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Der Generaldirektor strahlt

Der Generaldirektor strahlt
(Helmut Wyrwich)

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Luxair investiert in neue Flugzeuge für den Touristikbereich. Von Dezember an sollen drei neue Boeing 737 in die flotte aufgenommen werden. Alte Flugzeuge werden verkauft.

Generaldirektor Adrian Ney steht strahlend auf dem Balkon der Produktionshalle in Renton in Washington State. Er hat «seine» neue Boeing 737 entdeckt. Es ist wie ein lange gewünschtes Spielzeug bei Kindern: Einfach Freude. Vor der Maschine, die am Heck bereits die Farben der Luxair trägt, steht eine andere chinesische. Vier Maschinen werden hier in Reihe gleichzeitig gebaut. Luxair ist mit seinem Bestand von fünf Boeing 737 zwar nicht gerade der größte Kunde von Boeing, aber dahinter steht die Cargolux. Beide Gesellschaften stellen 46 Jahre Zusammenarbeit im Flugzeugbau fest. Und: Die Boeing 747/8 ist zusammen mit Cargolux entwickelt worden. Das zählt in der Luftfahrt.

Die Boeing 737 beschäftigt in Renton 10.000 Menschen. Aber die Gruppe, die gerade an der Luxemburger Einheit arbeitet, ist stolz darauf, dass der Kunde mit seinem Vorstand anschauen will, wie die Maschine, die am 7. Dezember ausgeliefert wird, gefertigt wird. Solche Besuche festigen das Band zwischen den hochqualifizierten Arbeitern, Ingenieuren und der Firma. Jeder einzelne aus der Gruppe, die gerade an der Maschine arbeiten, wird dem Vorstand der Luxair vorgestellt. Der wiederum verewigt sich auf einem großen Plakat. Davon gibt es viele in der Halle von Renton.

Mehr Passagiere, weniger Kerosin

Die Boeing 737 ist für die Sparte Luxairtours bestimmt. Die neue Maschine soll Touristen transportieren. Luxairtours verfügt über fünf Boeing 737. Vier davon gehören der Gesellschaft, eine ist gemietet. Die gemietete Maschine wird zurück gegeben, wenn die neue eintrifft. Luxairtours ist dabei, die Flotte nach und nach zu erneuern. Im Januar 2014 soll die nächste Maschine kommen, danach im Januar 2015 eine weitere. Zwei alte 737 werden dann verkauft. Die neuen Maschinen können mehr Passagiere fassen, sind moderner, verbrauchen weniger Kerosin. Das zählt in einer Zeit, in der abzusehen ist, dass der Treibstoff eher teurer denn billiger wird.

Der Vorstand der Luxair verhandelt während des Besuches in Renton mit den Verkäufern von Boeing darüber, ob die beiden anderen Flugzeuge nicht früher geliefert werden können. In die demnächst gelieferte Boeing 737-800 gehen 186 Passagiere. Das bedeutet auch kostengünstiger zu fliegen. Boeing sichert eine pünktliche Lieferung zu, mehr nicht. Das führt dazu, dass der Verwaltungsratspräsident beim abendlichen Abschiedsessen noch einmal den dringenden Wunsch äußert, die Maschinen früher bekommen zu können.

Ein Massentransportmittel

Die Boeing 737 wird seit 1967 gebaut. Zu diesem Flugzeug hat es seit seiner ersten Auslieferung bisher 10.000 Bestellungen gegeben. Bei der Boeing 737 handelt es sich um die meistgebaute Familie von kommerziellen Passagier-Düsenmaschinen. Sie wird heutzutage in der dritten Generation als «Boeing 737 Next Generation (NG)» gebaut. Lufthansa hat 1967 die erste Boeing 737 übernommen. Damals war die Maschine ein kleines Kurzstreckenflugzeug. Heutzutage ist daraus ein Flugzeug geworden, das sowohl die Kurzstrecke als auch die Mittelstrecke bedienen kann. Luxair nutzt die Boeing 737 auf der längsten Strecke bis zu den kapverdischen Inseln, könnte mit weniger Passagieren auch bis Dubai fliegen. Der Preis für ein Flugzeug diesen Typs liegt um die 75 Millionen Euro in der Grundausstattung laut Preisliste.

Heute bietet Boeing die 737 in der größten Version als 737-800 an, die bis zu 200 Passagieren fassen kann. Luxair wird im Dezember eine 737 dieses Typs übernehmen. Die Entwicklung der 737 zu einer Familie trug aber auch der Veränderung des Flugverkehrs Rechnung, der sich zu einem Massentarnsportmittel entwickelt hat. Die Einrichtung einer Boeing 737 mit jeweils drei Sitzen rechts und links eines Mittelganges ist nicht mehr wirklich angenehm für die Passagiere, die sich zusammengepfercht vorkommen. Das entspricht andererseits aber dem wirtschaftlichen Druck, der auf den Fluggesellschaften lastet.

