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Es läuft wieder

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Im Sommer 2009 stand Amerikas Autoindustrie vor dem Kollaps. Der Staat musste eingreifen. Und heute? Die Geschäfte brummen. Wenn da nur der europäische Markt nicht wäre.

Eigentlich muss es dieser Tage Spaß machen, einen Autokonzern in den USA zu lenken. Anders als in Europa, wo die Verkäufe im Keller sind, haben die Amerikaner weiter Lust am Kauf eines neuen Wagens. Schon das ganze Jahr läuft es wie geschmiert – trotz aller weltwirtschaftlichen Unsicherheiten. Davon profitieren vor allem die «Big Three» der US-Autoindustrie: General Motors, Ford und Chrysler.

Im Jahr 2009, als Präsident Barack Obama gerade frisch im Amt war, sah das Bild deutlich anders aus: Überbordende Schulden, unproduktive Werke, veraltete Modelle und hohe Kosten für Pensionen und Gesundheitsversorgung der Mitarbeiter belasteten die Hersteller. Einbrechende Verkaufszahlen ließen General Motors und Chrysler schließlich in die Insolvenz abgleiten. Ford konnte sich nur mit Mühe halten.

Es war ein Weckruf für alle Beteiligten. Die Regierung pumpte 80 Milliarden Dollar in die Branche, um sie zu retten. Sonst, so die Sorge, gingen Hunderttausende Arbeitsplätze verloren bis hinunter zum kleinen Zulieferer. Die ohnehin von den Massenentlassungen der Vorjahre gebeutelte Autoregion um Detroit wäre wohl endgültig verödet.

Trumpfkarte

Die Aktion hatte Erfolg – und könnte sich für Präsident Barack Obama heute als Trumpfkarte im Rennen um seine Wiederwahl erweisen. Die Hersteller bauten Schulden ab, schlossen unrentable Werke, senkten die Personalkosten und entwickelten neue Modelle. Zudem stellten sie sich international breiter auf. Vor allem GM und Ford stießen tiefer in den Boommarkt China vor.

Nach einst hohen Verlusten verdiente General Motors im ersten Halbjahr unterm Strich 3,2 Milliarden Dollar, bei Ford waren es 2,4 Milliarden Dollar und bei Chrysler 909 Millionen Dollar. Würde der europäische Automarkt nicht derart schwächeln, stünden die US-Hersteller noch besser da. GM verbrennt Geld bei seiner Tochter Opel; gleiches gilt für Fords Europageschäft. Chrysler wiederum ist seiner italienischen Mutter Fiat eine Stütze.

Vier Millionen mehr Autos

Als Rückgrat der US-Autoindustrie erweist sich derzeit ausgerechnet der heimische Automarkt, der in der Rezession so brutal eingebrochen war. 2009 hatten alle Hersteller in den USA gerade noch 10,4 Millionen Autos verkauft, nachdem es zu Spitzenzeiten ein paar Jahre zuvor noch 16 oder 17 Millionen waren. In diesem Jahr, so kalkulieren die Experten des Autoportals Edmunds.com, dürften es 14,4 Millionen werden. Ihre Kollegen vom Marktforscher J.D. Power gehen von 14,3 Millionen aus.

Es gebe «mehr Zeichen denn je, dass die Käufer in den Markt zurückkehren», stellte Edmunds-Analystin Jessica Caldwell fest. John Humphrey von J.D. Power sprach von einem «gesunden Markt». Beide erwarten, dass im kommenden Jahr 15 Millionen Fahrzeuge in den USA verkauft werden. Denn viele Amerikaner müssen einfach kaufen – ihre Autos fallen langsam auseinander.