Der ehemalige deutsche Nationaltrainer mit dem Schnauzbart war am Montag zu Gast in Luxemburg: am Morgen im «Sportlycée» und am Abend im hauptstädtischen «Conservatoire», wo er einen Vortrag hielt.
Heiner Brand STECKBRIEF
o Geboren am 26. Juli 1956 in Gummersbach (D);
verheiratet, 2 Kindero Beruf: gelernter Diplom-Kaufmann
o Größte Erfolge:
Spieler: 131 Länderspiele, 231 Tore, Weltmeister 1978, sechsfacher deutscher Meister mit dem VfL Gummersbach, Europapokalsieger der Landesmeister (1974, ’83), Europapokalsieger der Pokalsieger (’78, ’79)
Coach: Deutscher Meister mit Gummersbach (’88, ’91), deutscher Meister mit der SG Wallau-Massenheim (’93), Pokalsieger (’93)
Weltmeister mit Deutschland (2007), Europameister (2004), Silbermedaille Olympische Spiele 2004o 14 Jahre Trainer der deutschen DHB-Nationalmannschaft
o Aktuell: DHB-Manager
o Internet:
www.heiner-brand.de
Im Rahmen des europäischen Comenius-Programms und auf Einladung der Spuerkeess hatte das «Sportlycée» den bekannten Handball-Coach ins Großherzogtum eingeladen.
Beeindruckend
Das Palmarès des 59-Jährigen ist beeindruckend, sowohl als Spieler wie auch als Coach. Als Spieler war Brand immer in seiner Heimatstadt Gummersbach aktiv und gewann dort u.a. sechs deutsche Meisterschaften und feierte zwei Erfolge im Europapokal der Landesmeister, dem Vorgänger der heutigen Champions League.
Zu diesen Erfolgen kommt dann noch der Weltmeistertitel im Jahr 1978 dazu. Diesen Sieg wiederholte er 2007 an der Seitenlinie mit dem DHB-Team im eigenen Land.
Am Montagmorgen wohnte er einer Trainingseinheit der Handballer aus dem «Sportlycée» bei und stellte sich anschließend ihren Fragen. Am Abend stand dann der Vortrag mit dem Thema «Teams für Höchstleistung motivieren – Spitzensport als Erfolgsmodell» auf dem Programm.
Auch dem Tageblatt stand Heiner Brand für ein Interview zur Verfügung.
Tageblatt: Haben Sie bereits einen interessanten Spieler beobachten können?
Heiner Brand: «Nein, leider hatte ich dafür nicht genügend Zeit. Es ist aber trotzdem interessant für mich. Wir haben in Deutschland ein Projekt ‹Eliteförderung›, wo wir auch diese duale Karriere im Vordergrund haben, also Schule/Beruf auf der einen, sportliche Karriere auf der anderen Seite. Hier in Luxemburg werden die idealen Voraussetzungen geschaffen, damit die Jungs und Mädels die entsprechenden Trainingseinheiten erhalten.»
Wie wichtig ist die Schule in einem Sportlerleben?
«Man ist verantwortlich für junge Menschen. Ich kann es nicht verantworten, nur auf den Sport zu setzen. Die Karriere ist ja nicht garantiert. Die Leute müssen auch vorbereitet sein, ein normales Leben zu führen.»
Ist ein Studium als Profi-Handballer möglich?
«Nicht in einem normalen Studiengang. In Deutschland gibt es Partneruniversitäten. Aber da befinden wir uns auch noch in der Anfangsphase. Die Generation, die ich zu meiner Zeit als Nationaltrainer betreut habe, setzte ganz auf den Sport. Außer einem Fernstudium, das aber auch nicht einfach ist, gab es sonst keine Möglichkeit. Ich hoffe aber, dass dieser Weg weitergeht und dass wir flexibler werden.»
Ein Studium ist förderlich nicht nur für einen späteren Beruf?
«Das ist sehr positiv, wenn ein Spieler neben dem Leistungssport noch andere Sachen macht. Es ist für ein späteres Leben und für die Persönlichkeitsentwicklung gut. Aber es muss natürlich kompatibel mit dem Profi-Leben sein.»
