Außer Spesen nichts gewesen: Die deutsche Milliardärsfamilie Reimann hat die milliardenschwere Übernahme des US-Kosmetikkonzerns Avon aufgegeben. Nachdem Avon sich zwei Monate lang vor Gesprächen gedrückt habe, sei es Zeit, andere Möglichkeiten zu verfolgen, hieß es in einem Brief an das Avon-Management. Die Amerikaner bekamen prompt die Quittung für ihre Sturheit: Am Dienstag stürzte die Aktie vorbörslich um 14 Prozent ab.
Der öffentlichkeitsscheue Clan aus dem Rhein-Neckar-Raum hatte noch am vergangenen Donnerstag sein Angebot von 10,0 auf rund 10,7 Milliarden Dollar erhöht – und Avon gleichzeitig eine Frist bis Montag, 14. Mai, gesetzt. Die Amerikaner indes wollten noch eine Woche mehr haben. Da machte die Reimann-Firma Coty, über die der Übernahmeversuch lief, nicht mehr mit. Avon habe sich so wenig kooperativ gezeigt, «dass wir glauben, dass Sie weiterhin unwillig sind, ein freundliches, ausgehandeltes Zusammengehen zu einem vernünftigen Zeitplan zu prüfen», schrieb Coty-Verwaltungsratschef Bart Becht. Eine feindliche Übernahme hatte er von vornherein ausgeschlossen.
Bemerkenswerte Reaktion
«Ich finde es bemerkenswert, dass auch nach unserem erhöhten Angebot niemand aus Avons Verwaltungsrat oder dem Management mit uns sprechen wollte», schrieb Becht weiter. «Und das, obwohl wir in den vergangenen 24 Stunden wiederholt angefragt haben.»
Für die Familie Reimann ist die abgebrochene Übernahme ein Rückschlag bei ihrem Bemühen, einen globalen Luxusgüter- und Schönheitskonzern zu schmieden. Mehrere namhafte Marken gehören bereits zum Imperium der Deutschen oder sie haben sich Lizenzen gesichert. So stellt Coty beispielsweise Parfüms von Davidoff, Joop und Calvin Klein her. Das Vermögen der Familie gründet sich allerdings auf Reckitt Benckiser. Der Konsumgüterkonzern stellt unter anderem das Gesichtswasser Clerasil und Kukident-Haftcreme für dritte Zähne her. Die Reimanns halten noch einen Anteil von 10,5 Prozent.
Avon mit Gewinneinbruch
«Während wir enttäuscht sind, wünschen wir Ihnen Erfolg bei ihrer Strategie, die Wende im Alleingang zu schaffen», hieß es zum Abschluss des Becht-Briefs leicht süffisant. Der erfolgsverwöhnte Kosmetik-Direktvertrieb Avon litt zuletzt unter rückläufigen Verkäufen und einem Gewinneinbruch. Überdies machen dem Unternehmen Bestechungsvorwürfe zu schaffen.
Die Reimanns hatten seit Anfang März um Avon gebuhlt und mehrfach gezeigt, wie ernst ihnen die Übernahme war: Zum einen haben sie einen großen Anteil an Reckitt Benckiser versilbert, um ihre Kasse aufzufüllen. Für etwa 4,9 Prozent an dem in London börsennotierten Unternehmen kassierten sie 1,2 Milliarden Pfund (1,4 Mrd Euro). Zum anderen hatten sie sich die Unterstützung des Starinvestors Warren Buffett gesichert – eine bessere Adresse gibt es in der Finanzwelt nicht.
Gerade erst hat bei Avon die Chefin gewechselt: Auf die langjährige Nummer eins Andrea Jung folgte Mitte April Sherilyn McCoy. Doch auch sie behielt den Kurs bei. Avon argumentierte lange, die Offerte sei zu niedrig. Zuletzt war das Angebot auf 24,75 Dollar je Aktie erhöht worden. Davor waren es 23,25 Dollar und eigentlich hatten die Reimanns sogar nur 22,25 Dollar zahlen wollen, wie vor kurzem bekannt wurde.
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