Der 50-jährige Ian Morgan ist bereits seit 32 Jahren im Luftfrachtgeschäft. Nachdem er lange für Worldwide Flight Services und British Airways gearbeitet hat, ist er seit zwölf Jahren bei Cargolux für Amerika verantwortlich. Er lebt und arbeitet von Boca Raton in Florida aus. Das Tageblatt führte am Rande der Luxemburger Wirtschaftsmission in Mexiko mit ihm ein Gespräch über die Konkurrenz, die Marktsituation und den Einsatz der neuen Boeing 747-800.
Ian Morgan ist Cargolux-Vizepräsident für Amerika. (Foto: Cargolux)
Tageblatt: Herr Morgan, in Luxemburg geht das Gerücht um, dass Qatar Airways der Cargolux ziemlich rentable Routen in Nordamerika abgenommen hat?
Ian Morgan: „Es handelt sich hier um eine urbane Legende. Die Menschen reden davon, dass Qatar uns einige Geschäfte abgenommen hat. Niemand redet allerdings davon, dass wir Qatar im selben Zeitraum auch Aufträge abgenommen haben. Wir befinden uns in einem offenen Konkurrenzumfeld in Nordamerika – der natürlich gesetzlich reguliert wird, damit dieses Umfeld wettbewerbsfähig bleibt. Ich habe kein Problem mit Qatar und hoffe, dass Qatar kein Problem mit mir hat.“
Wie steht es denn um ihren Marktanteil in Nordamerika. Auch im Zusammenhang mit Qatar?
„In einem schrumpfenden Markt, hat es Cargolux in Nordamerika fertiggebracht, dieses Jahr seinen Marktanteil auszubauen. Der Einfluss von Qatar ist minimal auf unsere Geschäfte hier. Wir haben sogar einige wenige gute gemeinsame Geschäfte, um etwa Destinationen im Mittleren Osten zu erreichen, die wir selber nicht anfliegen.“
Sind die Sorgen die man sich in Luxemburg in diesem Punkt mit Qatar macht, also wirklich unbegründet?
„Man muss die Sorgen und Gerüchte ausbalancieren, die durch die momentanen Spannungen bei Cargolux aufkommen. Im Bezug auf die vorhandenen Transportkapazitäten auf dem nord- und südamerikanischen Markt habe ich größere Angst vor Air France, KLM, Lufthansa, British Airways, als vor Qatar-Airways. Es ist relativ einfach andere zu beschuldigen, wenn man Geschäfte verliert. Es ist ja meine Aufgabe und meine Verantwortung, dafür zu sorgen, dass dem nicht so ist.“
Wie würden Sie denn momentan den amerikanischen Markt beschreiben?
„Die Marktbedingungen sind sehr volatil. Cargolux kann ungefähr 2,5 Millionen Kilo pro Woche auf dem nordamerikanischen Markt transportieren. 2009 z.B. gab es auf diesem Markt massive Überkapazitäten. Als die Nachfrage in der zweiten Hälfte dieses Jahres einbrach, haben viele Cargo-Anbieter ihre Transportkapazitäten zurückgezogen. In anderen Worten: Flugzeuge wurden verkauft oder am Boden gelassen. Da die gesamten Transportkapazitäten dermaßen zurückgefahren wurden, konnten die Cargo-Unternehmen dennoch gute Geschäfte trotz des schweren Umfeldes machen. Das ist dieses Jahr noch nicht passiert, es gibt immer noch Überkapazitäten. Das hat wohl auch damit zu tun, dass Boeing immer noch davon ausgeht, dass es einen signifikanten Bedarf an Flugzeugen für die Luftfracht geben wird.“
Was tun Sie, um sich diesen Bedingungen anzupassen?
