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Droht ein Freispruch?

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LUXEMBURG - Am Freitag ging der Berufungsprozess gegen einen Arzt weiter, der wegen fahrlässiger Tötung und unterlassender Hilfeleistung in erster Instanz verurteilt wurde.

Vor der von Nico Edon präsidierten Berufungskammer wurde am Freitag der Prozess eines Wiltzer Orthopäden fortgesetzt, der am 7. Juli 2011 vom Diekircher Bezirksgericht wegen fahrlässiger Tötung und unterlassener Hilfeleistung zu drei Monaten Haft auf Bewährung, einer Geldstrafe von 2.000 Euro, sowie einem Schadenersatz von 71.000 Euro verurteilt worden war. Der Anwalt des Arztes plädierte bei dem Prozess auf Freispruch, der Staatsanwalt in Diekirch forderte eine sechsmonatige Haftstrafe auf Bewährung.

Der beschuldigte Arzt hatte einen 74-jährigen Patienten aus Roullingen erfolgreich an der Hüfte operiert. Bei einer Nachuntersuchung wurden jedoch alarmierende Blutwerte (dreimal höhere weiße Blutkörperchen als zulässig) festgestellt. Trotzdem entließ der Arzt den Patienten nach Hause, wo dieser tags darauf verstarb.

Keine Bestätigung

Während der ersten Instanz hatte der Arzt behauptet, dass der Patient, trotz ärztlichen einwänden, unbedingt nach Hause wollte. Diese Aussage konnte aber von der damals anwesenden Krankenschwester nicht bestätigt werden, weil sie nicht vor Gericht erschien.

Der Beschuldigte betonte dann auch in der ersten Sitzung seines Berufungsverfahrens, dass er wegen der fehlenden Aussage der Krankenschwester in Appell gegangen sei. Sie hätte seine Unschuld am Ableben des Patienten bezeugen können.
Der Vorsitzende schlug zunächst vor, die Verhandlung weiter zu führen und wenn das Gericht zur Schlussfolgerung käme, dass diese Aussage wichtig wäre, könnte man die Krankenschwester immer noch in den Zeugenstand rufen. Später entschied das Gericht dann, die Krankenschwester in den Zeugenstand zu reufen und die Expertin aus erster Instanz erneut als Zeuginnen zu hören.

Am Freitag bestätigte die Krankenschwester dann auch, dass der Patient entgegen den Bedenken des Arztes nicht in der Klinik bleiben wollte.

Stenose als Todesursache

Die Rechtsmedizinerin, welche den Toten obduziert hatte, erklärte, dass die Todesursache eine durch eine 90-prozentige Stenose in den Herzkranzgefässen verursachtes Herzversagen gewesen sei. Die Blutwerte des Patienten im Krankenhaus seien nicht alarmierend gewesen. Sie wiesen lediglich auf eine Erzündung hin. Jedenfalls hätte der Patient, ob ambulant oder stationär, weiter untersucht werden müssen. Es sei aber nicht auszuschließen, dass der Patient bei einer stationären Behandlung nicht gestorben wäre. Die Expertin konnte die Wahrscheinlichkeit jedoch nicht beziffern.

Generalstaatsanwältin Marie-Jeanne Kappweiler sah keinen kausalen Zusammenhang zwischen der Hüftoperation und dem Tod des schwerkranken Patienten. Sie forderte, ebenso wie der anwalt des Angeklagten den Freispruch.

Der die Familie des Verstorbenen vertretende Nebenkläger sah die Sache etwas anders und warf dem Arzt vor, den mit ihm befreundeten Patienten nicht nachhaltig genug auf die stationäre Behandlung hingewiesen und seine Ehefrau nicht über den Gesundheitszustand ihres Mannes informiert zu haben. Das Urteil wird am 20. November 2012 ergehen.