Ihre Stimme faszinierte, ihr Temperament begeisterte: als Zehnjährige stand Marta Eggerth bereits auf der Bühne, im Teenager-Alter wurde sie von dem berühmten Komponisten Emmerich Kalman in die Operetten-Hauptstadt Wien eingeladen. Über Berlin und Paris hob das Wunderkind aus Budapest ab zu einer internationalen Karriere, eroberte die Bühne und den Operettenfilm, feierte Erfolge als «Czardasfürstin», «Lustige Witwe» und «Blonde Carmen». Am Dienstag (17. April) wird Marta Eggerth 100 Jahre alt.
«Musik ist nicht nur etwas zum Hören, sondern zum Fühlen. Jede Zelle deines Körpers muss fühlen, was du sagen willst», sagte sie dem Fachmagazin «The Singer» in der aktuellen Ausgabe – und wahrscheinlich ist es dieser Rat, den sie ihren Studenten an ihrem Wohnort New York gibt. Denn sogar heute unterrichtet die gefeierte Sopranistin noch.
Talent und Ausstrahlung
Die Tochter einer ungarischen Sängerin hat sich nicht allein auf ihr Talent verlassen, auch wenn ihre herausragende Stimme schon im Kindesalter entdeckt wurde. Eine gründliche Ausbildung brachte den nötigen Schliff in die natürliche Begabung als Sängerin und Schauspielerin. Rasch folgten Konzerte in ganz Europa.
Sie war 17 Jahre alt, als sie in Max Reinhardts legendärer «Fledermaus»-Inszenierung die Rolle der Adele übernahm. Emmerich Kalman holte sie nach Wien als Zweitbesetzung in seinem Werk «Das Veilchen von Montmartre» – und als sie dann auftrat, lagen ihr alle zu Füßen.
Schnelle Karriere
Rasch wurde sie zu einer unbestrittenen Größe in der Branche und in der Musikszene bekannt. Sie begegnete Richard Strauss und arbeitete mit Robert Stolz sowie Franz Léhar, den sie als «immer gut gelaunt» beschreibt, und der ihr schließlich Lieder und Stücke auf den Leib schrieb.
Das aufstrebende Genre Film gab ihrer Karriere einen wichtigen Dreh. Marta Eggerth wurde zu einem der wichtigsten Gesichter und zu einer prägenden Stimme des Ufa-Operettenfilms. Zu ihren wichtigsten Filmen der 1930er Jahre zählen «Kaiserwalzer» von Friedrich Zelnik, «Leise flehen meine Lieder» von Willi Forst und Carmine Gallones «Mein Herz ruft nach Dir».
Traumpaar – auf der Bühne und privat
Zusammen mit ihrem späteren Mann, dem Tenor Jan Kiepura, bildete sie ein Traumpaar auf Bühne und Leinwand der Zwischenkriegszeit. 1936 heirateten die beiden und emigrierten 1938 über Wien und Paris in die USA.
In Hollywood und am Broadway konnten die Künstler an die Erfolge in Europa anknüpfen. Den wohl größten gemeinsamen Triumph feierten der Tenor mit dem slawischen und die Sopranistin mit dem ungarischen Akzent in Franz Léhars «Die lustige Witwe». Martha Eggerth und Jan Kiepura galten über Jahre hinweg als herausragende Botschafter des deutschen Films und der österreichischen Operette.
Rückkehr nach Europa
Immer wieder kehrte die in New York lebende Sängerin für Konzerte nach Deutschland und Österreich zurück. Dem deutschsprachigen Publikum rief sie sich 1999 in dem «Tatort»-Krimi «Nie wieder Oper» in Erinnerung, gemeinsam mit Sängerkollegen wie Gerda Scheyrer und Walter Berry. Großen Jubel erntete sie noch mit fast 90 Jahren bei einer Gala im Theater an der Wien mit Operettenmelodien.
Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1966 setzte Martha Eggerth ihre Konzerttätigkeit fort. Gern stand sie zusammen mit ihrem älteren Sohn Jan auf der Bühne, der als Tenor in die Fußstapfen seines Vaters trat. Ihr jüngerer Sohn Marjan hat sich einen Namen als Pianist gemacht. Von ihrem Mann, sagt Eggerth, habe sie auch die optimistische Lebenshaltung übernommen. Wenn er gefragt worden sei, weshalb er immer so strahlend lache, habe Jan Kiepura gesagt: «Das kostet ja nichts.»
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