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Barclays-Chef Bob Diamond muss gehen

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Mit Bob Diamond muss einer der einflussreichsten Banker der Welt gehen. Der Amerikaner an der Spitze der britischen Großbank Barclays stürzte über eine Affäre um manipulierte Zinssätze. Am Mittwoch wird er auch noch vor einen Parlamentsausschuss zitiert.

Der Finanzplatz London hat einen neuen Bankenskandal, einer der einflussreichsten Bankmanager der Welt muss gehen: Bob Diamond, Vorstandschef der britischen Großbank Barclays, ist am Dienstag mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Der öffentliche Druck wegen möglicherweise manipulierter Zinssätze im Handel zwischen Banken war in den vergangenen Tagen immer größer geworden. «Bob Diamond hat die richtige Entscheidung für Barclays und die richtige Entscheidung für das Land getroffen», sagte der britische Finanzminister George Osborne.

Barclays-Chef, Bob Diamond, ist zurückgetreten. (dpa)

Der Druck auf Barclays habe ein Niveau erreicht, das die Zukunft des Unternehmens bedrohe, heißt es in einer Mitteilung der Bank vom Dienstag. «Das durfte ich nicht geschehen lassen», erklärte der scheidende Vorstandschef, der sich am Mittwoch vor dem Finanzausschuss des Unterhauses verantworten muss.

Erhebliche Verluste

Barclays hatte an den Börsen im Zuge der Affäre in den vergangenen Tagen erhebliche Verluste einstecken müssen. Am Dienstag waren die Titel der Bank nach der Rücktrittsmeldung zeitweise mit fast fünf Prozent im Plus, büßten am Ende aber doch wieder 0,80 Prozent ein. Bei der Bank hinterlässt der 60-jährige Diamond ein Machtvakuum.

Am Dienstagnachmittag verlor die Bank dann noch einen weiteren Top-Manager, Vorstandsmitglied Jerry del Missier. Er war in der fraglichen Zeit neben Diamond für die Investmentbanking-Sparte Barclays Capital verantwortlich gewesen. Verwaltungsratschef Marcus Agius hatte bereits am Montag seinen Rückzug angekündigt, bleibt aber zunächst noch an Bord.

Strafen von 345 Millionen Euro

In der vergangenen Woche waren Barclays von der britischen und der US-amerikanischen Finanzaufsicht sowie vom US-Justizministerium Strafzahlungen in Höhe von 290 Millionen britischen Pfund (rund 345 Mio Euro) auferlegt worden. Mitarbeiter hatten versucht, den Liborsatz zu beeinflussen – den Zinssatz, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen.

Untersuchungen in diesem Fall laufen noch gegen mehrere andere Großbanken, darunter auch die Deutsche Bank. Die britische Finanzaufsicht FSA war zu dem Schluss gekommen, dass die Verfehlungen bei Barclays «ernst und großflächig» gewesen seien. Unklar ist gegenwärtig, ob dem Vergleich mit den Behörden noch Schadenersatzforderungen von Marktteilnehmern folgen können.

Schwierige Nachfolge

Die Suche nach einem Nachfolger für Diamond gestaltet sich derart schwierig, dass der ebenfalls bereits vor seinem Rücktritt stehende Verwaltungsratschef Marcus Agius reaktiviert werden musste. Agius hatte erklärt, er werde die Konsequenzen aus der Affäre ziehen und abtreten. Jetzt muss er die operativen Geschäfte führen, bis ein Nachfolger für Diamond gefunden ist.

Dieser muss sich bereits am Mittwoch vor dem Finanzausschuss des britischen Parlamentes verantworten. Viele Politiker werfen ihm vor, dass er als Chef der Investmentsparte von Barclays in der fraglichen Zeit der Jahre 2005 bis 2009 die Manipulationen ermöglicht hat.

Opposition fordert speziellen Ausschuss

Die Labour-Opposition möchte, dass über die parlamentarische Untersuchung hinaus ein richterlicher Untersuchungsausschuss einberufen wird, der sich mit der Unternehmenskultur der für die britische Wirtschaft so wichtigen Finanzinstitute beschäftigt. «Es geht nicht nur um einen einzelnen. Es geht um die Kultur in der gesamten Branche», sagte Oppositionsführer Ed Miliband. Am Donnerstag soll es eine Debatte und Abstimmung im Parlament über die Form der Untersuchung des Skandals geben.

Der Sender Sky berichtete am Dienstag von Spekulationen, Diamond müsse möglicherweise an ihn gezahlte Boni zurückgeben. Dabei soll es sich um Aktienanteile im Wert von 20 Millionen Pfund handeln, die er im vergangenen Jahr bekommen haben soll. Im Raum steht auch die Frage, ob ihm der Rest seines Gehaltes für das verbleibende Jahr zusteht. Offizielles gab es zu den Berichten nicht.