Versehen verschickte sie jedoch die Mail in Kopie («cc») an alle Adressaten im Bundestagsverzeichnis – vom Minister bis zum Pförtner.
Eigendynamik einer Mail-Lawine
«Es ist halt passiert», sagte Schulz noch leicht geknickt der Nachrichtenagentur dpa. Nach dem ersten Schrecken habe sie noch auf E-Mails dazu geantwortet. «Als dann die Mail-Lawine ihre skurrile Eigendynamik entwickelte, wurde mir das etwas unheimlich – bis die überwiegend netten humorvollen Mails auch mich sehr zum Lachen brachten.» Viele hätten ihr auch parteiübergreifend Verständnis bekundet – es habe sogar den Vorschlag gegeben, sie zur Mitarbeiterin des Monats zu wählen.
Derweil fühlten sich Hunderte angesprochen und antworteten – wieder im Riesen-Verteiler. Der Schneeball-Effekt war nicht mehr aufzuhalten, der Bundestag elektronisch außer Rand und Band. Immer mehr Nonsens wird versendet («Ich grüße meine Mutti»), andere antworten mit Wetterberichten: «In Hannover-Linden sind drei Grad, es ist trocken und leicht bewölkt.»
Die Absenderin gelangt zu unfreiwilliger Prominenz im Internet. Im Kurzmitteilungsdienst Twitter häuften sich die amüsierten Kommentare mit den Hashtags (Schlagwörtern) #Babette und #Kürschnergate – gebildet aus Kürschner, dem Bundestagshandbuch und Watergate, dem Inbegriff peinlicher Pannen. Der Hamburger PR-Berater Markus Mayr schrieb in Anlehnung an ein Jesu-Zitat im Neuen Testament: «Wer nie eine E-Mail an alle geschickt habe, werfe den ersten Stein.»
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