Schon seit Jahren lastet die gescheiterte Privatfinanzierung des Nürburgrings auf der rheinland-pfälzischen Landesregierung. Die angeblich bis ins Rotlichtmilieu reichende Affäre zwischen Mainz, der Schweiz, Liechtenstein, Dubai und den USA hat Ministerpräsident Kurt Beck 2009 in eine Krise gestürzt und Finanzminister Ingolf Deubel (beide SPD) das Amt gekostet.
Inzwischen ist die nun mit öffentlichem Geld ausgebaute Rennstrecke pleite. Während Beck aus gesundheitlichen Gründen im Januar 2013 den Hut nimmt, steht Deubel vom 16. Oktober an wegen mutmaßlicher Untreue vor dem Landgericht Koblenz. Die Vorwürfe hatte er zurückgewiesen. Der geschasste Ex-Ringchef Walter Kafitz und vier weitere Manager sitzen ebenfalls auf der Anklagebank.
15 Verhandlungstage
Bislang sind 15 Verhandlungstage bis Anfang Januar angesetzt. Mindestens ein Angeklagter will sich in dem mit Spannung erwarteten Verfahren äußern. Welcher das ist, teilte das Gericht vorerst nicht mit. Zeugen sind an den ersten drei Prozesstagen noch nicht geladen. Ob der scheidende Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) oder ein anderes Kabinettsmitglied im späteren Verlauf befragt werden sollen, war zunächst nicht bekannt.
Der Ex-Judotrainer und einst weithin anerkannte Haushaltspolitiker Deubel galt als Hauptpfeiler in Becks früherem Kabinett. Dort soll er mitunter andere Minister mit hochkomplexen Finanzvorträgen an die Wand geredet haben, wie ein Ressortchef berichtete. Auch manche bundespolitischen Finanzprojekte tragen Deubels Handschrift.
Einem Betrüger aufgesessen
Dann wollte er beim Ausbau des Nürburgrings mit einem höchst ungewöhnlichen internationalen Konstrukt eine achtstellige Summe zugunsten des Landes sparen. Mit einem Journalisten wettete Deubel um eine Kiste Sekt, dass ihm das gelänge. Doch dann platzte ein US-Scheck über 67 Millionen Dollar. Die hinter dem Deal stehende, angeblich steinreiche amerikanische Persönlichkeit entpuppte sich als mutmaßlicher Betrüger mit wahrscheinlich falschem Namen und vermutlich nie mehr als 500 Dollar auf dem Konto.
In der Anklage liest sich das nun so: Deubel soll für finanzielle Schäden in sechsstelliger Summe mitverantwortlich gewesen sein. Zudem habe er die Gefährdung von Steuergeld in achtstelliger Höhe in Kauf genommen. Bei einer Ausfallbürgschaft für Darlehen soll er etwa die Gefährdung von fast 7,9 Millionen Euro riskiert haben. Zudem habe er die Zahlung einer Provision für die geplante US-Finanzierung veranlasst. Als sich der 67-Millionen-Dollar-Scheck als ungedeckt entpuppt habe, seien die «konkret gefährdeten» vier Millionen Euro Vermittlungshonorar nur durch Zufall gerettet worden.
Anklage wegen Falschaussage
Ende August kam eine zweite Anklage gegen Deubel hinzu – wegen angeblich uneidlicher Falschaussage vor dem früheren Untersuchungsausschuss des Landtags. Dieser beschäftigte sich in 32 Sitzungen mit der hochkomplexen Materie. Einen Abschlussbericht gab es nie. Untreue werfen die Ankläger auch dem geschassten Ringchef Kafitz vor, Beihilfe zur Untreue dem ehemaligen Kreditmediator der Bundesregierung, Hans-Joachim Metternich.
Becks frühere SPD-Alleinregierung wollte mit dem Ausbau des Nürburgrings mehr Besucher in die strukturschwache Eifel locken. Sie investierte 330 Millionen Euro, doch der Freizeitpark stellte sich als überdimensioniert heraus. Wegen der Insolvenz droht nun Steuergeld in dreistelliger Millionenhöhe verloren zu gehen. Das hat den politischen Druck auf Beck nochmals erhöht.
Im Zusammenhang mit Finanzvermittlern der Nürburgring-Affäre waren kürzlich auch Vorwürfe zu angeblichen Luxusreisen und Bordellbesuchen aufgekommen. In einem Vermerk eines Angeklagten war laut einem Koblenzer Gerichtssprecher die Rede von Übernachtungen in einem Hotel in der Schweiz für 490 Franken pro Nacht. Auch einen Bordellbesuch mit einem angeblichen Diamantminenbesitzer habe dem Vermerk zufolge die größtenteils landeseigene Nürburgring GmbH gezahlt. Der Sprecher betonte, zum Wahrheitsgehalt könne er nichts sagen. Wahr oder nicht – diese Frage dürfte im Koblenzer Prozess oft eine Rolle spielen.
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