„Es ist eine delikate Balance. Jeden Monat, jede Woche überprüfen wir unsere Kapazitäten im Markt. So volatil ist der Markt. Es gibt einige Faktoren, die man anpassen kann. Man kann zum Beispiel die festgeplanten Flüge reduzieren oder man kombiniert zusätzliche Stopps, wenn es eine spezifische Nachfrage gibt. Wir haben zurzeit 21 wöchentliche Flüge nach Nordamerika und 5 nach Südamerika. Gegenüber dem Vorjahr haben wir keine Flüge verloren, unsere Transportkapazität hat sich durch die Einführung der 747-800 sogar um 188.000 Kilo pro Woche erhöht.“
Vor fast genau einem Jahr wurde von ihrem Unternehmen die erste Boeing 747-800 in Betrieb genommen. Wie zufrieden sind sie mit dem neuen Flugzeug?
„Wir können zwischen 16 und 17 Tonnen mehr pro Flug transportieren. Ich sehe das so: bei gleichem Treibstoffverbrauch, hat man diese zusätzliche Kapazität sowohl für den Hin- wie für den Rückflug. Bei einem Preis von 3 bis 4 Euro pro geflogenen Kilo auf den Asien- und Südamerika-Routen, sind dies beträchtliche zusätzliche Einahmen bei gleichbleibendem Treibstoffverbrauch. Wichtig ist natürlich die Frage, auf welchen Routen man das Flugzeug einsetzt. Das sind in diesem Fall die Routen, wo die Renditen hoch sind und diese zusätzlichen Kapazitäten auch gebraucht werden. Wenn man die Leistungen vergleicht, dann übertrifft die 747-800 sowohl die 747-400 und die Boeing Freigther Carrier.“
Wie oft wird die Dash-8 auf den amerikanischen Routen gebraucht?
„Momentan wird sie acht Mal in der Woche eingesetzt, in einem Monat wird ein zusätzlicher Einsatz hinzukommen.“
Hat sich die Rentabilität durch die Dash-8 denn seit einem Jahr gesteigert?
„Wir kontrollieren sie jeden Monat. Wir sehen eindeutig eine gesteigerte Rentabilität durch die Dash-8, allerdings, wie gesagt, nur wenn sie auf den richtigen Routen eingesetzt wird.“
Sie haben über Kilos geredet, wie verhält es sich mit dem zusätzlichen Volumen durch die Dash-8?
„Bei einer zusätzlichen Kapazität von 16 Tonnen, hat man offensichtlich auch mehr Volumen zur Verfügung. Dies gibt uns eine schöne Flexibilität. Wir können dadurch gute Kombinationen zwischen Gewicht und Volumen der Ladungen erreichen. Natürlich können wir ja jetzt auch noch grössere Frachtstücke transportieren. Insgesamt ist dies sehr positiv.“
Wie steht es mit dem Geschäftsmodell einer ihrer Spezialitäten, den so genannten Transpazifik-Flügen – also die die einmal rund um die Welt gehen?
„Auch hier gilt, was für die anderen Routen gilt. Die Balance ändert jede Woche; jeden Monat. Wir betreiben momentan vier dieser Flüge. Bekannterweise sind die Asien-Routen ja sehr stark. Wir sehen aber in diesem Zusammenhang auch erhöhte Nachfrage auf den anderen Teilabschnitten dieser Strecke.“
„T“: Was machen Sie in Puncto Kostenreduzierung?
„Von unserem Standpunkt aus sehen wir uns jeden Aspekt unseres Geschäfts an. Zum einen arbeiten wir in Nordamerika ja mit einer Menge Firmen zusammen, welche nicht zu Cargolux gehören: Transportfirmen, Luftfrachtabfertiger, usw. Zum anderen schauen wir uns die internen Kosten an. Jeder Aspekt wird ständig kritisch begutachtet, allerdings geht es überhaupt nicht darum blind, Kosten zu reduzieren. Wir müssen ja den Einfluss auf unsere Dienstleistungen betrachten. Wenn man auf der einen Seite einen Dollar einspart, hat man schnell auf der anderen zwei verloren. Dies ist eine sehr delikate Frage. Besonders da wir ja als ein Anbieter höchster Qualität angesehen werden. Anders gesagt: der Marktpreis ist der Marktpreis, was uns von den anderen unterscheidet, sind die qualitativen Dienstleistungen. Wir machen keine Konzessionen bei der Qualität, sonst verlieren wir unseren Wettbewerbsvorteil.“
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