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Kampf um die Kraftwerke

Kampf um die Kraftwerke

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Kohle wird in Lothringen seit Beginn des neuen Jahrtausends nicht mehr gefördert. Jetzt sollen auch die Blöcke des Kohlekraftwerkes der Anlage Emile Huchet in St. Avold abgeschaltet werden. Dagegen gibt es Widerstand.

Der deutsche Energiekonzern Eon hat vor vier Jahren einen Übernahmekampf im Wert von 32 Milliarden Euro um den spanischen Energiekonzern Endesa verloren. Als Verlustausgleich erhielt Eon in Frankreich Kohlekraftwerke, Gasturbinen, Windparks und zwei Solarparks. Die Kohlekraftwerke stehen in den alten Industriegebieten, überall dort, wo früher in Frankreich Kohle gefördert worden ist. Die Kohlekraftwerke sind alt, unrentabel, zu teuer und zu umweltschädlich. Kohle wird im lothringischen Kohlebecken nicht mehr gefördert. Die Kokerei in St. Avold ist deswegen auch schon geschlossen worden.

Und nun die beiden Blöcke des Kraftwerkes Emile Huchet in St. Avold. Nach und nach stirbt das lothringische Kohlebecken. Das macht Probleme wie im Stahltal der Fensch, wo in Florange die Stahlwerker um den Erhalt ihrer Hochöfen kämpfen. In St. Avold sind es 365 mit 1.000 indirekten Arbeitsplätzen im Hintergrund. Bei den Stahlwerkern sind es 500, mit der Furcht, dass 2.700 Arbeitsplätze insgesamt abgebaut werden. Für Eon ist die Zukunft der Blöcke von Emile Huchet eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Für die 365 Arbieter des Kraftwerkes ist das seine Frage des sozialen Überlebens und noch ein wenig mehr. „Wo wird es in der Zukunft die Arbeitsplätze für unsere Kinder geben?“, fragt da einer. Für Eon ist der Fall im Prinzip entschieden. Spätestens im Jahre 2015 wird Emile Huchet abgeschaltet.

Die Retterin?

Wäre da nicht eine junge Frau, die an die Kohle glaubt und der Meinung ist, dass man aus Emile Huchet möglicherweise noch etwas machen kann. Michèle Assouline ist 36 Jahre alt. Sie ist Chefin des Beteiligungsfonds Sparkling Capital. Sie hatte eine alternative Stromgesellschaft – KalibraXE – aufgebaut, die 160 Unternehmen in Europa über einen eigenen Handelssaal versorgte, in dem sie mit Strompaketen handelte. Sie verkaufte ihr Unternehmen und legte das Geld zusammen mit ihrem Bruder in dem Rohstoff-Fonds Sparkling Commodities an. Der kaufte sieben Kohlegruben in Indonesien, in dem im Tagebau Kohle gefördert wird. Großkunde der Gruben ist China. Der Fonds ist hoch profitabel.

Die Ingenieurin, die ihre Ausbildung an der berühmtesten Ingenieurschule Frankreichs, „Arts et Metier“, erhielt, wurde von dem Industrieminister Eric Besson aus der Regierung des früheren Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy angeheuert, um bei der Problemlösung in St. Avold zu helfen. Sie sicherte sich die Kooperation des Energiegiganten EDF, sie wandte sich an US-Hersteller von Turbinen, die sie dort preiswerter kaufen wird. Sie entwickelte einen Industrieplan für Emile Huchet, in dem eine Reduzierung der Ausstöße von Kohlenstoffdioxid um 20 Prozent vorgesehen ist. Die Investitionssumme soll bei etwa 350 Millionen Euro liegen und die Existenz der Kohlkraftwerke in St. Avold in den kommenden 30 Jahren sichern. Ihr Plan berücksichtigt die neuen europäischen Direktiven zum Umweltschutz, die nach Meinung von E.on das „Aus“ für Emile Huchet bedeuten. Verhandlungen mit Eon hat Michèle Assouline geführt. Sie sollen derzeit auf Eis liegen.

Bereit zu investieren

In der vergangenen Woche war sie in St. Avold und hat mit den Arbeitern geredet. Ihre Ansage war klar und deutlich: Ein Experte soll sich Emile Huchet anschauen, soll ihren Industrieplan prüfen. Wenn der Experte Emile Huchet und ihren industrieplan für lebensfähig hält, ist sie bereit, zu investieren. Ist er anderer Meinung, gibt sie das Projekt auf und Emile Huchet wird geschlossen werden. Die Arbeiter im Kohlekraftwerk suchen nun das Gespräch mit dem Minister für die Erhaltung industrieller Arbeitsplätze, Arnaud Montebourg. Sie erwarten, dass er einen Experten benennt.

Nicht nur die Arbeiter suchen das Gespräch. Auch die Investorin will mit der Regierung reden. Sie will wissen, ob die Abmachungen mit der Vorgänger-Regierung noch gelten.

Für Eon sieht die Situation aber möglicherweise noch ganz anders aus. Der Konzern ist Mitbewerber um den Verkauf von sieben Talsperren in Frankreich. Eon, durch den Ausstieg aus der Kernenergie auf der Suche nach neuer Strategie und neuem Image, steige nun aus der Kohle-Energie aus, um sich der der „grünen“ Energie der Talsperren zuzuwenden, wird in St. Avold vermutet.