Patrick Weiten ist ein unprätentiöser Mann. Er braucht keinen Hofstaat, der ihn umgibt. Er steht für sich selbst. Zum Pressefrühstück mit einigen Journalisten in Metz steht er plötzlich einfach im Saal, sagt freundlich guten Morgen und trinkt im Stehen einen Kaffee wie alle anderen auch. Patrick Weiten ist Präsident des Generalrates im Mosel-Département. Er benötigt keine Ankündigung. Er strahlt Freundlichkeit und Selbstsicherheit aus.
" class="infobox_img" />Patrick Weiten. (Bild: Tageblatt)
Am Mittwoch starteten die zweitätigen «Greater Region Business Days 2012» in der Luxexpo auf Kirchberg. Hier treffen sich kleine und mittlere Unternehmen aus der Großregion zum Austausch.
Seit einem Jahr ist der Kommunalpolitiker aus Yutz (nahe Thionville) Präsident des größten Départements in Lothringen. Er schmunzelt, wenn er darauf hinweist, dass er im Alter von 57 Jahren Präsident des Départements mit der Nummer 57 geworden ist. Weiten hat sich im vergangenen Jahr sein Département erarbeitet. Stadt um Stadt, Landkreis um Landkreis hat er besucht und die Hälfte aller Ortschaften erkundet. Jetzt hat er damit begonnen, sich die andere Hälfte zu erarbeiten.
Bilaterale Beziehungen
Bei Besuchen in seinem Gebiet hat er es dabei nicht belassen. Mit Staatsminister Juncker hat er geredet, Infrastrukturminister Claude Wiseler hat er besucht. Wiseler, so macht er im Gespräch mit dem Tageblatt deutlich, wird für ihn ein wichtiger Gesprächspartner werden. „Denn“, sagt er, „wir arbeiten zwar in einer Großregion, aber darin gibt es zwischen allen Mitgliedern bilaterale Beziehungen.“ Die mit Luxemburg wird er ausbauen, lässt er anklingen.
Weiten verändert damit die Politik seines Vorgängers, der stark auf das Saarland gesetzt hatte. In den 90er Jahren stieg die Zahl der Grenzgänger aus Lothringen stark an. Damals zeichnete sich das Ende der Kohle in Lothringen ab, aber auch ein Beginn einer Re-Industriealisierung, die vor allem von deutschen Firmen kam. „Grenzgänger nach Luxemburg kannten wir damals überhaupt nicht. Das hat sich erst in den vergangenen zehn Jahren so ergeben, wie es sich heutzutage abzeichnet,“ sagt er zur Begründung, warum sich das Mosel-Département damals so stark auf das Saarland konzentrierte. Weiten kommt aus einer Region, die 40 Prozent aller lothringischen Grenzgänger nach Luxemburg verzeichnet. Den morgendlichen Stau von Thionville bis an die Stadtgrenze Luxemburgs kennt er seit Jahren. Der Ausbau der Autobahn auf drei Spuren ist für ihn daher auch unumgänglich.
Eine Entwicklungsachse
„Tatsächlich kommt man damit alleine aber nicht weiter“, weiß er. „Die tägliche Hölle auf der Autobahn muss man mit einer Vielzahl von Mitteln bekämpfen. Der Ausbau der Autobahn ist ein Bereich. Die Entlastung des Bahnhofs von Thionville durch weitere Haltepunkte in der Umgebung – der andere. Fahrgemeinschaften müssen ermutigt werden. Busse müssen verstärkt eingesetzt werden.“ Mit Verkehrsminister Wiseler hat er in der vergangenen Woche geredet. Hier standen Parkplätze entlang der Autobahn auf der Tagesordnung, aber auch die Tram, die nun gebaut werden soll.
Lothringen hat für sich entschieden, dass es eine Entwicklungsachse entlang der Mosel geben soll. „Aber die wird erst ab Metz gedacht. Und dann redet man vor allem von Metz, Nancy und Remiremont in den Vogesen“ moniert Weiten. Er habe in seinem Département das Becken um Forbach und Saarbrücken, die Stahlregion und auch die Gegend um Thionville zu sehen. Er könne sich in der wirtschaftlichen Entwicklung nicht alleine auf das Moseltal beziehen.
