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Chen: «Ich bin glücklich, in den USA zu sein!»

Chen: «Ich bin glücklich, in den USA zu sein!»
(dpa)

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Die Flucht Chen Guangchengs in die US-Botschaft in Peking hat die diplomatischen Beziehungen zwischen Peking und Washington auf eine harte Probe gestellt. Nun durfte der blinde Bürgerrechtler ausreisen.

Nach Jahren der Gefangenschaft in seiner Heimat ist der chinesische Bürgerrechtler Chen Guangcheng als freier Mann in den USA eingetroffen. Der blinde Aktivist, der vor vier Wochen mit seiner Flucht in die US-Botschaft in Peking für Spannungen zwischen China und USA gesorgt hatte, landete am Samstag auf dem Internationalen Flughafen Newark bei New York. «Ich bin glücklich, in Amerika zu sein», sagte der auf Krücken gestützte Mann mit der Sonnenbrille kurz nach seiner Ankunft vor einer wartenden Menge auf dem Gelände der Universität von New York.

Chen war direkt nach seiner Landung in einem weißen Minivan zu der Universitäts-Wohnung eines Freundes gefahren worden, in der er, seine Frau und ihre zwei Kinder zunächst leben werden. Nach seinem 14-stündigen Flug von Peking wirkte der 40-Jährige erschöpft, aber glücklich – gekleidet in einer khaki-farbenen Hose und einem weißen Hemd, den rechten Fuß in einem Gips.

Erholung

«Sieben Jahre lang habe ich keinen Tag des Ausruhens gehabt», sagte er vor einer applaudierenden Menge von rund 150 Anhängern und Journalisten laut einer Übersetzerin. «Ich bin hergekommen, um meinem Körper und meinem Geist etwas Erholung zu gönnen.»

Das will der 40-Jährige, der sich in seiner Heimat vor allem für Opfer von Zwangsabtreibungen eingesetzt hatte, unter anderem bei einem Jurastudium tun. Mit seinem Studentenvisum hält er sich zugleich die Möglichkeit offenhalten, eines Tages in seine Heimat zurückkehren zu können. Mehrfach hatte sich der Aktivist besorgt gezeigt, dass seine Angehörigen wegen seiner Flucht Repressalien erleiden müssten. Chen appellierte an die Regierung in Peking: «Ich hoffe, dass sie ihren offenen Diskurs fortsetzen und damit den Respekt und das Vertrauen der Menschen ernten.»

Ausreise

Chen war nach wochenlangem Bangen erst am Morgen überraschend darüber informiert worden, dass er mit seiner Familie ausreisen dürfe. Seit er die US-Botschaft verlassen hatte, lebte die Familie von der Außenwelt weitgehend abgeschirmt in einem Pekinger Krankenhaus. Dort wurde er wegen einer Fußverletzung behandelt, die er sich bei seiner Flucht aus seinem Heimatdorf in die Botschaft zugezogen hatte.

Er sehe seinem neuen Leben mit «gemischten Gefühlen» entgegen, sagte er einem CNN-Reporter während des Fluges – einem der wenigen, die zu ihm gelassen wurden. Zahlreiche Journalisten und Sympathisanten, die am Flughafen seiner neuen Heimat auf den prominenten Bürgerrechtler gewartet hatten, wurden hingegen enttäuscht. Chen wurde an ihnen vorbeigeschleust, um direkt zur New York University zu fahren. Auf seinem Flug war er unter anderem von chinesischsprachigen US-Diplomaten begleitet worden.

Lob

Das Weiße Haus und das Außenministerium in Washington begrüßten die Entwicklung und lobten die chinesischen Behörden. «Wir drücken unseren Dank für die Art und Weise aus, in der wir diese Angelegenheit klären konnten, um Herrn Chengs Wunsch zu unterstützen, in den USA zu studieren und sein Ziel zu verfolgen», so Außenministeriums-Sprecherin Victoria Nuland.

Die Ausreise in die USA markiert einen vorläufigen Schlusspunkt im diplomatischen Tauziehen zwischen den USA und China um den Aktivisten, der jahrelang seiner Freiheit beraubt und teilweise misshandelt wurde. Er war nach 19 Monaten Hausarrest in seinem Heimatdorf Dongshigu in der Provinz Shandong mit Hilfe von Freunden in die US-Vertretung in der Hauptstadt geflüchtet. Nach sechs Tagen verließ er die Botschaft unter Zusagen, mit seiner Familie vereint zu werden. Aus Angst um seine Sicherheit entschied er sich dann aber doch für die Ausreise.