Mit technischen Detailfragen hat am Montag der Berufungsprozess des wegen Milliardenveruntreuung verurteilten früheren französischen Börsenhändlers Jérôme Kerviel in Paris begonnen.
Sein früherer Arbeitgeber – die Großbank Société Générale – muss dabei beweisen, dass ihr die jahrelangen hochriskanten Spekulationsgeschäfte ihres Ex-Mitarbeiters verborgen geblieben sind. Unter großem Medieninteresse beantwortete der heute 35-jährige Kerviel zum Verfahrensauftakt Fragen nach einem hausinternen Moralkodex, den er bei seiner Einstellung unterzeichnet habe.
«Um ganz ehrlich mit Ihnen zu sein: Ich habe ihn damals nicht gelesen – aber ja: ich habe ihn unterzeichnet», sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP. Anschließend gab er zu, dass er die für die insgesamt acht Händler seiner Abteilung zulässigen Grenzwerte von insgesamt 125 Millionen Euro überschritten habe. Allerdings habe er diese Summe eher als informellen Richtwert angesehen. Er gab einen Irrtum zu und meinte mit Blick auf die verspekulierte Summe: «Das war in der Tat extravagant.» Ihm sei unbekannt, ob auch andere Händler beim Überschreiten der Grenzwerte ähnlich gehandelt hätten wie er.
Milliarden-Forderung
Kerviel hatte Berufung gegen ein Urteil von Ende 2010 eingelegt, das ihn zu fünf Jahren Haft – zwei davon auf Bewährung – sowie der Rückzahlung von 4,9 Milliarden Euro an seinen Ex-Arbeitgeber verurteilt hatte. Sein damaliger Arbeitgeber, die französische Großbank Société Générale, hatte 2008 Verluste von fast fünf Milliarden Euro eingefahren und dafür ungenehmigte eigenmächtige Spekulationen Kerviels verantwortlich gemacht.
Vor dem Auftakt des bis zum 28. Juni terminierten Prozesses hatte er erklärt, stets mit Wissen seiner Vorgesetzten gehandelt zu haben. Kerviel hat zudem zwei Anzeigen gegen die Großbank erstattet, weil sie angeblich für den Prozess Tonaufnahmen manipuliert hat. Sie seien ohne Wissen Kerviels aufgenommen und anschließend verkürzt worden. Zudem habe sie im ersten Prozess verheimlicht, dass sie einen Teil ihres Verlustes wieder ausgeglichen habe. Die Bank reagierte mit zwei Gegenklagen wegen übler Nachrede. Die französischen Großbank beteuerten nach dem Skandal, sie hätten Lehren aus der Affäre gezogen und Maßnahmen ergriffen, um ähnliche Fälle künftig zu verhindern. Mit einem Urteil wird frühestens im Spätsommer gerechnet.
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