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Überschattetes Radsportjahr

Überschattetes Radsportjahr

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Ein Jahr wie 2012 hat auch der krisengeplagte Radsport noch nicht erlebt. Nach den CAS-Verfahren gegen Alberto Contador und Jan Ullrich zu Jahresbeginn erschütterte der Sturz von Lance Armstrong die Szene bis in die Grundfesten.

Bis Donnerstag (27.12.12/vergangene Nacht, Ortszeit in den USA) hatte Armstrong die Möglichkeit, die Entscheidung der UCI, ihm seine sämtlichen Titel seit August 1998 abzuerkennen, anzufechten.

Was Lance Armstrong an Weihnachten gemacht hat, ist nicht bekannt. Ob er die besinnlichen Stunden genutzt hat, um nachzudenken über dieses Jahr 2012?

Dieses Jahr, in dem er aufflog, in dem sein perfides Dopingsystem entlarvt wurde. Das Jahr, in dem die Usada-Enthüllungen den Radsport an den Rand des Abgrundes trieben. Weil ein dunkles Kapitel der Vergangenheit aufgearbeitet worden war und damit ein in Struktur und Distribution wohl einmaliges Gebilde zerstört wurde. Das Gebilde des inzwischen nicht mehr siebenmaligen Tour-de-France-Siegers, das vermutlich auch vom Weltverband UCI geschützt worden war. Auch wenn Präsident Pat McQuaid stur darauf verweist, dass er ja erst seit 2005 im Amt sei und für alles davor, die Ägide von Hein Verbruggen, nicht die Verantwortung übernehmen könne. Doch McQuaid war bestenfalls untätig – ein noch immer schwerwiegender Vorwurf.

Erhebliche Bedenken

Das Entgegenwirken wäre auch die Aufgabe der UCI gewesen. Diese hat inzwischen verschiedene Maßnahmen ergriffen und etwa eine unabhängige Kommission mit den Untersuchungen des Falls Armstrong beauftragt. Ob die allerdings mehr sind als ein Feigenblatt für die Öffentlichkeit? Die Welt-Anti-Doping-Agentur hat jedenfalls Zweifel. WADA-Präsident John Fahey äußerte an der Kommission „erhebliche Bedenken“.

McQuaid muss sich auch von anderer Stelle massivem Gegenwind erwehren. Die Gründung der Initiative Change Cycling Now (CCN) hat es auch auf den Iren abgesehen. McQuaid will 2013 am Rande der Rad-WM in Florenz wiedergewählt werden und hat den Kampf um seinen Thron längst aufgenommen.

Heftige Attacken

Den ersten amerikanischen Tour-Sieger Greg LeMond, seit Jahren Anti-Doping-Kämpfer, Armstrong-Kritiker und jetzt Mitglied der Anti-Doping-Bewegung, hat McQuaid zuletzt heftig attackiert.

LeMond will McQuaid zumindest vorübergehend beerben. „Greg war ein großartiger Radfahrer. Aber ich würde ihn fragen: Was hast du in den letzten 25 Jahren für den Radsport getan? Die Antwort ist: nichts“, sagte McQuaid der französischen Nachrichtenagentur AFP. LeMonds Vorstoß tat er als „arrogant“ ab.

Der Initiator der CCN-Bewegung, Jaimie Fuller, hat indes wenig Hoffnung auf eine Abwahl von McQuaid. „Theoretisch wäre das möglich, wenn die Nationalverbände ihre Aufgaben ernst nähmen. Aber die Realität sieht so aus, dass Mr. McQuaid die billigen Stimmen der Verbände aus der Dritten Welt so gut wie in der Tasche hat.“

Aus Europa ist derweil nur der Luxemburger FSCL-Präsident Jean Regenwetter auf deutlichen Konfrontationskurs zur UCI-Spitze gegangen.

Fehler offenlegen

Der australische Sponsor setzt deshalb mehr auf außerparlamentarische Opposition. Fuller hofft auf frischen Rückenwind durch die unabhängige Untersuchungskommission, die die Machenschaften des Weltverbandes UCI vor dem Hintergrund der Doping-Vorwürfe gegen den Ex-Superstar Lance Armstrong untersucht.

„Unser Ziel ist, das falsche Vorgehen der UCI in der Vergangenheit offenzulegen, um die verschiedensten Interessengruppen – wie das IOC zum Beispiel – zu aktivieren, den bitter nötigen Wandel zu beschleunigen. Wenn die unabhängige Kommission die Möglichkeit erhält, die Wahrheit herauszufinden, bin ich sicher, dass das klappt“, sagte Fuller in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

Klagen

Armstrong geht es indes wohl noch kräftig an den Geldbeutel. Der Texaner muss sich ziemlich sicher mit Klagen früherer Partner auseinandersetzen, die sich betrogen fühlen. Diverse Sponsoren sind bereits abgesprungen. Aus seiner Stiftung Livestrong hat sich der 41-Jährige komplett zurückgezogen. Die Tour-Organisation ASO dürfte Preisgelder einfordern.

Dazu droht Armstrong eine Zeugenaussage unter Eid, sobald die Usada seinen früheren Teamchef Johan Bruyneel, sowie Betreuer Pepe Marti und Arzt Pedro Celaya zur von diesen drei geforderten Anhörung vor einem Schiedsgericht ruft.

Bis Donnerstag (27.12.12) hätte Armstrong die Entscheidung der UCI gegen ihn noch vor dem internationalen Sportgerichtshof anfechten können. Nutzt er diese Möglichkeit nicht, wird das IOC ihm wohl auch die olympische Bronzemedaille aus dem Jahr 2000 aberkennen.