Wie schwierig ist es, Jugendspieler in die Spitzenmannschaften einzubauen?
«Das ist ein Problem, das ich auch während meiner Tätigkeit als Bundestrainer immer wieder angesprochen habe. Die deutsche Liga ist durch die vielen ausländischen Spitzenspieler auf einem hohen Niveau. Man kann aber auch nicht erwarten, dass ein Jugendspieler sofort den Sprung in die Bundesliga schafft. Aber sie müssen individuell trainiert und eingebunden werden.»
Wäre eine Ausländerquote eine Lösung?
«Das ist immer nur eine Notlösung. Mir ist lieber, wenn die Vereine eine Philosophie haben, dass sie eine Verantwortung für die Sportart in ihrem Land haben. Dann erledigen sich solche Dinge von selbst.»
In Luxemburg übernehmen einige Vereine die Verantwortung, andere nicht. Da könnte ein Problem auf uns
zukommen.
«Für einen kleineren Verband ist die Problematik wesentlich größer. In Deutschland konnten wir dies immer überspielen. Viele Erfolge haben auch ein bisschen auf Zufall basiert, aber es war keine zielgerichtete Aufbauarbeit vorhanden.»
Und die Sponsoren wollen den schnellen Erfolg …
«Ich glaube, man kann den Sponsoren auch klar machen, dass es auch interessant sein kann, mit jungen Leuten zu arbeiten und Erfolg zu haben. Das hängt natürlich viel vom Geschick des Managers ab.»
Womit wir beim Thema Geld wären. Inwieweit wird der Handball in Deutschland von den Finanzen diktiert? Verdienen die Spieler zu viel oder zu wenig?
«Mehr geht bei uns in der Liga nicht. Einige Vereine haben finanzielle Probleme. Ein Problem ist teilweise auch, dass junge, talentierte Spieler sehr früh sehr viel Geld bekommen, da jeder sie verpflichten will. Eine Gefahr ist auch die Abhängigkeit von einem Mäzen. Wenn der keinen Spaß mehr hat, ist er weg und der Verein bricht zusammen.»
Können die jungen Spieler mit dem Geld umgehen?
«Auch das ist ein Problem. Die bräuchten eigentlich gute Berater, gute Freunde, die sie darauf aufmerksam machen, wie viel Geld das ist und dass sie das in einem Leben nicht mehr verdienen. Viele Berater sind nicht Berater, sondern Verkäufer.»
Was haben Sie aus Ihrer Karriere als Spieler und Trainer für das Leben mitgenommen?
«Es hat sich so viel verändert im Laufe de Jahre. Ich habe alle Entwicklungen mitgemacht. Die Erfahrung kann für das normale Leben einiges mitgeben: Bescheidenheit, Bodenständigkeit, richtige Einordnung der gesamten Bedeutung des Sports und der eigenen Person, um sich später im Leben auch besser zurechtfinden zu können.»
War früher alles besser?
«Das würde ich nicht sagen. Es gibt ja ehemalige Mitspieler von mir, die denken, dass wir früher besser Handball gespielt haben als heute. Denen sage ich dann, sie sollen sich ein aktuelles Video anschauen und das Tempo sehen. Jede Zeit hat ihre Merkmale. Der Leistungswille ist nicht geringer als bei uns. Die Leute sind anders erzogen, selbstbewusster. Das ist auch ein Merkmal unserer Gesellschaft. Wir haben die Leute ja erzogen, die jetzt nachkommen.»
Sie sind ein bekennender Schnäuzer-Träger. Wann hat das begonnen?
«1973 hat das begonnen. Damals war das Mode. Es kommt vielleicht mal wieder. Bei den Spielen 1972 hatte Mark Spitz (Schwimmer aus den USA, d. Red.) einen Schnäuzer. Meiner war damals auch mal dunkel. Ich konnte ihn dann nicht mehr abmachen. Das ist so fest verankert. Jeder hat mich dann eine Zeit lang oft drauf angesprochen. Das hat mich dann auch ein bisschen genervt.»
(David Thinnes, Fernand Schott/Tageblatt.lu)
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