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Aufschlag, Netz und Punkt

Aufschlag, Netz und Punkt

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Am Sonntag „leisten“ sich die Roller Open neben den „normalen“ Schieds- und Linienrichtern auch einen Netzrichter, dessen Aufgabe es ist, Ballberührungen am Netz während des Aufschlags mit „let“ zu melden.

Diese Personalie könnte eventuell irgendwann wegfallen: Die Profivereinigung des Herrentennis, die ATP, hat am Mittwoch eine Testphase für die ersten drei Monate des kommenden Jahres angekündigt, wo auf der Challenge Tour ohne „let“ gespielt wird.

Die Resultate:

Viertelfinale:

Einzel: Horacio Zeballos (ARG, 117/6) – Jürgen Zopp (EST, 71/2) 6:7 (2), 3:6; Paul-Henri Mathieu (F, 114/WC) – Jan Hernych (CZE, 172) 7:6 (5), 7:6 (6); Niels Desein (B, 284) – Edouard Roger-Vasselin (F 120/5) 5:7, 4:6; Tobias Kamke (D, 87/4) – Ivan Dodig (CRO, 110/8) 6:4, 5:7, 6:4

Doppel: Murray/Sa (GBR/BRA/1) – Muller/Scheidweilerbei Redaktionsschluss noch nicht beendet

Programm:

Samstag (15.09.12) ab 13.30 Uhr:

Einzel: Mathieu – Zopp,

Doppel: Murray/Sa oder Muller/Scheidweiler – Bucewicz/Goodall (AUS/GBR)

Nicht vor 17.00 Uhr: Roger-Vasselin – Kamke

Das will heißen: Berührt der Aufschlag das Netz, wird weitergespielt (falls der Ball im richtigen Feld landet) und es gibt nicht wie bislang eine Wiederholung des Aufschlags – was natürlich nur im Falle zustande kam, wenn der Service auch im richtigen Aufschlagfeld war. Das Tageblatt hat sich in Petingen umgehört, wie dieser Test ankommt.

Im Volleyball wurde diese Regel im Jahr 2000 geändert: Fällt der Ball jetzt von der Netzkante ins Feld, bedeutet das Punkt für die aufschlagende Mannschaft.

Positiver Einfluß

Für den ATP-Chef Brad Drewett geht es nicht unbedingt „um die Länge eines Matches“, sondern: „Es soll einen positiven Einfluss auf den Spielfluss haben. Wir sind sicherlich nicht bereit, das ‹let› ganz zu eliminieren. Aber wir sind überzeugt, dass dies ein guter Test auf Wettbewerbsniveau sein kann. So können wir Meinungen von Spielern und Fans einholen und dann entscheiden, ob wir das noch ausweiten“, wie der ehemalige australische Profi in einer Mitteilung sagte.

In den „Rules of Tennis“, also den Regeln beim Internationalen Tennisverband ITF, ist ein solcher Test vorgesehen. Im Appendix IV heißt es: „Berührt der Aufschlag das Netz (…) ist der Ball im Spiel.“ Die Regel wird dann „no-let“ genannt.

Bedenken

Die Begeisterung in Tennis-Kreisen hält sich auf jeden Fall für den Moment in Grenzen. Gilles Muller hatte am Tag vor Bekanntgabe der Änderung erstmals davon gehört, war aber nicht überzeugt: „Es gibt so viel zu ändern. Dies hätte wirklich nicht sein müssen. Ich glaube nicht, dass das Match dadurch schneller und attraktiver wird.“

Auch sein Teilzeittrainer und FLT-Sportdirektor Alexandre Lisiecki meldete Bedenken an: „Ich sehe wirklich nicht den Sinn in dieser Maßnahme. ‹On change pour changer.› Vor einigen Jahren haben sie dies einmal getestet. Für das Spektakel wird es nicht förderlich sein. Es wird nur mehr ungerechte Punkte geben. Es wäre interessant, zu sehen, wie die Statistik aussieht, wie viele Netzbälle es im Spiel gibt und wie viele beim Aufschlag. Ich bin der Meinung, dass es mehr beim Aufschlag sind. Jetzt zwingt man die Spieler eigentlich, etwas zu ändern.“

Für Lisiecki würde diese Regeländerung „die Natur des Tennis verändern.“ Und es wäre nicht zu vergleichen mit dem Tiebreak, der 1970 in die Regeln aufgenommen wurde, und laut Lisiecki „das Tennis revolutioniert hat.“ So ist der Franzose auch ein Fürsprecher des Super-Tiebreak – bei einigen Wettbewerben, wie z.B. im Doppel, wird der dritte und entscheidende Satz wie ein Tiebreak bis zehn Punkte ausgespielt.

Eine weitere Regeländerung vor einigen Jahren war das „no-ad“ (Kurzform für „no advantage“), das vor allem im Doppel praktiziert wird: Steht es 40:40, entscheidet der nächste Punkt und das returnierende Team wählt, auf welche Seite aufgeschlagen wird.

Warum eine Veränderung?

Abschließend fragt sich Alexandre Lisiecki, „warum überhaupt etwas verändert werden muss. Dem Tennis geht es doch gut. Wir haben vier Superstars, die Ballwechsel sind spektakulär. Was will man noch mehr?“

In diese Richtung denkt auch ein französisches Paar, das die Roller Open als Zuschauer verfolgte: „Warum muss man gerade das ändern? Es gibt doch noch andere Sachen, wie z.B. das Spiel zu verlangsamen. Ich tendiere dazu, mit Schaumbällen zu spielen“, meinte der Mann mit einem Lächeln, aber doch einem Rest Ernsthaftigkeit.

Hawk-Eye

Auch Turnierdirektor Marco Pütz sieht diesem Test nicht unbedingt positiv entgegen: „Für die Spieler finde ich es nicht gut. Ich weiß nicht, ob die Zuschauer dies verstehen werden. Und was soll das dem Tennis überhaupt bringen?“

Der Oberschiedsrichter in Petingen, Stéphen Crétois, sieht den Test „so wie das Hawk-Eye. Es wird dem Spiel etwas mehr Spannung verleihen.“ Für die Schiedsrichter wie die Spieler heißt dies, dass „sie einen Reflex verändern müssen. Aber jeder wird sich dran gewöhnen.“

Ob die Regel dann definitiv eingeführt wird, bleibt noch abzuwarten: „Der ganze Tennissport ist involviert. Es geht auch um die Art zu spielen. Man muss abwarten.“

Positiver Ansatz

Doch bei der nicht repräsentativen Tageblatt-Umfrage gab es auch einen positiven Ansatz, und zwar den des deutschen Doppelspielers Christopher Kas (aktuell 43. der Doppel-Weltrangliste und mit Dick Norman Finalist in Petingen): „Ich finde es eine gute Idee. Ich glaube, der Aufschlag wird dadurch nur minimal verändert. Außerdem ist es gut, diese Regel erst auf der Challenger Tour zu testen. Sie macht das Spiel zuschauerfreundlicher und schneller. Aber es wird das Spiel nicht verändern. Sollte es Blödsinn sein, wird die ATP die Regel nicht definitiv einführen.“