Zyklischer Markt

Die Entwicklung der Boeing 737 zu einem solchen Transportmittel führte bei Boeing zu einer Kannibalisierung. Die Kapazität und Reichweite der Boeing 737 ließ die Nachfrage nach der Boeing 757 auf Null schrumpfen. Deren Produktion wurde eingestellt. Boeing ging es aber auch mit der 737 nicht immer gut. Als Airbus seine Familie ausbaute und mit einer moderneren Version «neo» auf den Markt brachte, drohte die 737 zu einem Auslaufmodell zu werden. Im August 2011 kündigte Boeing darauf hin eine neue Version mit der Bezeichnung «Max» an. Das beeindruckte sichtlich und zeigte Folgen: Wer heute eine Boeing 737 bestellt, darf mit der Auslieferung irgendwann zwischen 2020 und 2022 rechnen, sagt ein Sprecher des Unternehmens. Dabei ist Boeing dabei, die Produktion zu erhöhen. In wenigen Monaten sollen 42 Boeing 737 pro Monat gefertigt werden. Die Situation ist dennoch nicht ganz ungefährlich. Wer will schon zehn Jahre auf seine Boeing 737 warten. Boeing droht, sich mit der 737 einen zyklischen Markt aufzubauen.

Die Boeing 737 ist ein Flugzeug, das aus 394.000 verschiedenen Teilen besteht. Sie ist erstmals für Boeing auch zu einer Maschine geworden, deren Teile nicht mehr alle in Seattle gefertigt werden. Der Körper wird in Wichita gefertigt, andere Teile kommen aus Korea und aus China. Wie viel in der 737 noch wirklich amerikanisch ist, erzählt Boeing nicht. Die Erneuerung der Flotte für Luxairtours ist kein Problem. Die Boeing 737 ist das ganze Jahr über ausgelastet. Im Winter, wenn es weniger Touristen gibt, werden die Maschinen verchartert. Luxair bekommt täglich bis zu 30 Anfragen und kann sich aussuchen, wo die Maschinen eingesetzt werden. Außerdem: Mit einem Jahresgewinn von bis zu vier Millionen Euro ist der Tourismusbereich profitabel. Auch die Finanzierung sollte für das Unternehmen kein Problem sein. Es verfügt über 230 Millionen freie flüssige Mittel. Im Prinzip könnte die Maschine also bar bezahlt werden. Wären da nicht die anderen Lasten, die Luxair zu tragen hat. Der Linienflugverkehr ist hoch defizitär. Er wird nach Informationen von Tageblatt.lu in diesem Jahr einen Verlust von 19 Millionen Euro machen. Auch der Frachtumschlag wird in diesem Jahr mit Verlust arbeiten. Informationen der Wochenzeitung Letzeburger Land zufolge soll er bei etwa 2,5 Millionen Euro liegen. Im Frachtgeschäft müsste jetzt die große Zeit für das Weihnachtsgeschäft sein. Tatsächlich sind die Hallen im Luxair Cargocenter aber eher leer als gut gefüllt.

Zahlreiche finanzielle Verpflichtungen

Auf die Luxair kommen weitere finanzielle Verpflichtungen zu. Eine Kapitalerhöhung bei der Cargolux darf man sich so vorstellen: Sie könnte über fünf Jahre erfolgen und einen Gesamtbetrag von 450 bis 500 Millionen Euro über diesen Zeitraum haben. Sofort aber braucht die Cargolux 250 Millionen frische Mittel. Der Staat hat signalisiert, dass er keine Mittel dafür hat, sagt andererseits aber, dass Qatar Airways keinesfalls mehr als 35 Prozent Anteil an Cargolux haben soll. Was bedeutet das? Luxair mit einem Kapitalanteil von 42 Prozent müsste an der sofortigen Kapitalerhöhung in Höhe von 250 Millionen mit 105 Millionen teilnehmen. In den vier Folgejahren muss das Unternehmen dann insgesamt noch einmal 85 Millionen Euro auftreiben. Von den 230 Millionen freie Rücklagen der Gesellschaft würden für die Kapitalerhöhung 190 Millionen verbraucht. Der Rest reicht nicht einmal mehr, um eine Boeing 737 aus den Rücklagen zu finanzieren. Sprich: Investitionen in Flugzeuge, die das Arbeitsgerät der Gesellschaft sind, können aus den Rücklagen nicht finanziert werden. Aus dem laufenden Geschäft können sie das aber auch nicht, weil sich die Luxair mit jedes Jahr steigenden Verlusten herumschlagen muss. Das Unternehmen muss sich also verschulden, um sein Arbeitsgerät kaufen zu können. Eine nicht ungefährliche Situation. Letztlich steuert die Luxair selber auf eine Kapitalerhöhung zu.