Sonntag21. Dezember 2025

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Hollande unter Druck

Hollande unter Druck
(AFP)

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Der französische Präsident François Hollande stemmt sich gegen die Schockwelle des Schwarzgeldskandals des früheren Haushaltsministers Cahuzac. Er steht unter Handlungsdruck

Ist der französische Präsident François Hollande noch ernst zu nehmen? Diese Frage stellt nicht nur die Opposition nach dem Schock-Geständnis des früheren Haushaltsministers Jérôme Cahuzac, jahrelang ein Schwarzgeldkonto in der Schweiz geführt zu haben. Denn der 60-Jährige hatte den Steuerbetrug wochenlang geleugnet: vor dem Parlament, vor seinen Ministerkollegen und vor allem auch vor dem Staatschef. «Der Cahuzac-Skandal ist die Affäre von François Hollande geworden», schreibt die Zeitung «Le Monde». «Sie zielt mitten ins Herz seiner Macht.»

Um wenigstens noch ein bisschen Autorität zu retten, wandte sich Hollande am Mittwoch in einer aufgezeichneten Fernsehansprache an seine Landsleute. In der etwa zweiminütigen Rede versuchte der Präsident, Tatkraft zu demonstrieren. «Unbarmherzig» wolle er gegen Interessenskonflikte vorzugehen, kündigte der Staatschef an. Verurteilte Steuerbetrüger sollen künftig keine politischen Ämter mehr innehaben dürfen.

Zahlreiche Probleme

«Die Beispielhaftigkeit der Amtsträger wird vollkommen sein», ergänzte der Sozialist, der im Wahlkampf eine «tadellose Republik» versprochen hatte. Seine Minister mussten direkt nach Amtsantritt einen Ehrenkodex unterschreiben, der mit Cahuzacs Geständnis allerdings zur Makulatur wurde.

Der Skandal kommt für Hollande zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt: Nach zehn Monaten im Amt ist der Präsident so unbeliebt wie keiner seiner Vorgänger. Der Staatschef bekommt die Arbeitslosigkeit nicht in den Griff und bleibt die Antwort auf die Frage schuldig, wie er die Milliardeneinsparungen im Haushalt hinbekommen will. Auch sein Fernsehauftritt vergangene Woche brachte nicht den erhofften Umschwung: nur ein Drittel seiner Landsleute war nach dem mehr als einstündigen Interview von Hollandes Krisenmanagement überzeugt.

«Skandal nicht vom Tisch»

«Zur sozialen und Wirtschaftskrise kommt jetzt noch eine tiefe Demokratiekrise, denn die grundlegende Vertrauensbeziehung zwischen dem Volk und seinen Regierenden ist zerbrochen», kommentiert «Le Monde». Es sei nun an Hollande, darauf zu reagieren. Dass mit der kurzen Fernsehansprache des Staatschefs der Skandal nicht vom Tisch ist, machte die Opposition sofort danach klar. «Wir erwarten mehr als ein paar Maßnahmen», sagte der Chef der konservativen Oppositionspartei UMP, Jean-Francois Copé, im Sender BFM.

In Paris wird deshalb immer heftiger über eine Regierungsumbildung spekuliert. Stimmen in der UMP fordern bereits den Kopf von Finanzminister Pierre Moscovici, zu dessen Ministerium Cahuzac mit seinem Haushaltsressort gehörte. «Moscovici muss zurücktreten», sagte der UMP-Abgeordnete Claude Goasgen der Zeitung «Le Monde». Schließlich habe der Minister, der für die französischen Sparanstrengungen eine Schlüsselfigur ist, seinen Kollegen nicht streng genug kontrolliert.

Ruf der Politiker leidet

Allerdings muss auch die UMP vorsichtig sein, denn ihr früherer Präsident Nicolas Sarkozy ist ebenfalls im Visier der Justiz: Gegen ihn läuft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts illegaler Wahlkampfspenden.

Für Meinungsforscher Jérôme Fourquet ist klar, dass der Ruf der Politiker generell unter der Cahuzac-Affäre leidet. «Zu wissen, dass sogar die Klassenbesten Fehler begehen können, stärkt sicher die Argumente derer, die alle zusammen für verdorben halten», sagte er. Profitieren davon könnte in erster Linie die rechtsextreme Front National. Parteichefin Marine Le Pen spricht bereits von einer «Staatslüge» und fordert eine Auflösung des Parlaments und Neuwahlen.

Schockwelle Cahuzac

Doch egal, wie das weitere Szenario aussieht, die Zeitung «Libération» ist sich sicher: «Jérôme Cahuzac hat eine Schockwelle ausgelöst, deren zerstörerische Kraft nur schwer abzuschätzen ist.» Hollande flog nach seiner Ansprache erst einmal zu einem Staatsbesuch nach Marokko. Doch auch der Präsident weiß, dass er damit den Problemen zu Hause nicht entfliehen kann.