Noch nie bekam die Welt die Mashco-Piro aus der Nähe zu Gesicht. Die Organisation Survival, die sich für die Rechte indigener Völker einsetzt, hat neue Bilder aus dem Dschungel Perus veröffentlicht.
Der Grund, weshalb der Stamm fotografiert werden konnte, ist aber eher trauriger Natur. Die Mashco-Piro müssen sich immer näher an die Zivilisation wagen, weil sie aus ihrem ursprünglichen Wohngebiet vertrieben werden. Doch der Stamm schlägt zurück. Oder besser gesagt: er wirft mit Speeren zurück.
Plötzlich fliegen Speere
In der Tat sind die Mashco-Piro gefährlich für alle Menschen, die sich in ihre Nähe wagen – ob bewusst oder unwissentlich. Der Anthropologe und Filmmacher Glenn H. Shepard beschreibt auf seinem Blog eine solche Begegnung.
Er erzählt die Geschichte von Mauro Metaki, einem Lehrer im Urwalddörfchen Tayakome. Dieser sei mit einem Fischerboot unterwegs gewesen und habe die Mashco-Piro am Ufer gesehen. Er habe ihnen zugerufen und versucht, sich den Stammesangehörigen zu nähern.
Die Antwort sei wenig freundlich gewesen: Eine Ladung Speere kam auf Metaki zugeflogen. Die Botschaft des Stammes war unmissverständlich: Er will unbehelligt bleiben.
Eines von rund 100 Urvölkern
Die Mashco-Piro leben im Manu-Nationalpark im Südosten Perus. Die Angaben über die Zahl der Angehörigen schwanken. Je nach Quelle wird sie auf knapp 100 bis 800 geschätzt.
Gemäß Survival wurden die Angehörigen des Stammes in letzter Zeit vermehrt gesichtet. Die Bilder, welche die Organisation am Montag veröffentlicht hat, seien die bislang detailliertesten, die je von unkontaktierten Indianern gemacht werden konnten.
Die Organisation geht davon aus, dass es weltweit noch rund 100 dieser Völker gibt. Sie leben in den Urwäldern Südamerikas und im asiatischen Raum, auf der Insel Neuguinea. Vor einem Jahr veröffentlichte Survival bereits Luftaufnahmen, die eine «unkontaktierte Indianergemeinde» – so die politisch korrekte Sprachregelung – in Brasilien zeigen.
«Lasst uns alleine»
Survival warnt davor, mit den Völkern Kontakt aufnehmen zu wollen. Man solle den Wunsch der Gruppen respektieren, alleine gelassen zu werden, zitiert die Organisation auf ihrer Website den Direktor Stephen Corry. «Der erste Kontakt ist immer gefährlich und oft tödlich – für die Unkontaktierten und für jene, die versuchen sie zu kontaktieren.»
Dass die Warnung ernst zu nehmen ist, beweist der Fall von Nicolas «Shaco» Flores. Seit Jahrzehnten versuchte der Einheimische, mit den Mashco-Piro in Kontakt zu kommen. Seine Methoden waren nicht immer lauter. 1982 nahm er einen Vater und dessen jugendlichen Sohn gefangen, um sie von einem zivilisierten Leben zu überzeugen. Flores hatte ihre Sprache gelernt, doch er konnte sie kaum anwenden. «Lasst uns alleine» sollen die einzigen Worte des entführten Vaters gewesen sein.
Flores gab sein Unterfangen nie auf. Er schenkte den Mashco-Piro Kessel, Messer und Macheten und er legte ihnen einen kleinen Garten an. Die Zuneigung war einseitig. Im November 2011 wurde Flores in genau diesem Garten aus einem Hinterhalt angegriffen und von einem Bogenschützen getötet.
Anstrengungen der Behörden
Doch warum nähern sich die Mashco-Piro immer mehr der Zivilisation, wagen sich aus dem Dschungel? Survival vermutet: Illegale Holzfäller sowie die tief fliegenden Helikopter von Öl- und Gasfirmen in der Region vertreiben den Stamm aus seiner Heimat im Wald.
Die peruanischen Behörden bemühen sich, Fremde von dem Gebiet fernzuhalten. Der Fluss im Staat Madre de Dios gilt bei Touristen als beliebt. Der Staat versucht nun, die Zahl der Besucher in der Region zu beschränken. Zudem will er Touristen und Einheimische über die Gefahren aufklären, die bei einer Kontaktaufnahme mit Urvölkern bestehen.
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