Knapp eine Woche nach den Neuwahlen in Griechenland stehen die Chancen zur Bildung einer breiten Mehrparteien-Koalition schlecht. Der Vorsitzende der Sozialisten, Evangelos Venizelos, hat an diesem Samstag das Mandat zur Regierungsbildung zurückgegeben. Ihm war es am Freitag nicht gelungen, zusammen mit den Konservativen, der kleinen Partei Demokratische Linke (Dimar) und den Radikallinken ein tragfähiges Bündnis zu schmieden. Jetzt ruhen alle Hoffnungen auf dem griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias.
Der griechische Staatspräsident will schon an diesem Sonntag seine Krisengespräche zur Bildung einer Regierung in Athen beginnen. Zunächst sind Treffen mit den Chefs der drei stärksten Parteien geplant, teilte das Präsidentenbüro am Samstag mit. Anschließend seien Gespräche mit den anderen Parteivorsitzenden vorgesehen. Am Montag wird sich voraussichtlich entscheiden, ob die Bildung einer Pro-Euro-Regierung in Athen zustande kommt oder noch einmal Neuwahlen nötig werden.
Juncker: «Verträge nachbessern»
Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker sagte indes in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa, die europäischen Partner müssten ihren Zeitplan auf den Prüfstand stellen und die Verträge mit Griechenland im Zweifel nachbessern. Sollte sich die Regierungsbildung weiter verzögern oder sollte es Neuwahlen geben, brauche Griechenland mehr Zeit. Am vereinbarten harten Sparkurs führe jedoch kein Weg vorbei.
Er habe kein Problem damit, dass Griechenland zum Beispiel ein Jahr mehr zur Umsetzung des vertraglich vereinbarten Konsolidierungsprogramms bekomme, sagte der luxemburgische Regierungschef. Dies müsse aber auf europäischer Ebene erst ausverhandelt werden. «Wir werden über den Zeitplan der griechischen Staatssanierung erst mit einer fest zusammengefügten griechischen Regierung reden können», sagte Juncker. «Wir können jetzt nicht in Verhandlungen mit den einzelnen griechischen Parteien treten.»
Starke Mehrheit nötig
Die gemäßigten Parteien wollen Griechenland in der Euro-Zone halten, aber das rigide Sparprogramm aufweichen. Für eine starke Parlamentsmehrheit wollten sie die Radikale Linke ins Boot holen. Doch die ließ am Freitagabend die Gespräche platzen: Der Chef des Bündnisses der Radikallinken (Syriza), Alexis Tsipras, blieb hart und forderte, Athen müsse das Sparprogramm einseitig auf Eis legen.
Der Syriza-Chef erklärte nach einem Treffen mit Venizelos, Konservative und Sozialisten versuchten eine Pro-Sparprogramm- Regierung zu bilden. Er warf ihnen vor, den Befehlen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und IWF-Chefin Christine Lagarde zu gehorchen. Tsipras, dessen Bündnis am vergangenen Sonntag zweitstärkste Kraft geworden war, interpretierte das Wahlergebnis als Auftrag des Volkes an seine Partei, das Sparprogramm zu beenden.
Bei Neuwahlen siegen die Radikalen
Nach aktuellen Umfragen würden die Radikalen Linken bei Neuwahlen mit 23,8 Prozent stärkste Partei werden. Tsipras lehnt neue Sparprogramme für die Jahre 2013/14 in Höhe von 11,5 Milliarden Euro ab, über die die «Troika» der internationalen Geldgeber (EU, EZB, IWF) im Juni in Athen verhandeln will. Die Linksradikalen verlangen zusätzlich eine stufenweise Aufhebung der mit der EU verabredeten Sparprogramme. Mit weiteren Milliardenhilfen der anderen Euroländer kann Griechenland aber nur rechnen, wenn es die mit der EU und dem Internationalem Währungsfonds (IWF) vertraglich festgelegten Spar- und Reformvorhaben verwirklicht. Würde der Geldhahn zugedreht werden, wäre Griechenland Ende Juni pleite.
Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), hält Neuwahlen in Griechenland für wahrscheinlich. Wenn das neue Parlament keine funktionierende Regierung zustande bringe, sei es besser, noch einmal zu wählen und die 40 Prozent Nichtwähler an die Urnen zu bringen, sagte Schulz dem «Hamburger Abendblatt» (Wochenend-Ausgabe).
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