In größeren Dimensionen denken
Weiten hat in seiner Sicht der Großregion nicht den Anspruch, die Grenzgänger, die nun in Luxemburg arbeiten, alle durch Maßnahmen in seinem Département wieder zurück zu holen. „Wir leben in einer Großregion. Die Menschen suchen sich ihre Arbeit. Wir müssen in größeren Dimensionen denken und nicht mehr national.“ Zu den größeren Dimensionen gehört auch der Bezug zu Trier. „Wir müssen hier die Beziehungen ausbauen“, bestimmt Weiten eine neue Achse der Kooperation. «Wir müssen die Beziehungen mit Trier kulturell und wirtschaftlich ausbauen. Und wir müssen die Verkehrswege nach Trier entwickeln,“ bestimmt er einen neuen Arbeitsbereich in den bilateralen Entwicklungen des Départements. „Die Arbeitslosigkeit liegt dort bei um die drei Prozent. Es gibt dort Arbeit. Nicht die Sprache ist das Problem, sondern der Transport. «Wir haben eine Eisenbahnstrecke entlang der Mosel, die früher stark genutzt wurde, heute aber brach liegt. Daran müssen wir arbeiten.»
Als ob das nicht schon genügend Aufgaben wären, hat sich Weiten nun eine weitere zugemutet. Neben der Autobahn in Illange entsteht von September an auf zunächst 120 Hektar Land ein chinesischer Brückenkopf. In den kommenden zwei Jahren sollen hier 3.000 neue Arbeitsplätze entstehen. In den kommenden zehn Jahren können es bis zu 30.000 werden. In Illange sollen Importe erfolgen, soll produziert werden, soll eine chinesische Zone für Europa entstehen.
Knotenpunkt: Illange
Ungewöhnlich für Frankreich: Das Gelände gehört zwar dem Département, aber private Investoren sollen den China Park mit dem Namen „Terra Lorraine“ entwickeln. Die Investoren kommen aus Luxemburg. Weiten will hier in den kommenden Tagen mit dem Vorstandsvorsitzenden von Luxair, Adrien Ney reden, er will mit Hjördal Stahl reden, die für Luxaircargo zuständig ist und er will erneut in Diskussionen mit Claude Wiseler eintreten. In vergangenen Gesprächen habe Wiseler bereits auf die Flughafen-Kapazitäten hingewiesen und auch darauf, dass chinesische Frachtflug-Gesellschaften den Flughafen Luxemburg bereits nutzen würden, erzählt Weiten. Wiseler soll weiter großes Interesse an dem Moselhafen Illange gezeigt haben, der eine Umschlagplattform für Schiffsfracht wird. Containerschiffe können zukünftig über Trier hinaus bis nach Illange fahren, weil die Mosel vertieft worden und der Wasserstand gleichzeitig abgesenkt worden sei. In Illange sollen zukünftig täglich hunderte von Containern umgeschlagen werden, Folge des chinesischen Engagements.
Auf die lothringische Region an der luxemburgischen Grenze kommen ganz neue Aufgaben zu: Straßen, Häuser und Schulen müssen in den kommenden zehn Jahren gebaut werden. Eine ganz neue Infrastruktur wird entstehen, meint Weiten, die auf ungefähr sechs Millionen Quadratmetern gebaut wird. In den kommenden sechs Jahren sollen dort sechs Milliarden Euro investiert werden. Weiten weiß, warum er nicht mehr von nationalen Arbeitsmarktstrukturen redet. Hier wird eine Transitzone entstehen, in der luxemburgische wie chinesische und französische Firmen arbeiten werden und in der Luxemburger, Chinesen und Lothringer arbeiten werden. Europa spielt dabei keine Rolle. „Wir machen das alles ohne europäische Zuschüsse“, sagt er kurz und knapp und baut dabei auf eine Kooperation mit Luxemburg.
(Helmut Wyrwich / Tageblatt.lu)
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