Neben den klassischen Besuchen bei Unternehmen und den Treffen mit Politikern gibt es ein Novum: Auf dem Plan steht auch die Solidarwirtschaft.
„Anders als noch vor 20 Jahren macht man heute Wirtschaftsmissionen nicht mehr mit Unternehmen in der Größenordnung von 700 oder 1.000 Angestellten. Es geht uns mehr darum, unsere neuen Sektoren zu entwickeln“, sagte Wirtschaftsminister Etienne Schneider am Montagmorgen in Montreal vor Journalisten. „Ökotechnologie, Biowissenschaften, Informatik- und Kommunikationstechnologie und die Logistik – im Grunde die vier Sektoren, die wir in Luxemburg aufbauen wollen. Für diese Arbeit braucht es einen langen Atem“, fuhr er fort. „Wir müssen einfach Start-ups und Unternehmen dazu motivieren, sich Luxemburg als Plattform zu wählen. Anfangs wird das nicht viel einbringen“, so der Minister, „auf lange Sicht glauben wir aber, auf diese Weise unsere Wirtschaft entwickeln zu können“.
Luxemburg als Plattform
Er kommt jedoch nicht umhin, darauf hinzuweisen, dass in Luxemburg mehr und mehr Arbeitsplätze für qualifizierte bzw. hoch qualifizierte Arbeitnehmer geschaffen werden – ein Grund, warum dem Minister der Logistiksektor am Herzen liegt. „Als Erstes müssen wir den Logistiksektor entwickeln“, sagte er zum wiederholten Mal. „Hier können zwischen 3.000 und 5.000 neue Arbeitsplätze in Luxemburg für Arbeitnehmer ohne Qualifikation entstehen.“
„In diesem Kontext scheint mir auch die Entwicklung der Solidarwirtschaft wichtig“, so Schneider. Es sei das erste Mal, dass diese Art von Wirtschaft teil einer Wirtschaftsmission sei. In Kanada mache die Solidarwirtschaft immerhin acht Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Der Minister erklärt die Differenz zwischen Solidarwirtschaft und klassischer Wirtschaft: „Der einzige Unterschied ist, dass es nicht das Ziel der Solidarwirtschaft ist, einen Gewinn zu machen.“ Solche Unternehmen verfolgten ein soziales Ziel, schafften etwa Arbeit und geben sich damit zufrieden, ihre Kosten zu decken.
Nicht nur den Gewinn im Kopf
Neben dem Programm „Trau dech!“, mit dem die Luxemburger Regierung Firmengründungen ermutigen will, soll es in Zukunft auch ein „Trau dech!“ für Solidarwirtschaft geben, kündigte der Minister an. Er will sich in der Solidarwirtschaft engagieren.
Zu diesem Thema traf sich Schneider am Montagabend auch mit Laurent Lessard, dem „Ministère des Affaires municipales, des Régions et de l’Occupation du territoire“ des Quebec zu einem Arbeitstreffen. Danach stand ein Besuch im „Cirque du Soleil“ auf dem Programm, der ein Beispiel für ein Unternehmen der Solidarwirtschaft ist.
Ursprünglich gehöre die Solidarwirtschaft in das Ressort des Wirtschaftsministeriums. In der Vergangenheit sei es aber delegiert worden. So kommt es, dass der delegierte Minister für Solidarentwicklung, Romain Schneider, eigentlich hätte mitreisen sollen. Ebenso Finanzminister Luc Frieden – unter anderem soll es im Verlauf der Wirtschaftsmission einen Besuch bei der Royal Bank of Canada geben, um zu erkunden, was für Pläne die kanadische Bank mit ihrer Tochter RBC Dexia in Esch-Belval vorhat, nun da sie alle Anteile an dem Unternehmen besitzt, das vorher zu 50 Prozent zum Dexia-Konzern gehörte. Beide Minister waren jedoch verhindert.
Die richtigen Firmen im Blick haben
Die Wirtschaftsminister und der Erbgroßherzog werden im weiteren Verlauf ihrer Reise Unternehmen besuchen, die darüber nachdenken, sich in Europa niederzulassen. „Wir müssen uns über eines im Klaren sein. Die Unternehmen, die nie darüber nachgedacht haben, nach Europa zu kommen, werden auch nicht nach Luxemburg kommen. Deshalb konzentrieren wir uns auf Unternehmen, von denen wir glauben, dass sie ihre Aktivität in Europa entwickeln wollen – und zeigen ihnen die Vorzüge Luxemburgs“, so Schneider.
Nicht immer ist das ein leichtes Unterfangen: „Wir befinden uns in einer weltweiten Krise und die Investitionen, sogar die großer internationaler Unternehmen, lassen sich nicht leicht anziehen.“
(Yves Greis/Montreal/Tageblatt.lu)
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